Videograb zeigt die Silhouette des russischen Schiffes von einer ukrainischen Seedrohne aus
Reuters/Video Obtained By Reuters
Schwarzmeer-Hafen

Drohnenangriff auf russisches Kriegsschiff

Bei einem ukrainischen Seedrohnenangriff auf den russischen Schwarzmeer-Hafen von Noworossijsk ist nach Angaben aus Kiew am Freitag ein Landungsschiff schwer beschädigt worden. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte zwar einen Drohnenangriff in Noworossijsk, behauptete aber, dieser sei abgewehrt worden.

Ein Video des Einsatzes zeige, wie eine Seedrohne des Geheimdiensts SBU, beladen mit 450 Kilogramm Sprengstoff, das feindliche Schiff angreife, zitierten mehrere ukrainische Medien am Freitag einen Informanten. In dem veröffentlichten Video ist der Angriff aus der Drohnenperspektive bis kurz vor der Schiffswand zu sehen.

Spätere Bilder zeigten das 1976 in Dienst genommene Landungsschiff „Olenegorski Gornjak“ in geneigter Lage in der Bucht von Noworossijsk. Auch russische Militärblogger veröffentlichten Fotos und Videos von dem Schiff in Schieflage und schrieben von Beschädigungen. Das Schiff ist für den Transport von Truppen und schwerer Ausrüstung ausgelegt und wurde russischen Medienberichten zufolge 2014 zur Reparatur geschickt. Normalerweise ist es bei der russischen Nordflotte in der Arktis stationiert.

Seedrohnenangriff auf russische Marinebasis

Die Ukraine hat einen russischen Marinestützpunkt nahe der Hafenstadt Noworossijsk am Schwarzen Meer mit Seedrohnen angegriffen. Der ukrainische Geheimdienst gab an, dass ein russisches Kriegsschiff beschädigt worden sei. Die russische Armee meldete weder Schäden noch Opfer.

Russland dementiert Beschädigung, Kiew jubelt

Russland behauptete jedoch, den Angriff auf Noworossijsk abgewehrt zu haben, und erklärte, Schiffe, die die Umgebung des Marinestützpunkts patrouillierten, darunter die „Olenegorski Gornjak“, hätten zwei Seedrohnen zerstört. Das Kaspische Pipelinekonsortium, das im Hafen einen Ölterminal betreibt, teilte mit, dass der Seeverkehr für einige Stunden zum Erliegen gekommen sei, seine Anlagen aber nicht beschädigt worden seien. Der Gouverneur der Region sagte, es habe keine Verletzten gegeben.

Dagegen sprach ein Geheimdienstsprecher in Kiew von einem großen Verlust für die Flotte der Besatzer. „Für die Ukraine ist das eine gute und gerechte Nachricht“, sagte Andrij Jussow. „Das wird weitergehen.“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte dem Geheimdienst SBU für seine Arbeit. Der SBU habe den Krieg zurück zum russischen Aggressor gebracht. „Was man in die Welt hineinbringt, darauf bleibt man schließlich sitzen“, sagte er in seiner abendlichen Videoansprache.

Kiew: Seedrohnen ändern Spielregeln

Der Berater im Kiewer Präsidentenbüro, Mychailo Podoljak, schrieb auf Twitter, dass die neuen ukrainischen Seedrohnen die Spielregeln komplett ändern würden. Der russischen Flottenpräsenz im Schwarzen Meer werde ein Ende gesetzt. Künftig werde die Ukraine die „Freiheit und Sicherheit im Schwarzen Meer für den Welthandel“ sicherstellen.

Der Angriff von Freitag ist der jüngste in einer Reihe von Attacken auf russisches Territorium – der erste allerdings auf einen russischen Handelshafen in dem 18-monatigen Krieg. Anfang dieser Woche wurde ein Gebäude in Moskau von Drohnen getroffen, im Mai schlug eine Drohne sogar im Kreml ein.

Kriegsschauplatz Schwarzes Meer

Der Angriff erfolgt in einer Zeit, in der das Schwarze Meer zu einem immer wichtigeren Kriegsschauplatz wird, nachdem Russland von dem Abkommen zurückgetreten ist, das ukrainische Getreidelieferungen durch das Meer ermöglicht hatte. Seit der Aufkündigung des Abkommens hat Russland die Häfen des Landes unter Beschuss genommen, was den Schaden für die Lebensmittelmärkte weltweit noch verstärkte.

Am Mittwoch verursachten russische Drohnen erhebliche Schäden und einen Großbrand in Anlagen in der Region Odessa, die für die ukrainischen Getreideexporte wichtig sind. Einen Tag zuvor hatte das russische Militär erklärt, die ukrainischen Streitkräfte hätten versucht, zwei Patrouillenschiffe auf dem Meer südwestlich der von Russland kontrollierten Stadt Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim anzugreifen.

London: Russland erhöht Risiko

Um Getreideexporte aus der Ukraine zu verhindern, nimmt Russland nach Einschätzung britischer Geheimdienste immer mehr Risiko. Mit Kamikazedrohnen aus iranischer Produktion griff Russland zuletzt Ziele an, die nur 200 Meter von der rumänischen Grenze – und damit NATO-Gebiet – entfernt sind, wie das Verteidigungsministerium in London am Freitag mitteilte.

„Das deutet darauf hin, dass Russland seine Risikobereitschaft für Angriffe in der Nähe von NATO-Territorium erhöht hat.“ Ziel der Attacken sei, die internationale Schifffahrt dazu zu bringen, den Handel über ukrainische Donau-Häfen einzustellen.

„Es besteht eine realistische Möglichkeit, dass Russland Kamikazedrohnen einsetzt, um dieses Gebiet anzugreifen, da es davon ausgeht, dass bei ihnen die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation geringer ist als bei Marschflugkörpern“, hieß es in der Mitteilung weiter. „Russland hält sie wahrscheinlich für einigermaßen präzise, und sie haben viel kleinere Sprengköpfe als Marschflugkörper.“ Zuletzt war etwa im Hafen von Ismajil an der Donau ein Getreidesilo zerstört worden.