Der ehemalige US-Präsident Donald Trump
AP/Alex Brandon
Anhörung

Trump darf nicht mit Zeugen sprechen

Ex-US-Präsident Donald Trump darf sich im Prozess zu versuchtem Wahlbetrug ohne Anwesenheit von Anwälten oder Anwältinnen nicht mit Zeugen und Zeuginnen besprechen. Das ordnete Richterin Moxila Upadhyaya bei Trumps Anhörung am Donnerstag an. Der Bewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur musste zur formalen Vorstellung der Anklage vor Gericht in der Hauptstadt Washington erscheinen – er plädierte auf nicht schuldig.

Trump stimmte der Anordnung zu – er gab an, nicht zu versuchen, potenzielle Geschworene zu beeinflussen oder Zeugen zu manipulieren. Der Pool an potenziellen Zeugen und Zeuginnen ist groß und umfasst Angehörige aus Trumps Vertrautenkreis, darunter auch solche, die Teil seiner Wiederwahlkampagne sind. Einen Einblick in das Ausmaß der richterlichen Anordnung dürften die Kongressanhörungen zur Kapitol-Erstürmung am 6. Jänner 2021 geben. Dafür wurden mehr als tausend Personen, darunter Trumps engste Berater und Familienangehörige, befragt.

Die Anhörung am Donnerstag dauerte eine knappe halbe Stunde. Sie fand in demselben Gericht statt, in dem in den vergangenen zwei Jahren Hunderte Trump-Anhängerinnen und -Anhänger wegen der Teilnahme am Sturm auf den Sitz des US-Kongresses verurteilt worden waren. Richterin Upadhyaya sagte, sie versichere „jedermann“, dass es einen „fairen Prozess und eine faire Hauptverhandlung“ geben werde. Upadhyaya setzte die nächste Anhörung auf den 28. August an. Dieser Anhörung wird Richterin Tanya Chutkan vorsitzen, die auch für die Hauptverhandlung gegen Trump zuständig ist.

Trump sieht „traurigen Tag für USA“

Nach dem Gerichtstermin sprach Trump von einem „traurigen Tag für die USA“. Lange war nicht klar, ob Trump zu der Anhörung persönlich erscheinen wird. Doch am Nachmittag hatte der frühere Präsident auf seiner Plattform Truth Social geschrieben: „Ich fahre jetzt nach Washington DC, um festgenommen zu werden, weil ich eine korrupte, manipulierte und gestohlene Wahl angefochten habe.“

Nach dem Termin fuhr er wieder zum Flughafen. Kurz bevor er sein privates Flugzeug bestieg, um die US-Hauptstadt wieder zu verlassen, sagte er: „Das ist die Verfolgung eines politischen Gegners. Das hätte in Amerika nie passieren dürfen.“ Er werde nur deswegen strafrechtlich verfolgt, weil er im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber weit vorne liege, behauptete Trump.

Schon zuvor hatte er die Anschuldigungen als rein politisch motiviert bezeichnet. Kurz vor seiner Ankunft am Gericht wetterte er dementsprechend einmal mehr gegen die Justiz und behauptete, es sei ihm „eine Ehre“, sich für seinen Einsatz gegen eine „korrupte Wahl“ zu verantworten. Trump ist der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der wegen einer mutmaßlichen Straftat vor Gericht kommt – und das gleich in mehreren Fällen.

Schwerwiegende Vorwürfe gegen Trump

Die neue Anklage ist bereits die zweite auf Bundesebene gegen Trump und insgesamt die dritte. In den vergangenen Monaten war dieser bereits in zwei anderen Fällen angeklagt worden: im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar vor mehreren Jahren und wegen der unrechtmäßigen Aufbewahrung geheimer Regierungsdokumente nach dem Ende seiner Amtszeit.

