Straßensperre in Wagna
APA/Erwin Scheriau
Regen lässt nach

Angespannte Lage in Kärnten und Steiermark

In den Überschwemmungsgebieten Südösterreichs ist die Lage weiter angespannt – auch wenn aufgrund des nachlassenden Regens Stabilisierung zu erwarten ist. In der Nacht auf Samstag mussten dennoch Evakuierungen in St. Paul im Lavanttal (Bezirk Wolfsberg) von rund 70 Haushalten vorgenommen werden. Im steirischen Leibnitz musste ein Seniorenheim evakuiert werden. Wegen der gesperrten A1 in Slowenien könnten sich umfangreiche Staus im Urlaubsverkehr durch Österreich anbahnen.

In den Kärntner Bezirken Wolfsberg und Völkermarkt waren gefährdete Gebäude evakuiert und Hochwasserschutzelemente aufgestellt worden. Kritisch war die Lage einige Zeit auch in Viktring, einem südlichen Vorort der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee. Dort musste die Feuerwehr am Abend ein Rückhaltebecken auspumpen, das überzulaufen drohte. Hier konnte die Lage inzwischen laut Stadtkommunikation Klagenfurt erfolgreich stabilisiert werden.

Hangrutschungen: Häuser in Lavamünd evakuiert

Auch in Lavamünd mussten laut Radio Kärnten „einige Häuser evakuiert“ werden, nachdem es dort Hangrutschungen gegeben hatte. Wie der Bezirkshauptmann von Völkermarkt, Gert Klösch, berichtete, war auch ein Campingplatz am Gösselsdorfer See von Hochwasser bedroht. Die Bewohner des Campingplatzes sollten in der Mittelschule Eberndorf untergebracht werden.

Wasser fließt in Viktring bei Klagenfurt aus einem Garten auf die Straße
APA/Gerd Eggenberger
Wasser strömt in Viktring bei Klagenfurt aus einem Garten auf die Straße

Campingplatz am Turnersee evakuiert

Schon zuvor war auch ein Campingplatz am nahe gelegenen Turnersee evakuiert worden. Auch in der Ferlacher Ortschaft Waidisch wurden die Bewohner von vier Häusern in Sicherheit gebracht. In Kärnten wurde für neun Gemeinden in den Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg Zivilschutzwarnung gegeben, in den Gemeinden St. Paul im Lavanttal und Loibach Zivilschutzalarm – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

ORF-Reporter Matha zur Lage in St. Paul im Lavanttal

ORF-Reporter Peter Matha berichtet aus St. Paul im Lavanttal, wo am Freitag 70 Haushalte evakuiert werden mussten.

1.100 Feuerwehreinsätze allein in Kärnten

Im ersten Teil der Nacht fiel der Regen aber nicht ganz so stark aus wie befürchtet, gegen 8.00 Uhr war er in manchen Teilen der Steiermark und Kärntens laut Wetterberichten in leichten bzw. Nieselregen übergegangen.

Zahlreiche Feuerwehreinsätze wegen Überflutungen gab es in mehreren Gemeinden rund um die Landeshauptstadt, etwa in Krumpendorf am Wörthersee. In Klagenfurt selbst geriet eine Transformatorenstation in Brand. Insgesamt wurden im südlichsten Bundesland 1.100 Feuerwehreinsätze gezählt. 2.500 Feuerwehrleute und 100 Bundesheer-Soldaten seien im Einsatz, hieß es Samstagfrüh.

Aufräumarbeiten in S. Paul im Lavanttal
APA/Gerd Eggenberger
Aufräumarbeiten in Sankt Paul im Lavanttal

Unterdessen gab es auch auswärtige Hilfe für die Unterkärntner Einsatzkräfte, nicht nur aus Oberkärnten. Laut Klösch waren 70 Mann des Landesfeuerwehrverbandes Niederösterreich mit großen Pumpen im Bezirk Völkermarkt im Einsatz. Der Kärntner Militärkommandant Walter Gitschthaler berichtete in der Nacht, er habe in Graz weitere Kräfte angefordert. Bis zu 200 weitere Soldaten könnten für den Hochwassereinsatz abgestellt werden.

Seniorenheim in Leibnitz evakuiert

In der Steiermark wurde für die Bezirke Deutschlandsberg, Leibnitz und Südoststeiermark Zivilschutzwarnung gegeben, in fünf Gemeinden Katastrophenalarm. Auch in den Bezirken Graz-Umgebung und Voitsberg verzeichneten die Feuerwehren zahlreiche Einsätze. In Leibnitz wurden in der Nacht zahlreiche Häuser evakuiert – darunter auch ein Pflegeheim und ein Seniorenwohnheim.

