Justizumbau: Israels Höchstgericht berät über neues Gesetz

Israels oberstes Gericht hat sich erstmals mit Petitionen gegen ein Gesetz befasst, das es künftig deutlich schwerer macht, einen Ministerpräsidenten bzw. eine Ministerpräsidentin für amtsunfähig zu erklären. Die oberste Richterin Esther Chajut sowie zwei weitere Richter kamen heute zu einer Sitzung in der Angelegenheit im Gericht in Jerusalem zusammen. Ein Gerichtssprecher sagte, mit einer Entscheidung sei im Laufe des Tages vermutlich noch nicht zu rechnen.

Israels Parlament hatte das Gesetz, das die Amtsenthebung eines Regierungschefs bzw. einer Regierungschefin deutlich erschwert, im März verabschiedet. Dem Gesetz zufolge wäre eine Amtsenthebung nur wegen psychischer oder anderer gesundheitlicher Gründe möglich. Außerdem ist dafür eine Mehrheit von 75 Prozent der Regierung und von mindestens 80 der 120 Abgeordneten notwendig. So soll eine Einflussnahme des Höchsten Gerichts oder der Generalstaatsanwaltschaft verhindert werden.

Die Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara hatte die Aufhebung des Gesetzes gefordert, weil es persönlich auf den Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zugeschnitten sei. Netanjahu ist aktuell wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Hunderte von Israelinnen und Israelis hatten gestern Abend in Tel Aviv mit Blick auf die Beratung im Gericht demonstriert.

Änderungen von bestehendem Grundgesetz

Im Rahmen eines höchst umstrittenen Justizumbaus hatte das Parlament im Juli ein weiteres Gesetz verabschiedet, das dem Obersten Gericht die Möglichkeit nimmt, gegen „unangemessene“ Entscheidungen der Regierung vorzugehen. Am 12. September wollen erstmals alle 15 Richterinnen und Richter des Obersten Gerichts zusammentreten, um sich mit Petitionen gegen dieses Gesetz zu befassen.

In beiden Fällen handelt es sich um Änderungen bestehender Grundgesetze. Das oberste Gericht hat bisher noch nie ein solches Gesetz einkassiert. Sollte das nun geschehen und die Regierung die Entscheidung nicht akzeptieren, droht dem Land eine Staatskrise.