Donald Trump und Rudy Giuliani im Jahr 2016
AP/Seth Wenig
Vor Gerichtstermin

Die „Mitverschwörer“ hinter Trump

Nach der Anklage gegen Donald Trump im Zusammenhang mit Wahlbeeinflussung und der Attacke auf das Kapitol muss der frühere US-Präsident am Donnerstag erstmals vor Gericht erscheinen. Er wolle persönlich anwesend sein, wie Trump selbst festhielt. Seine Anklageschrift enthält sechs „Mitverschwörer“ („Co-Conspirators“), die in Trumps mutmaßliche Umsturzpläne verwickelt gewesen sein sollen, aber strafrechtlich nicht belangt werden – noch. Ihre Namen werden nicht genannt, wer sie sind, ist dennoch bekannt.

Fachleute sehen im Aussparen einer Anklage der „Mitverschwörer“ den Versuch, den Prozess gegen Trump zu beschleunigen. Mehr Angeklagte bedeuten mehr Verteidiger, mehr juristische Anträge und mehr Verzögerungen, sagen Rechtswissenschaftlerinnen und ehemalige Staatsanwälte. Eine größere Zahl von Angeklagten würde es dem Sonderstaatsanwalt des Justizministeriums, Jack Smith, extrem erschweren, Trump vor der Endphase des Wahlkampfes 2024 vor ein Gericht zu bringen.

Trump wurde am Dienstag von einem Bundesgericht in Washington angeklagt, weil er versucht haben soll, das Ergebnis der Wahl 2020 illegal zu kippen und die friedliche Übergabe der Macht an Präsident Joe Biden zu verhindern. Die Anklageschrift beschreibt eine monatelange Kampagne von Trump und seinen mutmaßlichen „Mitverschwörern“ zur Verbreitung von Lügen über die Wahlergebnisse – Unwahrheiten, die am 6. Jänner 2021 in einer beispiellosen Attacke seiner Anhängerinnen und Anhänger auf das Kapitol gipfelten.

Trump-Unterstützer am 6. Jänner 2021 im Kapitol
AP/POLITICO/Francis Chung
Beim Sturm auf das Kapitol Anfang 2021 kamen fünf Menschen ums Leben

Smith lässt „Mitverschwörer“ zappeln

Die Anklage lautet auf Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten, Verschwörung zur Behinderung eines offiziellen Verfahrens und Behinderung eines offiziellen Verfahrens. Außerdem wird Trump vorgeworfen, gegen ein Gesetz aus dem Jahr 1800 verstoßen zu haben, wonach es eine Straftat ist, sich zu verschwören, um von der Verfassung garantierte Rechte zu verletzen – in diesem Fall das Wahlrecht.

Bisher ist nur Trump allein angeklagt. „Unsere Ermittlungen gegen andere Individuen gehen weiter“, versicherte Smith aber. Der deutsche „Spiegel“ schrieb: „Smith will die ‚Mitverschwörer‘ offenbar erst mal zappeln lassen, damit sie mit ihm kooperieren – zumal die Details inzwischen nur noch wenig Zweifel an ihrer Identität lassen.“

Ex-US-Präsident Donald Trump vor Gericht

Ex-US-Präsident Donald Trump muss sich am Donnerstag vor Gericht verantworten. Ihm wird versuchte Wahlbeeinflussung sowie ein Zusammenhang mit dem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol vorgeworfen.

Giuliani führt Liste an

Der mit Abstand bekannteste ist US-Berichten zufolge „Verschwörer 1“, Rudolph W. Giuliani, ehemaliger Bürgermeister von New York und persönlicher Anwalt des Ex-Präsidenten, der seine Kampagne zur Anfechtung der Ergebnisse in sieben entscheidenden Bundesstaaten öffentlich geführt hat. „Mitverschwörer 2“ ist John Eastman. Er „beriet und versuchte, eine Strategie umzusetzen“, so die Anklageschrift, die darauf hinauslief, dass der ehemalige Vizepräsident Mike Pence die Bestätigung des Wahlergebnisses verweigert hätte.

Anwältin Sidney Powell
AP/Manuel Balce Ceneta
Sidney Powell steht seit Langem ebenfalls im Zentrum der Vorwürfe zum 6. Jänner 2021

Nummer drei ist eine Frau

Die einzige Frau, die unter den sechs Verschwörern identifiziert wurde, „Mitverschwörerin 3“, ist die konservative Anwältin Sidney Powell. Sie vertrat Thesen, die Trump selbst privat als „verrückt“ bezeichnete, sie aber dennoch verbreitete. „Mitverschwörer 4“ ist Jeffrey Clark, ein Beamter des Justizministeriums, der Trumps falsche Behauptungen über Wahlbetrug mit Nachdruck unterstützt hatte.

„Mitverschwörer 5", Kenneth Chesebro, soll als erster Trump-Anwalt die Idee gehabt haben, in sieben von Biden gewonnenen Staaten „alternative“ Wahlleute zu installieren. Er habe das gemeinsam mit „Co-Conspirator 1“ und „Co-Conspirator 2“ organisiert. „Co-Conspirator 6“ ist der Anklage zufolge „ein politischer Berater, der mitgeholfen hat, den Plan der gefälschten Wahlleutelisten umzusetzen“. Das könnte auf etliche Trump-Berater zutreffen, doch die „New York Times“ machte den Wahlkampfmanager Boris Epshteyn dahinter aus.

„Ich fahre jetzt nach Washington DC“

Der Termin zur formalen Vorstellung der Vorwürfe gegen Trump ist für 16.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr MESZ) vor einem Gericht in Washington angesetzt. Der frühere US-Präsident will persönlich bei der Anklageverlesung anwesend sein. „Ich fahre jetzt nach Washington DC, um festgenommen zu werden, weil ich eine korrupte, manipulierte und gestohlene Wahl angefochten habe“, schrieb der 77-Jährige auf der von ihm mitbegründeten Plattform Truth Social.

Sollte er tatsächlich vor Gericht erscheinen, hat er zunächst – wie bei seinen anderen beiden Gerichtsauftritten – eine Registrierung zu durchlaufen. Dabei werden etwa Fingerabdrücke genommen. Üblicherweise werden bei diesen Terminen auch klassische Polizeifotos von Beschuldigten gemacht, oft auch Handschellen angelegt. Auf beides hatten die Gerichte bei Trump bisher verzichtet, das dürfte auch diesmal der Fall sein.

Vor Gericht dürfte Trump dann die Möglichkeit bekommen, sich zu den Vorwürfen gegen ihn zu äußern. Es wird erwartet, dass er wie in den anderen beiden Fällen über seine Anwälte auf nicht schuldig plädiert. Denn Trump weist alle Anschuldigungen zurück und wertet jedes juristische Vorgehen gegen ihn als Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weiße Haus zu hindern.

Bereits dritte Anklage

Trump ist der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der sich wegen einer mutmaßlichen Straftat vor Gericht verantworten muss – und das gleich in mehreren Fällen. Die neue Anklage ist die zweite Anklage auf Bundesebene gegen Trump – und insgesamt die dritte.

In den vergangenen Monaten war Trump bereits in zwei anderen Fällen im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar und wegen der unrechtmäßigen Aufbewahrung geheimer Regierungsdokumente nach Ende seiner Amtszeit angeklagt worden. Trotz all dieser Vorwürfe gilt Trump derzeit als der aussichtsreichste Kandidat der Republikaner für die Präsidentschaftswahl 2024.