Durch eine „anhaltende Verschlechterung durch menschliches Eingreifen“ wie die weitere Entwicklung der Gegend, Klimawandel und Massentourismus drohten „irreversible“ Schäden, hieß es in der Expertenmitteilung vom Montag. Man hoffe, dass es mit einer Aufnahme in die Liste mehr Engagement lokaler, nationaler und internationaler Akteure gebe, wirksame und nachhaltige Korrekturmaßnahmen zu entwickeln.
Die Bausubstanz in Venedig verschlechtere sich durch menschengemachte und natürliche Faktoren und lasse das Stadtgebiet „verfallen“. Neben dem Tourismus wurden auch Hochhausbauprojekte genannt, die einen „erheblichen negativen optischen Eindruck“ hinterließen. Viele dieser Probleme seien seit Jahren bekannt, bemängelte die UNESCO.
Kreuzfahrtschiffe verbannt
Venedig und seine Lagune stehen seit 1987 auf der Weltkulturerbeliste. Die regelmäßigen Überflutungen in den Herbst- und Wintermonaten führten zu zahlreichen Schäden – besonders das enorme Hochwasser im November 2019. Aufgrund des gestiegenen Meeresspiegels wurde das Hochwasser eine echte Bedrohung für die Stadt. Inzwischen verfügt die Stadt über ein Flutschutzsystem. Der Bau des Großprojekts MOSE dauerte Jahrzehnte und stockte unter anderem wegen Korruptions- und Geldwäschevorwürfen.
Bereits vor zwei Jahren hatten Fachleute der UNESCO empfohlen, Venedig auf die Liste eines „gefährdeten Welterbes“ zu setzen. Das Welterbekomitee verzichtete damals darauf, dieser Empfehlung zu folgen. Grund dafür dürfte gewesen sein, dass die italienische Regierung die Regeln für Kreuzfahrtschiffe in Venedig änderte. Diese hatten durch ihre großen Wellen das Fundament der Stadt abgetragen.
Seither sind der Giudecca- und der Markus-Kanal sowie das Markus-Becken im historischen Zentrum Venedigs für Kreuzfahrtschiffe mit mehr als 25.000 Tonnen Gewicht, mehr als 180 Meter Länge und mehr als 35 Meter Höhe gesperrt. Betroffen sind auch Schiffe, die bestimmte Abgasnormen überschreiten. Die riesigen Schiffe laufen nun den Industriehafen Marghera auf dem Festland an.
„Strategische Vision“ fehlt
Die UNESCO vermisst aber nun weitere Fortschritte. Die von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen seien unzureichend. Es fehle eine „allgemeine strategische Vision“. Venedig dürfe nicht in ein Freilichtmuseum verwandelt werden, sagte ein UNESCO-Diplomat gegenüber der Agentur AFP. Es gebe nach wie vor zu viel Massentourismus in der Stadt.
Zu Spitzenzeiten übernachten hier 100.000 Touristen und Touristinnen in der Stadt, zusätzlich zu Zehntausenden Tagesbesuchern und -besucherinnen. Bereits im Jänner hätte eine Eintrittsgebühr für Venedig für Tagestouristen kommen sollen. Diese wurde mehrfach verschoben und soll nun 2024 eingeführt werden.
Die UNESCO-Experten fordern italienische Behörden und zivilgesellschaftliche Gruppen im In- und Ausland zu mehr Engagement auf, um den „außergewöhnlichen universellen Wert“ der im fünften Jahrhundert gegründeten Stadt und ihrer Lagunen zu schützen.