Durch Fluten zerstörte Brücke
AP/Miro Majcen
Slowenien

Evakuierungen nach Dammbruch

Nach den heftigen Unwettern in Slowenien ist Samstagabend im Osten des Landes ein Damm zum Schutz gegen Hochwasser gebrochen. Betroffen war die Anlage am Fluss Mur bei Dolnja Bistrica. Insgesamt zehn Ortschaften seien gefährdet, hieß es. Dort waren in der Nacht Evakuierungsmaßnahmen im Gange. Wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk RTV Slovenija berichtete, wurden 500 Menschen aus Dolnja Bistrica in Sicherheit gebracht.

„Wir haben den absolut notwendigen Schritt der Evakuierung unternommen, weil dies die einzige Maßnahme ist, um mögliche Opfer zu verhindern“, sagte der Katastrophenschutzkommandant Srecko Sestan. „Wenn das Wasser anfängt, den Boden wegzutragen, wird der Damm sofort einstürzen, und die Flutwelle wird neun oder zehn Dörfer erfassen.“

Man versuche nun, per Hubschrauber den Staudamm mit Betonblöcken abzudichten, sagte er weiter. Der Hydrologe Janez Polajnar sagte RTV Slovenija, dass die Lage „nicht vorhersehbar“ sei. Schon jetzt habe die Mur den zweithöchsten Stand der Geschichte erreicht, und im oberen Flusslauf bei Graz steige der Pegel weiter.

Weiteres Todesopfer

Die Überschwemmungen in Slowenien forderten ein weiteres Menschenleben. Am Samstag wurde am Ufer des Sava-Flusses in Ljubljana ein Mann tot aufgefunden, wie die Polizei laut Medienberichten mitteilte. Er soll in der Nähe gelebt haben. Die Umstände wiesen darauf hin, dass er durch die Flut getötet worden sei, hieß es. Damit stieg die Zahl der Opfer, die bei den Unwettern umgekommen sind, auf vier Personen.

Überschwemmtes Dorf Sneberje
AP/Miro Majcen
Das Dorf Sneberje wurde völlig überflutet

In den Überschwemmungsgebieten liefen die Rettungseinsätze am Wochenende auf Hochtouren. Eine genaue Zahl der Menschen, die in Sicherheit gebracht werden mussten, ist nicht bekannt. Nach Angaben von Katastrophenschutzkommandant Sestan waren jedoch schon Tausende betroffen. Eine großräumige Evakuierung war auch für die Gemeinde Jesenice geplant, wo ein Erdrutsch ein Dorf gefährdete. Vorsichtshalber wurden die Bewohner von einem Dutzend Straßenzügen in Sicherheit gebracht.

Heftige Unwetter in Slowenien

Nach den heftigen Unwettern in Slowenien ist Samstagabend im Osten des Landes ein Damm zum Schutz gegen Hochwasser gebrochen. Insgesamt zehn Ortschaften seien gefährdet. Dort waren in der Nacht auf Sonntag Evakuierungsmaßnahmen im Gange.

Urlauberfamilien aus Kärnten in Sicherheit gebracht

Einen Rettungseinsatz gab es auch für eine Gruppe von Kärntner Urlauberfamilien, die auf einem Campingplatz im südlichen Nachbarland von den Wassermassen überrascht worden waren. Wie ORF Kärnten berichtete, wurden sie in der Nacht auf Sonntag von Kärntner Feuerwehrleuten über den Grenzübergang Grablach in die Heimat gebracht.

Mindestens fünf Urlauber aus den Niederlanden galten vorübergehend als vermisst, tauchten am Sonntag aber wieder auf. Zuvor war bekanntgeworden, dass zwei weitere Niederländer ums Leben gekommen waren. Dabei dürfte es sich um Vater und Sohn gehandelt haben.

Rettungskräfte sind damit beschäftigt, die Bewohner in den abgeschnittenen Gebieten mit Wasser und dringendsten Hilfsgütern zu versorgen. Allein in einem Dorf im Oberen Savinja-Tal seien am Freitagabend rund 1.000 Menschen, größtenteils Touristinnen und Touristen, mit Essen und Unterkunft versorgt worden, sagte Sestan bei einer Pressekonferenz in Ljubljana.

„Praktisch zwei Drittel des Landes betroffen“

Der slowenische Regierungschef Robert Golob sprach von der „größten Naturkatastrophe“ in der jüngeren Geschichte des Landes. „Der Schaden ist unvorstellbar, praktisch zwei Drittel des Landes sind betroffen“, sagte er. Nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates bezifferte er den Schaden an Infrastruktur und Gebäuden auf mehr als 500 Mio. Euro.

Bei einer anschließenden Regierungssitzung wurde beschlossen, um Gelder aus dem EU-Katastrophenhilfsfonds anzusuchen. Dafür muss der Schaden mehr als 0,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftskraft des Landes ausmachen, was im Fall Sloweniens 310 Mio. Euro sind.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sicherte Slowenien bereits Hilfe zu. Die Schäden in dem Land seien „herzzerreißend“, twitterte sie. Der aus Slowenien stammende EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, beriet am Samstag mit der Regierung in Ljubljana.

Hilfszusagen aus dem Ausland

Die Ausrufung eines Ausnahmezustands ist laut Golob vorerst nicht notwendig, da das Katastrophenschutzsystem einwandfrei funktioniere. Darüber hinaus bekam Slowenien von der internationalen Gemeinschaft und Nachbarländern, darunter Österreich, Hilfe angeboten. „Es ist richtig, dass wir jene Hilfe, die wir brauchen können, annehmen, damit wir Slowenien so schnell wie möglich wieder auf die Beine stellen“, sagte der Premier.

Crna na Koroskem per Hubschrauber erreicht

Golob kündigte an, dass die abgeschnittenen Überschwemmungsgebiete aus der Luft versorgt werden. Unterdessen berichteten die Medien, dass die seit zwei Tagen isolierte Gemeinde Crna na Koroskem mittlerweile von einem Militärhubschrauber mit 30 Soldaten an Bord erreicht werden konnte. Aus der Gemeinde, die keine intakte Straßenverbindung hat, gibt es noch keine Berichte über Verletzte, die Behörden kündigten dennoch an, mehrere Personen auszufliegen. Die Bewohnerinnen und Bewohner würden mit Wasser und dem Nötigsten versorgt, hieß es.

Lage weiter angespannt

Die Lage in den Überschwemmungsgebieten blieb vielerorts nach wie vor angespannt. Zahlreiche Orte im Norden des Landes waren wegen der zerstörten Straßen und Brücken noch immer schwer zugänglich, einige weiterhin abgeschnitten.

Die Autobahn A1 zwischen Ljubljana und Celje war am Samstagnachmittag indes wieder offen. Die wichtige Transitroute durch Slowenien in Richtung Graz bzw. Wien war seit Freitagvormittag unterbrochen gewesen. Viele lokale Straßen waren noch überschwemmt.