Verwüstung nach Überflutungen im slowenischen Ort Ziri
Reuters/Borut Zivulovic
Slowenien

Hunderte harren in Notunterkünften aus

Auch am Sonntag ist die Lage nach den verheerenden Überschwemmungen in Slowenien angespannt, neue Niederschläge werden erwartet. Inzwischen harren zahllose obdachlos gewordene Menschen in Notunterkünften aus. Auch etliche Österreicherinnen und Österreicher wurden vorübergehend untergebracht, sie wurden „von der lokalen Bevölkerung teilweise aus dem Wasser gerettet“, so das Außenministerium.

Das Ministerium dankte am Sonntag den slowenischen Helferinnen und Helfern für ihren Einsatz. Sie hatten eine Gruppe Urlauberinnen und Urlauber aus Österreich rechtzeitig in Sicherheit gebracht. „Das rot-weiß-rote Krisenteam der Österreichischen Botschaft Laibach war am Samstag im Norden Sloweniens im Einsatz, wo die von Rekordregenmengen ausgelösten Überschwemmungen in Ljubno ob Savinji auch 23 österreichische Camperinnen und Camper bedroht hatten, darunter 17 Kinder“, so Ministeriumssprecherin Gabriele Juen.

Die Campingurlauber wurden zunächst in der Sporthalle der Volksschule im nahen Recica ob Savinji untergebracht. Das Team der Botschaft Laibach habe dann in Abstimmung mit den slowenischen Behörden trotz Überflutungen und Straßensperren eine sichere Route gefunden, um die Evakuierung an Ort und Stelle zu unterstützen und den Gestrandeten Hilfe zu leisten.

„Am Samstagabend hatten sich Wetter- und Straßenlage so weit stabilisiert, dass die Betroffenen von Einsatzteams des Kärntner Zivilschutzes mit Unterstützung der Feuerwehren Bleiburg, St. Egyden, Althofen und Wolfsberg sicher nach Hause gebracht werden konnten“, hieß es.

Heftige Unwetter in Slowenien

Nach den heftigen Unwettern in Slowenien ist Samstagabend im Osten des Landes ein Damm zum Schutz gegen Hochwasser gebrochen. Insgesamt zehn Ortschaften seien gefährdet. Dort waren in der Nacht auf Sonntag Evakuierungsmaßnahmen im Gange.

Wetterwarnung für ganzes Land

Auch am Sonntag soll sich die Wetterlage nicht entspannen. Die Umweltagentur ARSO gab eine Warnung für das ganze Land heraus, Gewitter mit starkem Wind und erheblichen Niederschlägen werden noch erwartet. Die Front soll vom Nordwesten in Richtung Osten ziehen. Neue Niederschläge dürften die Situation in den Überschwemmungsgebieten im Norden des Landes noch verschlechtern.

In der nach wie vor abgeschnittenen Gemeinde Crna na Koroskem, die nunmehr von einem Erdrutsch bedroht ist, wurde die geplante Evakuierung mittels mehrerer Hubschrauber, bei der 110 Einwohner aus dem Ort gebracht werden sollten, laut Medienberichten vorerst abgesagt. Die Rettungskräfte bleiben in der Bereitschaft, hieß es. Nach Mezica, wo die Straßenverbindungen ebenfalls unterbrochen sind, haben sich slowenische Militäreinheiten den Weg über Österreich gebahnt, berichtete das Nachrichtenportal 24ur.com. Insgesamt waren 250 slowenische Soldaten im Einsatz, weitere 500 standen in Bereitschaft, teilte die slowenische Armee mit.

Damm lässt sich nur schwer abdichten

Viele Menschen in den betroffenen slowenischen Überschwemmungsgebieten blieben unterdessen weiter in provisorischen Notunterkünften. Wegen der Überschwemmung am Fluss Mur nach einem Dammbruch waren am Samstagabend 500 Menschen aus dem Dorf Dolnja Bistrica im Osten des Landes in Sicherheit gebracht worden. Sonntagfrüh war die Lage weiterhin besorgniserregend.

Die Versuche, den Damm abzudichten, kämen nur langsam voran, da das aufgeweichte Gelände den Zugang erschwerte. „Etwa ein Drittel des Damms ist aufgestaut, aber wir befürchten, dass das Wasser an anderen Stellen durchbrechen könnte. Der Damm wird von Stunde zu Stunde schlechter, weil er mit Wasser vollgesogen ist“, sagte der Einsatzleiter Miroslav Vuk laut der Internetseite der Tageszeitung „Vecer“.

Angst vor weiteren Erdrutschen

Im gesamten Überschwemmungsgebiet ist nun die Sorge vor neuen Erdrutschen groß. Zwar gingen die Wasserpegel an den Flüssen teils zurück oder blieben stabil, aber die hohe Bodenfeuchtigkeit mache Erdrutsche derzeit wahrscheinlicher, warnte der geologische Dienst Sloweniens nach Angaben der slowenischen Nachrichtenagentur STA am Sonntag. Er rief die Bevölkerung auf, stärker auf Veränderungen des Bodens, an Gebäuden und an Hängen zu achten.

Überflutungen im slowenischen Ort Ziri
Reuters/Borut Zivulovic
Die Schäden seien „unvorstellbar“, so Premier Golob. Im Bild: das Dorf Ziri

Wegen der drohenden Erdrutsche wurden schon am Samstagabend rund 900 Menschen bei Koroska Bela in der Gemeinde Jesenice in Sicherheit gebracht. Sonntagfrüh konnten sie wieder in ihre Häuser zurückkehren. Auch entlang des Flusses Meza nahe der Grenze zu Österreich wurden Häuser evakuiert. Am Vortag hatte es bereits in vielen Orten Muren gegeben.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Allein in der Nacht auf Sonntag war der Katastrophenschutz 230-mal im Einsatz, in insgesamt 186 Orten. 137 Feuerwehreinheiten setzten Schutzmaßnahmen bei Erdrutschen und Überschwemmungen um, pumpten Wasser aus überschwemmten Gebäuden, entfernten umgestürzte Bäume, retteten Menschen aus gefährdeten Gebäuden und lieferten dringend benötigte Lebensmittel und Medikamente.

Mehrere Todesopfer

Am Samstag hatten die Überschwemmungen ein weiteres Menschenleben gefordert. Am Ufer der Save in Ljubljana wurde ein Mann tot aufgefunden. Damit stieg die Zahl der Menschen, die bei den Unwettern umgekommen sind, auf vier Personen. Der slowenische Regierungschef Robert Golob sprach am Samstag von der „größten Naturkatastrophe“ in der jüngeren Geschichte des Landes.

Ein Haus versinkt im Fluss in Prevalje (Slowenien)
Reuters/Fedja Grulovic
Ein Bild der Zerstörung in Prevalje

„Der Schaden ist unvorstellbar, praktisch zwei Drittel des Landes sind betroffen“, sagte er. Nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates bezifferte er den Schaden an Infrastruktur und Gebäuden auf mehr als 500 Millionen Euro. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sicherte Slowenien bereits Hilfe zu. Die Schäden seien „herzzerreißend“, twitterte sie.

Fünf am Samstag zunächst vermisste Niederländer tauchten indes wieder auf. Weitere Einzelheiten wurden dazu nicht mitgeteilt. Zwei Niederländer im Alter von 50 und 20 Jahren aus Gouda waren zuvor ums Leben gekommen, es handelte sich den Angaben zufolge um Vater und Sohn.