Bundesadler im Nationalrat
ORF.at/Roland Winkler
Keine Inflationsanpassung

Nulllohnrunde für Spitzenpolitik angekündigt

Die Politikergehälter werden heuer nicht automatisch an die Inflation angepasst. Das kündigten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Dienstag an. „Für Spitzenvertreter/innen der Bundesebene wird es eine Nulllohnrunde geben, die Gehälter werden nicht der Inflation angepasst“, so Nehammer und Kogler in einer Stellungnahme.

Betroffen sind der Bundespräsident und die gesamte Regierungsmannschaft sowie Nationalratspräsidenten und Klubobleute.

Für die Landespolitik und die Abgeordneten aller Ebenen können die Gehälter um die Hälfte des vom Rechnungshof errechneten Wertes steigen, teilte die Regierung mit. Das sind knapp fünf Prozent. Den dafür notwendigen Beschluss werde man im Herbst im Nationalrat fassen, hieß es.

Bundeskanzler Karl Nehammer
APA/Georg Hochmuth
Kanzler Nehammer kündigte am Dienstag gemeinsam mit Vizekanzler Kogler die Nulllohnrunde an

„Unmoralisch“ und „unanständig“

Zuvor hatten SPÖ und FPÖ die automatische Valorisierung scharf kritisiert. Die SPÖ forderte in einer Aussendung eine Nulllohnrunde für Regierungsmitglieder und Bundesorgane, die Gehälter in Höhe der Klubobleute oder höher beziehen. „Es wäre absolut unmoralisch, wenn die Gehälter der österreichischen Bundesregierung nunmehr die höchste Gehaltsanpassung erhalten“, so SPÖ-Chef und Bundesrat Andreas Babler. Außerdem verlangte Babler ein weiteres Mal eine Valorisierung des Arbeitslosengeldes.

Auch FPÖ-Klubchef Herbert Kickl nannte die Valorisierung „unanständig“. „Es kann nicht sein, dass die Verantwortlichen in der Regierung immer mehr verdienen, während die Bevölkerung mit massiven finanziellen und existenziellen Problemen zu kämpfen hat“, so Kickl. Die FPÖ plane im Herbst einen entsprechenden Antrag gegen die Steigerung der Politikerbezüge einzubringen.

Nulllohnrunde für Spitzenpolitik

Die Politikergehälter werden heuer nicht automatisch an die Inflation angepasst. Das kündigten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Dienstag an. „Für Spitzenvertreter/innen der Bundesebene wird es eine Nulllohnrunde geben, die Gehälter werden nicht der Inflation angepasst“, so Nehammer und Kogler in einer Stellungnahme.

NEOS lehnt die Gehaltserhöhung für Politikerinnen und Politiker nicht grundsätzlich ab, verwies aber darauf, dass sich der Nationalrat Ende des Jahres damit beschäftigen werde. „Es gibt aber einen guten Grund, warum in Österreich Politiker nicht mit sich selbst verhandeln und es einen gesetzlichen Anpassungsfaktor gibt“, hieß es in einer Aussendung.

Erhöhung wäre neuer Rekord

Gemäß dem Anpassungsfaktor hätten die Politikerbezüge im kommenden Jahr um 9,7 Prozent steigen sollen. Eine solche Erhöhung wäre ein neuer Rekord gewesen. Seit ihrer Einführung vor über 25 Jahren hat die Gehaltspyramide stark an Wert verloren – wegen mehrerer Nulllohnrunden und Anpassungen unter der Inflationsrate.

Basis der Gehaltspyramide ist der Bezug der Nationalratsabgeordneten mit aktuell 9.873 Euro monatlich. Ausgehend davon werden die maximalen Bezüge der anderen Amtsträgerinnen und Amtsträger in Bund und Ländern errechnet. Zumindest theoretisch, denn in der Praxis weichen die Spitzenverdiener auf Bundesebene von den Staatssekretären aufwärts von dieser Systematik ab. Sie müssen seit 2019 Abschläge hinnehmen.

Mit der nun abgesagten Valorisierung um 9,7 Prozent hätten Nationalratsabgeordnete nächstes Jahr 10.830 Euro monatlich verdient. Für den Bundespräsidenten gäbe es 29.291 Euro pro Monat (statt 26.701), der Bundeskanzler käme auf 26.152 (statt 23.840), der Vizekanzler auf 23.014 (statt 20.979) und die Ministerinnen und Minister auf 20.922 Euro brutto (statt 19.072). Die Landeshauptleute hätten Anspruch auf maximal 21.660 (statt 19.745) Euro.

Anpassungsfaktor noch nicht fix

Laut Bezügebegrenzungsgesetz sollen die Politikereinkommen entweder mit dem Anpassungsfaktor für die Pensionen oder mit der Inflation von Juli des Vorjahres bis Juni des laufenden Jahres mitwachsen – je nachdem, welcher der beiden Werte niedriger ist. Heuer wäre das die Pensionsanpassung (9,7 Prozent). Der Anpassungsfaktor ist aber noch nicht fix. Er basiert auf vorläufigen Inflationsdaten, die sich bis zur offiziellen Verlautbarung im Dezember noch ändern können.

Angesichts der historisch hohen Inflation wäre die Valorisierung 2024 ein neuer Rekord. Annähernd vergleichbare Größenordnungen hat es seit der Einführung der Gehaltspyramide für Politikerinnen und Politiker nur heuer mit 5,3 Prozent gegeben. Abgesehen davon gönnte sich die Politik nur ein einziges Mal eine Gehaltserhöhung über zwei Prozent (2006 mit 2,3 Prozent). Viel häufiger waren Nulllohnrunden (2009 bis 2012 und 2018).

Damit hat die Gehaltspyramide seit 1997 deutlich an Wert verloren. Ursprünglich erhielt ein Nationalratsabgeordneter 100.000 Schilling (7.267 Euro). Wäre dieser Betrag laufend an die Inflation angepasst worden, müssten die Abgeordneten heute 12.100 Euro monatlich erhalten. Tatsächlich sind es aber 9.873 Euro. Wollte man diesen Wertverlust ausgleichen, müssten die Politikerbezüge theoretisch also um mehr als ein Fünftel steigen.