Grundstücksdeals: WZ fand Riedl 70-mal im Grundbuch

Der Bürgermeister der niederösterreichischen Gemeinde Grafenwörth – sein Amt als Gemeindebund-Präsident hat er ruhend gestellt – ist mit neuen Enthüllungen konfrontiert.

Das Onlinemedium Wiener Zeitung durchforstete das Grundbuch von Grafenwörth und stieß dabei auf eine Reihe weiterer Grundstücksdeals des Bürgermeisters, die Fragen aufwerfen: „Die Liste ist lang. Auf mehr als 70 historischen und aktuellen Auszügen aus der Gemeinde Grafenwörth steht der Name Alfred Riedl.“

Dem Bürgermeister, seiner Familie und der familieneigenen Immobilienfirma Realitas Grawoe GmbH gehörten Wälder, Wiesen, Baugründe, Weingärten, Wohnungen in der ganzen Gemeinde – und diese seien zu teilweise sehr günstigen Preisen erworben worden.

Der Baukonzern Swietelsky etwa habe Riedl ein Grundstück an einem Schotterteich verkauft: 4.779 Quadratmeter Grünland wechselten 2020 laut der Plattform für den Kaufpreis von 630 Euro den Besitzer (13 Cent pro Quadratmeter). Später habe Riedl das Grundstück wie so oft seinen Töchtern und Enkeln geschenkt. Im Schenkungsvertrag werde der Wert auf 190.000 Euro geschätzt.

Vorkaufsrecht für weitere Flächen

Gegenüber der Wiener Zeitung habe Riedl den Kauf bestätigt, die Kaufsumme aber nicht. Der Vorbesitzer Swietelsky habe weiterhin die Rechte zum Schotterabbau, so Riedl. Der Betrieb dort werde aber bis Ende 2027 eingestellt.

Danach könnte der Baukonzern den Rest der Fläche, insgesamt 52.239 Quadratmeter, auch verkaufen, und dann habe Riedl ein vertraglich abgesichertes Vorkaufsrecht. Auch das wäre mit elf Cent pro Quadratmeter ein Schnäppchen.

Riedl war wegen diverser Grundstückdeals in die Schlagzeilen geraten, mit denen er mehr als eine Million Euro verdient haben soll. Auf den veräußerten Flächen wurden zum Teil bereits Reihenhäuser errichtet. Auf weiteren Grundstücken sollen im Zuge des Projekts „Sonnenweiher“ mehr als 200 Häuser rund um einen Foliensee entstehen.

Ermöglicht worden sein soll der Bau durch Umwidmungen und eine im Gemeinderat beschlossene Verschiebung von Gemeindegrenzen. Der ÖVP-Politiker stellte am Dienstag sein Amt als Gemeindebund-Präsident ruhend, nachdem Rücktrittsaufforderungen laut geworden waren.

NGOs fordern Aufklärung

Greenpeace beantragte indes vom Land Niederösterreich die Herausgabe aller Gutachten zum Bauprojekt „Sonnenweiher“, die den Bau ermöglicht haben. Verwiesen wurde auf das Umweltinformationsgesetz. „Megabauprojekte wie das ‚Mini-Dubai‘ in Grafenwörth befeuern die Bodenzerstörung und damit auch die Klimakrise“, sagte Bodenschutzexpertin Olivia Herzog.

„Das Land Niederösterreich schreibt die Raumordnungsgesetze und muss Projekte etwa hinsichtlich Bodenverbrauch, Klimawandelanpassung und Wassermanagement prüfen.“

Herzog bezeichnete es als „schleierhaft, wie ein Projekt, das aus raumplanerischer und ökologischer Sicht aus dem letzten Jahrhundert stammt, einfach durchgewunken wurde“. Gefordert wurde auch Aufklärung über mutmaßlich verschobene Siedlungsgrenzen für das Projekt mit mehr als 200 Häusern in Grafenwörth.

„Die Liste an Ungereimtheiten und augenscheinlichen Unvereinbarkeiten wird immer länger. Das Land Niederösterreich als Aufsichtsbehörde muss eine unabhängige Untersuchungskommission einsetzen und volle Transparenz herstellen“, forderte auch WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories in einer Aussendung.

Darüber hinaus verlangte die Umweltschutzorganisation strengere Regeln in der Raumordnung auf Bundes- und Landesebene, um den Flächenfraß einzudämmen: „Solange Gemeinden allein über Flächenwidmungspläne entscheiden, wird sich das Problem nicht lösen.“