Eine Luftaufnahme eines Hangrutsches am Magdalensberg in Kärnten
APA/Flugpolizei Klagenfurt
Hohe Pegel im Süden

Sorge vor weiteren Muren und Hangrutschen

Nach den starken Niederschlägen kämpfen die Einsatzkräfte in der Steiermark und in Kärnten weiter mit den katastrophalen Folgen. Auch wenn etwa der Krisenstab in Kärnten von langsamer Entspannung der Lage spricht, gibt es für viele Gemeinden noch keine Entwarnung. Sorge gibt es in beiden Bundesländern, dass es zu weiteren Muren und Hangrutschungen kommt.

In der Nacht auf Sonntag ging im Ortszentrum von St. Johann im Saggautal im Bezirk Leibnitz eine Mure ab. Der halbe Ort ist verlegt, Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Häuser wurden zum Teil verschüttet und verschoben. Schon seit Samstagnachmittag hatten Landesgeologen den Hang beobachtet – mitten in der Nacht hatte er sich dann in Bewegung gesetzt. Ein Wirtschaftsgebäude sowie das Nebengebäude wurden mitgerissen – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Drohnenaufnahme der abgegangenen Hangrutschung in St. Johann im Saggautal
APA/Erwin Scheriau
Das Ortszentrum von St. Johann im Saggautal im Bezirk Leibnitz wurde von einer Mure verlegt

Appell der Einsatzkräfte: „Nichts riskieren!“

Generell liege der Fokus in den von den Überschwemmungen betroffenen Gebieten jetzt stark auf Hangsicherungen und Evakuierungen: „Wir kümmern uns mittlerweile nur noch um Hangrutschungen, wo Gefahr in Verzug für Mensch oder Tier ist. Es werden auch Evakuierungen durchgeführt, und Geologen sind unterwegs, um Objekte zu begutachten, die vielleicht evakuiert werden müssen", so ORF-Reporter Gregor Waltl, der selbst bei der Freiwilligen Feuerwehr Leutschach ist. Sein Appell: „Wenn es gefährlich ist, verlassen Sie sofort das Haus“ – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

ORF-Reporterin Ulli Enzinger über Evakuierungen

In Gosdorf wurde der Katastrophenfall ausgerufen, es wurden Notunterkünfte für rund 150 Personen eingerichtet. Über die aktuelle Lage berichtet ORF-Reporterin Ulli Enzinger.

Evakuierungen in Kärnten

Ähnliche Anspannung in Kärnten: 14 Zivilschutzwarnungen und zwei Alarmierungen blieben dort aufrecht. Während sich die Lage in den neuralgischen Orten St. Paul im Lavanttal und Viktring bei Klagenfurt stabilisierte (der Krisenstab sprach von „einer leichten Entspannung der Situation“), mussten in der Gemeinde Brückl (Bezirk St. Veit) 20 Haushalte mit rund 50 Personen wegen eines befürchteten Hangrutsches evakuiert werden.

Auch in der Gemeinde Keutschach (Bezirk Klagenfurt-Land) mussten 20 Häuser evakuiert werden. Weiterhin waren am Sonntag in Kärnten fünf von zehn Bezirken von den Überschwemmungen betroffen. In Klagenfurt komme die Feuerwehr mit dem Auspumpen der Keller nicht nach, da ständig Wasser nachlaufe. Auch sei laut Stadtkommunikation das Kanalsystem am Rande der Aufnahmefähigkeit.

ORF-Reporter zur Unwetterlage in Kärnten

In Südkärnten musste ein Campingplatz geräumt werden, weil ein Damm zu brechen droht. ORF-Reporter Peter Matha (ORF) erklärt die Details.

Rückgang der Pegel erwartet

Die Pegel von Flüssen wie Gurk und Mur waren stark gestiegen. Die Regenmengen in der Nacht hätten laut Meteorologen aber leicht unter den erwarteten Mengen gelegen. Am Nachmittag werde es aber punktuell noch einige Schauer und auch Gewitter geben. Hauptsächlich betroffen dürften die südlichen und südöstlichen Bereiche Kärntens sein – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Der hydrografische Dienst des Landes erwartete einen deutlichen Hochwasserrückgang bei den meisten Pegeln. Ausnahme sind die Glan und die untere Gurk, dort geht der Pegel nur sehr langsam zurück. Die Grundwasserstände und damit auch die Gefahr durch Hangrutschungen blieben hoch, hieß es. Derzeit unter Kontrolle ist die Situation beim Treimischer Teich in Klagenfurt-Viktring. Nach wie vor sehr hoch ist der Wasserstand am Gösselsdorfer See.

In der Nacht hatte es geheißen, dass Keller immer wieder ausgepumpt werden müssten, weil Wasser nachdrücke, wie der Kärntner Feuerwehrsprecher Hans-Jörg Rossbacher berichtete. Flüsse wie die südsteirische Sulm hatten bereits die rote Hochwassermarke erreicht.