Demonstranten vor dem Gericht in Washington
Reuters/Joshua Roberts
Vor dem Gerichtsgebäude waren sowohl Kritiker als auch Anhänger von Donald Trump anwesend

Nun ist er mit den bisher schwerwiegendsten Vorwürfen konfrontiert. In der 45-seitigen neuen Anklageschrift werden Trump vier formale Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Erstmals geht es um mutmaßliche Straftaten während seiner Amtszeit im Weißen Haus.

Im Falle einer Verurteilung könnte dem 77-Jährigen eine jahrzehntelange Haftstrafe drohen. Fachleuten zufolge würde eine Verurteilung Trump rechtlich nicht davon abhalten, bei der Präsidentschaftswahl 2024 anzutreten – zumal höchst fraglich ist, ob bis dahin überhaupt ein rechtskräftiges Urteil vorliegen wird.

Großer Andrang vor Gerichtsgebäude

Vor dem Gerichtsgebäude in Washington DC herrschte am Donnerstag enormer Medienandrang. Es kamen auch einige Unterstützer und Gegner Trumps zum Gericht. Ein Trump-Kritiker, Domenic Santana, streifte in einem Häftlingskostüm und einem Schild mit der Aufschrift „Sperrt ihn ein“ um das Gebäude. Er war bereits zu Trumps vorherigen Anklageverlesungen in New York und Miami gereist.

Trumps Limousine erreicht das Gericht in Washington
APA/AFP/Getty Images/Kent Nishimura
Trumps Wagenkolonne machte sich auf den Weg zum Gericht

„Er ist ein Betrüger“, schimpfte Santana über Trump. Unweit von ihm schwenkte ein eiserner Trump-Unterstützer, Dion Cini, eine gewaltige Fahne mit dem Konterfei des Ex-Präsidenten. Trump sei der beste Präsident, den das Land je gehabt habe, sagte Cini. Die Justiz versuche, Trump mit der Anklage nur von einer weiteren Präsidentschaft abzuhalten.

Beispiellose Anklage gegen Trump

Der zuständige Sonderermittler Jack Smith hatte die beispiellose Anklage gegen den ehemaligen Präsidenten am Dienstag bekanntgegeben. Trump wird beschuldigt, eine Verschwörung orchestriert zu haben, um die Vereinigten Staaten zu betrügen, Wählern ihr Wahlrecht zu entziehen und ein offizielles Verfahren zu behindern.

Trump-Unterstützer am 6. Jänner 2021 im Kapitol
AP/POLITICO/Francis Chung
Beim Sturm auf das Kapitol im Jänner 2021 kamen fünf Menschen ums Leben

In der Anklageschrift wird Trump vorgeworfen, er habe trotz besseren Wissens falsche Behauptungen über die Wahl verbreitet und dafür auch Personen im Justizministerium instrumentalisiert. „Trotz seiner Niederlage war der Beschuldigte entschlossen, an der Macht zu bleiben“, heißt es. Trump habe gewusst, dass seine Betrugsbehauptungen nicht wahr seien.

Trump habe eine Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten angeführt. Dabei habe er sich mit sechs Komplizen zusammengetan, die in der Anklageschrift nicht namentlich genannt sind. Es handelt sich um vier Anwälte, einen Mitarbeiter der Justiz und einen politischen Berater.

Menschen bei Sturm auf Kapitol gestorben

Trump hatte die Präsidentenwahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Er gestand seine Niederlage aber nie ein, sondern verbreitet seitdem falsche Behauptungen, er sei durch Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Trump und sein Umfeld versuchten damals auf diversen Wegen, das Ergebnis nachträglich zu kippen.

Der Feldzug gegen den Wahlausgang gipfelte schließlich am 6. Jänner 2021 in einem nie dagewesenen Gewaltausbruch: An jenem Tag erstürmten Anhänger Trumps den Sitz des US-Kongresses, wo zu der Zeit Bidens Wahlsieg formal bestätigt werden sollte. Trump hatte seine Unterstützer in einer Rede kurz zuvor einmal mehr mit der Behauptung angestachelt, dass er durch erheblichen Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden sei. Mehrere Menschen starben bei den Krawallen.