Keine Entspannung in Sicht

In Kärnten herrscht in weiten Teilen des Landes akute Hochwassergefahr, in Klagenfurt droht ein Damm zu brechen. Kritisch bleibt die Lage auch in der Steiermark.

Aus dem Pflegeheim „Haus der Senioren“ in Kaindorf wurden 27 Personen in das Althea Seniorenhaus „Koralmblick“ in Frauental gebracht. „Die Bewohner haben durchwegs gelassen und verständnisvoll reagiert“, sagte Wolfgang Seiner vom Roten Kreuz. Aus einem Leibnitzer Seniorenwohnheim wurde eine bettlägrige Person von der Feuerwehr mit einer Korbtrage ins Freie gebracht. Weitere Personen sind in einer Notunterkunft in einer Sporthalle untergebracht – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Rettung per Boot und Helikopter in Heimschuh

Im nahe gelegenen Ort Heimschuh mussten zuvor Menschen sogar mit Booten in Sicherheit gebracht werden. Nach einem Dammbruch konnten zwei Personen nur per Seil mit einem Helikopter gerettet werden. Feuerwehrsprecher Thomas Meier sagte dem ORF-Radio, man habe „zahlreiche Evakuierungen“ durchführen müssen und eine Notschlafstelle eingerichtet.

Überschemmter Friedhof im Bezirk Deutschlandsberg
APA/Feuerwehren DES BFV Deutschlandsberg
In Deutschlandsberg wurde ein Friedhof überschwemmt

Siedlung in St. Johann im Saggautal evakuiert

In der Südoststeiermark ist Gnas einer der Krisenhotspots: „Wir sind seit 4.00 Uhr unterwegs, ständig durchgehend mit 100 Mann und Frauen“, so Feuerwehr-Einsatzleiter Markus Kahr. Mehrfach – wie etwa im Raum Radkersburg – mussten Menschen aus Autos befreit werden, die es nicht mehr aus überschwemmten Zonen geschafft haben.

St. Peter am Ottersbach war über Stunden am Landweg nicht erreichbar, in St. Johann im Saggautal musste eine Siedlung evakuiert werden, weil die Gefahr bestand, dass die Bewohner nicht mehr herauskommen und die Feuerwehr nicht mehr hinein.

Bewohner vor einer durch die Sulm überluteten Brücke in Leibnitz
APA/Erwin Scheriau
Bewohner vor einer durch die Sulm überfluteten Brücke in Leibnitz

Für die Gemeinden Paldau, Straden, Gleichenberg und Gnas sowie die Katastralgemeinden Gosdorf und Fluttendorf in der Gemeinde Mureck wurde der Katastrophenfall ausgerufen – ebenso wie für den Ortsteil Heimschuh in der Gemeinde Heimschuh, den Ortsteil Fresing in der Gemeinde Kitzeck und die Ortsteile St. Johann und Saggau in der Gemeinde St. Johann im Saggautal.

Die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg hat den Katastrophenfall außerdem für die Ortsteile Aibl, Großradl und Pitschgau in der Gemeinde Eibiswald und die Ortsteile Wies und Wernersdorf in der Gemeinde Wies festgestellt. Im Bezirk Leibnitz wurde in den Ortsteilen Seibersdorf, Rabenhof und Neutersdorf in der Gemeinde St. Veit in der Südsteiermark der Katastrophenfall ausgerufen.

Einsätze im Burgenland und in Vorarlberg

Zahlreiche Feuerwehreinsätze gab es auch im benachbarten Burgenland, konkret im Bezirk Jennersdorf, wo Keller ausgepumpt werden mussten. Auch in Vorarlberg rückten Feuerwehren bis Samstagvormittag zu mehreren Einsätzen aus. Betroffen war vor allem der Bezirk Feldkirch. Nach Angaben der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle sind keine Menschen verletzt worden – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Starke Regenfälle auch in Oberösterreich

In der Nacht auf Samstag kamen die starken Regenfälle über die Alpen auch nach Oberösterreich. Beim hydrografischen Dienst des Landes geht man davon aus, dass bei kleinen und mittelgroßen Gewässern kleinräumige, lokal begrenzte Überflutungen möglich sind – mehr dazu in ooe.ORF.at.