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Überfluteter Weg in Kärnten
APA/Wolfgang Jannach
Noch immer ist die Lage angespannt, die Gegend um Maria Saal in Kärnten war stark betroffen
Im Rahmen eines Hilfseinsatzes des Bundesheeres werden zwei Stromaggregate mit einem „Black Hawk“ in Illmitzen transportiert
APA/BUNDESHEER/Arno Melicharek
Der Strom kommt aus der Luft: Das Bundesheer brachte Aggregate per Hubschrauber nach Illmitzen in Kärnten
Aufräumarbeiten nach Hochwasser in Kärnten
picturedesk.com/EXPA/Max Slovencik
Die großen Regenmengen fielen über das Wochenende. Vielerorts wird nun mit den Aufräumarbeiten begonnen.
Eine Frau im überschwemmten Garten ihres Hauses bei Grafenstein
APA/Gerd Eggenberger
Zahllose Menschen sind betroffen, ihr Hab und Gut ist oftmals zerstört
Überschwemmungen im Bezirk Deutschlandsberg
APA/BFV Deutschlandsberg
Das Kanalnetz ist mancherorts völlig überlastet
Wirtschaftsgebäude St. Johann im Saggautal nach Murenabgang
ORF
Die Zerstörungen nach mehreren Tagen durchgehenden Regens sind enorm. Hier: eine Mure in St. Johann im Saggautal.
Schäden nach Murenabgang in Sankt Johann im Saggautal, Steiermark
IMAGO/Bernd März
Schäden nach Murenabgang in Sankt Johann im Saggautal in der Steiermark
Eine Mure auf der Seebergstrasse vor dem Seebergsattel
APA/Gerd Eggenberger
Vielerorts geben die Hänge nach. Auf dem steirischen Seebergsattel verschüttete eine Mure die Straße.
Feuerwehrleute beim Aufbau eines Schutzdamms mit Sandsäcken gege die über die Ufer getretene Mur
APA/Erwin Scheriau
Feuerwehr, Bundesheer und Hilfsorganisationen sind seit Tagen im Einsatz
Eine Luftaufnahme in Gnas
APA/Feuerwehr Gnas
Im steirischen Gnas wurden zahlreiche Häuser überflutet
Luftaufnahme des Freibads in Leibnitz
APA/Kevin Harkam
Das Freibad in Leibnitz wurde großflächig überschwemmt
Eine überschwemmte Brücke über die Sulm
APA/Erwin Scheriau
Die Sulm trat über die Ufer und überschwemmte die Gegend
Wasser fließt in Viktring bei Klagenfurt aus einem Garten auf die Straße
APA/Gerd Eggenberger
Auch in Kärnten, hier Viktring bei Klagenfurt, war die Lage am Wochenende angespannt

Die großen Wassermengen richteten in der Steiermark enorme Schäden an. Überflutete Felder, gesperrte Straßen, Keller unter Wasser, Erdrutschungen und Evakuierungen – die Einsatzkräfte und viele Helferinnen und Helfer stehen im Dauereinsatz. Vorrangig betroffen waren zuletzt die Bezirke Südoststeiermark, Leibnitz und Deutschlandsberg – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Auch Gamlitz Katastrophenfall

Die Wetterlage beruhigte sich jedenfalls in den Katastrophengebieten – in der Steiermark war laut Kommunikation Steiermark eine weitere Gemeinde, das südsteirische Gamlitz, zum Katastrophenfall erklärt worden. Die abgeschwächten Regenfälle zogen in der Steiermark ins Oberland ab.

Der Katastrophenfall wurde für folgende Gemeinden festgestellt: Paldau, Bad Gleichenberg, Gnas, Straden, in der Stadtgemeinde Mureck (Ortsteil Gosdorf und Fluttendorf), Leibnitz, Heimschuh (Ortsteil Heimschuh), für Kitzeck im Ortsteil Fresing und St. Johann (Ortsteile St. Johann und Saggau).

Des Weiteren galt der Katastrophenfall für St. Veit in der Südsteiermark (Ortsteile Seibersdorf, Rabenhof und Neutersdorf), Wagna, Straß, Gamlitz, Eibiswald (Ortsteile Aibl, Großradl und Pitschgau), Wies (Ortsteile Wies und Wernersdorf) und St. Peter im Sulmtal.

Notschlafstellen eingerichtet

Für die akut von den Überschwemmungen betroffenen Personen wurden zwei Notschlafstellen in Leibnitz bzw. Gosdorf eingerichtet, mit 120 bzw. 100 Plätzen, so der Leiter der Landeswarnzentrale, Günter Hohenberger. In Leibnitz wurde eine Feldküche des Roten Kreuzes errichtet. In der Steiermark stand das Bundesheer seit Freitagabend mit rund 120 Soldatinnen und Soldaten im Assistenzeinsatz – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Massiver Murenabgang in St. Johann

In St. Johann im Saggautal ist in der Nacht auf Sonntag eine Mure abgegangen. Der Kampf gegen die Wassermassen in Südösterreich nimmt weiter kein Ende.

