Die Begutachtungsfrist für die geplanten Änderungen bei der Elternkarenz geht am Mittwoch zu Ende. Darin vorgesehen ist unter anderem, dass die volle Bezugszeit von 24 Monaten nur dann genutzt werden kann, wenn der zweite Elternteil zumindest zwei Monate in Karenz geht. Außerdem soll der Familienzeitbonus auf 1.480 Euro verdoppelt werden.
Der ÖGB gab in seiner Stellungnahme etwa zu bedenken, dass die Verkürzung „sicherlich nicht“ zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen, sondern die Betreuungsprobleme wegen mangelnder Kinderbildungseinrichtungen, insbesondere im ländlichen Raum, weiter verschärfen werde. Eine sinnvollere Maßnahme wäre ein Rechtsanspruch auf einen günstigen Kinderbildungsplatz ab dem ersten Geburtstag oder ein Anspruch auf Elternteilzeit.
Ähnlich die Arbeiterkammer: Zum einen werde die vorgeschlagene Änderung voraussichtlich „keine signifikante Erhöhung der Väterbeteiligung bewirken“, zum anderen ortete auch die AK einen Mangel an Kinderbetreuungsplätzen für unter Zweijährige. Die wirtschaftsliberale Agenda Austria begrüßte „grundsätzlich“ die Neuregelung, plädierte jedoch für eine weitgehendere Neuordnung der Karenzzeiten auf maximal ein Jahr für jeden Partner bzw. jede Partnerin. Einverstanden mit der Neugestaltung der Karenzreglung zeigte sich die Industriellenvereinigung.
Gemeindebund sieht Lücke bei Kinderbetreuung
Während sich der Städtebund der Kritik am „sehr gering“ gehaltenen verpflichtenden Väteranteil anschloss, gab der Gemeindebund darüber hinaus zu bedenken, dass sich überall dort eine Lücke in der Kinderbetreuung auftun werde, wo Kinder erst mit zwei Jahren in den Kindergarten gehen können – vor allem dann, wenn der Vater „schlicht“ nicht die Möglichkeit habe, in Karenz zu gehen.
Bei der Vorstellung der Gesetzesinitiative Mitte Juni durch ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher und Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer hieß es, dass es keine Verpflichtung zur Anspruchnahme der Karenz für den zweiten Elternteil geben solle. Die Dauer des gesetzlichen Karenzanspruchs bis zum zweiten Lebensjahr ändert sich nicht.
Verpflichtende Beteiligung von Vätern gefordert
Das Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen sieht zwar „einen Schritt in die richtige Richtung“, forderte jedoch Begleitmaßnahmen wie den „sofortigen Ausbau von leistbaren, qualitativ hochwertigen, flexiblen“ Kinderbetreuungsplätzen in ganz Österreich. Ferner betrachtet man die zwei Monate als zu kurz für einen „langfristigen Effekt“. Stattdessen würde man eine verpflichtende Aufteilung im Umfang von mindestens fünf Monaten bevorzugen.
Ähnlich fiel die Stellungnahme des Dachverbandes Familienberatung aus. Ebenfalls ablehnend zeigte man sich beim Dachverband der österreichischen Frauenvereine. Schließlich würden durch die Novelle bestehende Karenzregeln, von denen in erster Linie Mütter betroffen sind, gekürzt bzw. „bestehende und erkämpfte Errungenschaften“ ausgehebelt.
Keine konkreten Zahlen zu Karenzen von Vätern
Wie viele Väter in Karenz gehen ist nicht bekannt. Zu solchen arbeitsrechtlichen Ansprüchen gebe es keine Statistiken, hieß es von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP). Bekannt ist demnach nur, wie viele Männer Kindergeld beziehen (was nicht zwangsläufig mit Karenz gleichzusetzen ist) oder den Familienzeitbonus in Anspruch nehmen. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird das jährlich von der Arbeiterkammer erhoben.
Demnach schwankt der Anteil nach Bundesländern stark: Während im Burgenland, in Kärnten, in Vorarlberg und Tirol weniger als ein Zehntel der Väter Kindergeld bezieht, sind es in der Steiermark fast 16 und in Wien 20 Prozent. Höher ist der Anteil laut Frauenministerium beim einkommensabhängigen Kindergeld (bis zu 30 Prozent). Die Bezieher des Familienzeitbonus haben sich seit 2017 von 4.144 auf 9.121 (2022) verdoppelt.
Sozialversicherungen sehen Probleme bei Umsetzung
Bedenken hinsichtlich der praktischen Umsetzung äußerte der Dachverband der Sozialversicherungsträger. So scheine etwa die Definition der Alleinerziehenden über den gemeinsamen Haushalt schwierig. Aus dem Gesetzeswortlaut gehe nicht klar hervor, mit wem der andere Elternteil nicht im gemeinsamen Haushalt leben dürfe, ob mit dem Kind oder mit dem anderen Elternteil. Außerdem setze die Definition einen Anreiz zu Hauptwohnsitzmeldungen, die von der tatsächlichen Wohnsituation abweichen und schwer prüfbar sind.
GÖD: „Völlig antiquiertes Frauenbild“
Entschieden abgelehnt werden die Änderungen im Mutterschutz- und Väter-Karenz-Gesetz von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Die Verkürzung der Karenzzeit in den Erläuterungen noch als Frauenförderungsmaßnahme darzustellen sei „schärfstens zurückzuweisen“, heißt es in der Stellungnahme: „Eine solche Formulierung beruht auf einem völlig antiquierten Frauenbild, das davon ausgeht, Frauen müssten per Gesetz vor ihren eigenen Entscheidungen bewahrt werden.“ Wenig Freude mit der Kürzung ließ in seiner Stellungnahme auch der Österreichische Landarbeiterkammertag erkennen.
Überwiegend positiv bewertet wurde in den Stellungnahmen hingegen der in der Novelle enthaltene Wegfall der Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts bei der Pflegefreistellung für Angehörige. Auch die darin vorgesehene Verdoppelung des Familienzeitbonus wurde begrüßt.