In manchen Orten der betroffenen Gebiete in Kärnten und der Steiermark fiel innerhalb von 24 Stunden so viel Regen wie sonst in einem Monat. Der Starkregen soll noch bis zumindest Samstagmittag in Kärnten und der Steiermark anhalten. Bis zum Abend werden weitere Bundesländer von Tirol bis Oberösterreich von Starkregen betroffen sein. Bis dahin werden in einigen Gebieten im Süden laut ORF-Wetterredaktion noch weitere 60 bis 100 Liter pro Quadratmeter erwartet.

Mittel aus Katastrophenfonds bereitgestellt

Die Bundesregierung kündigte unterdessen an, Geld aus dem Katastrophenfonds für die vom Hochwasser betroffenen Regionen bereitzustellen. Unterstützt werde, „wo es notwendig ist, um den Betroffenen schnell zu helfen“, hieß es. Dazu gehöre nicht nur der Einsatz des Bundesheeres, sondern auch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte: „Die Menschen in den betroffenen Regionen können sich auf uns verlassen.“ Es solle „so rasch wie möglich und so gut wie möglich“ geholfen werden, so der Kanzler. „Die verheerenden Unwetter im Süden des Landes zeigen uns, mit welcher Wucht die Klimakrise auch Österreich trifft – durch immer heftigere und häufigere Extremwetterereignisse“, so Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

„Aus dem Katastrophenfonds stehen ausreichend finanzielle Mittel bereit“, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) verwies auf Schutz- und Retentionsmaßnahmen, denen es zu verdanken sei, „dass weitere größere Katastrophen verhindert werden konnten (…).“ Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) berichtete, das Innenministerium bereite gerade Maßnahmen zur bundesländerübergreifenden Unterstützung vor.

Karawankentunnel vorübergehend gesperrt

Bereits in den frühen Morgenstunden haben am Samstag laut ÖAMTC umfangreiche Behinderungen auf den Transitrouten bestanden. In weiten Teilen Österreichs regnete es teils heftig, Unfälle zogen kilometerlange Staus nach sich, so etwa in Salzburg auf der Tauernautobahn (A10) und in Niederösterreich auf der Wiener Außenring-Schnellstraße (S1). Gegen 7.00 Uhr wurde der Karawankentunnel (A11/A2) auf slowenischer Seite gesperrt.

Unfälle auf der Tauernautobahn

Im regen Reiseverkehr Richtung Süden ereigneten sich auf der Tauernautobahn im Hieflertunnel bei Golling und im Helfersbergtunnel bei Pfarrwerfen kurz nach 6.00 Uhr Unfälle. Beide Tunnel mussten für die Bergungsarbeiten gesperrt werden, die Staus reichten nach Angaben des ÖAMTC über zehn Kilometer bis Bad Vigaun zurück.

Obwohl die Unfallstellen nach etwas über einer Stunde geräumt waren, gingen die Verkehrsexperten davon aus, dass sich die Staus nur sehr langsam auflösen. Denn aus Deutschland kamen noch viele Reisende nach, vor dem Grenzübergang Walserberg (A1) standen die Kolonnen rund acht Kilometer zurück.

14 Kilometer Stau

In Kärnten war der Stau vor dem Karawankentunnel (A11) bereits frühmorgens rund 14 Kilometer lang. Auf slowenischer Seite war die Autobahn nach Informationen des ÖAMTC zudem gegen 7.00 Uhr nach einem Unfall vorübergehend gesperrt.

Der ÖAMTC appellierte an Reisende, auch bei Verkehrsbehinderungen auf Autobahnen zu bleiben, da speziell im Süden Österreichs nach wie vor zahlreiche Straßen im untergeordneten Netz wegen Überflutung und Vermurung gesperrt waren. In den Kärntner Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg waren die kleineren Grenzübergänge zu Slowenien nach wie vor nicht passierbar.

A1 in Slowenien weiter gesperrt

In Slowenien selbst war die Sperre der A1 zwischen Ljubljana und Celje weiterhin aufrecht. Etliche Nebenstraßen waren ebenfalls blockiert, wie etwa auch die direkte Umleitungsstrecke der gesperrten A1-Teilstrecken (R2-447). Diese musste dann ebenfalls wegen Überflutung zwischen Grajska Vas und Zalec in mehreren Teilbereichen gesperrt werden. Ausweichen war laut ÖAMTC großräumig über Autobahnen möglich.

Doch wenn möglich, sollten Fahrten, die in oder durch den Norden Sloweniens führen, verschoben werden. Ausweichen ist zwar möglich, etwa über den Karawankentunnel und die slowenische A2, hier werden allerdings lange Staus erwartet. Diese sind die wichtigsten Transitrouten durch Slowenien und werden von vielen Kroatien-Urlaubern aus Ostösterreich, Tschechien, Ungarn und der Slowakei benutzt.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.