Niederschlagstief zieht weiter

Während die starken Regenfälle in Kärnten und der Steiermark auf hohem Niveau zumindest etwas nachlassen, zieht das Niederschlagstief weiter. Für die Alpennordseite wird mit ein paar Unterbrechungen noch bis Montagabend Regen erwartet. 30 bis 100 Liter Regen pro Quadratmeter sind prognostiziert, punktuell auch deutlich mehr, so die ORF-Wetterredaktion. Die größten Regenmengen wurden vom Bregenzerwald über das Salzkammergut bis ins Mostviertel und zum Mariazellerland erwartet.

Tausende Helfer im Einsatz

Eine Rekordzahl an Einsatzkräften stand am Samstag im Kampf gegen das Hochwasser, jeweils 2.500 Feuerwehrleute in Kärnten und der Steiermark – allein in Kärnten mussten die Einsatzkräfte 2.500-mal ausrücken – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Die beiden Landesregierungen bzw. die Bundesregierung sicherten rasche Hilfe zu. Auch Feuerwehren aus anderen Bundesländern, konkret Niederösterreich, halfen.

ORF-Sondersendung zur Unwetterlage

Das ORF-Fernsehen sendet am Sonntag mehrere ZIB-Sondersendungen. Die nächste Ausgabe gibt es um 18.20 Uhr.

Trotz der extremen Belastung gab es auch grenzüberschreitende Hilfsaktionen. Im slowenischen Mezica half die Besatzung eines Notarzteinsatzfahrzeuges aus dem Bezirk Völkermarkt. Die Rettungskräfte konnten ein 14 Tage altes Baby wohlbehalten gemeinsam mit seiner Mutter ins Klinikum Klagenfurt bringen.

Slowenische Orte von Kärnten aus versorgt

Darüber hinaus wurden weiterhin mehrere slowenische Orte, die nur von Kärnten aus erreichbar waren, von dort aus versorgt. Mache Schadereignisse wirkten sich auch grenzüberschreitend aus – so war die Lavamünder Straße (B80) an der Staatsgrenze in beiden Richtungen gesperrt, weil auf slowenischer Seite eine Brücke beschädigt wurde.

In der Nacht auf Sonntag konnten Kärntner Feuerwehrleute auch Kärntner Urlauberfamilien nach Hause bringen, die vom Hochwasser auf einem slowenischen Campingplatz überrascht worden waren – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Überschwemmungen im Burgenland und in Vorarlberg

Im südlichen Burgenland hat sich die Lage nach den jüngsten Niederschlägen entspannt. In den Bezirken Jennersdorf, Güssing und Oberwart waren nach Angaben der Landessicherheitszentrale (LSZ) noch einige Einsätze im Gange, die etwa Pumparbeiten betrafen. Die Pegel würden fallen.

Soldatinnen und Soldaten
APA/Bundesheer/Luipersbeck
Soldatinnen und Soldaten der Güssinger Kaserne befüllen Sandsäcke

Es seien nur mehr geringe Mengen an Niederschlag zu erwarten, sagte ein LSZ-Sprecher. Das Bundesheer unterstützte mit rund 140 Soldaten aus der Kaserne Güssing die Einsatzkräfte. Sie halfen den örtlichen Feuerwehren in der Bezirksstadt und entlang der Strem bis in die Nachtstunden beim Errichten von Hochwassersperren und beim Befüllen der dafür notwendigen Sandsäcke.

Soldaten in Wals in Alarmbereitschaft

Im Salzburger Flachgau wurden unterdessen 120 Soldatinnen und Soldaten der Schwarzenbergkaserne in Wals in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Das Bundesheer steht für mögliche Unterstützungsleistungen auch in anderen Bundesländern bereit – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Pegelstände in Oberösterreich steigen weiter

In Oberösterreich ließen die Niederschläge in der Nacht auf Sonntag zwar etwas nach, die Pegel von Donau, Salzach, Inn, Traun und Enns steigen aber weiter. Laut hydrografischem Dienst des Landes soll es in Oberösterreich aber nur zu lokalen Hochwasserereignissen kommen – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Indes rückten in Vorarlberg Feuerwehren bis Samstagvormittag zu mehreren Einsätzen aus. Betroffen war vor allem der Bezirk Feldkirch. Nach Angaben der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle sind keine Menschen verletzt worden – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Grenzübergänge unpassierbar

In Sachen Verkehr blieb die Situation laut ÖAMTC vor dem Karawankentunnel (A11) angespannt, es kam zu Wartezeiten. In Slowenien war die Situation anhaltend kritisch. Der ÖAMTC appellierte an Reisende, auch bei Verkehrsbehinderungen auf Autobahnen zu bleiben. In den Kärntner Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg waren die kleineren Grenzübergänge zu Slowenien nach wie vor nicht passierbar, auch der Loiblpass (B91) blieb geschlossen.

In Slowenien waren zahlreiche Landesteile von katastrophalen Überschwemmungen betroffen, darunter auch Vororte der Hauptstadt Ljubljana. Besonders kritisch war die Lage in der Region Koroska in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Überschwemmungsgebieten Kärntens und der Steiermark – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.