Grüne wollen gesamte Elementarpädagogik in Bundeshand

Angesichts von nach wie vor „viel zu wenig“ Kinderbetreuungsangebot hätte es Sinn, die „gesamte Elementarpädagogik in Bundeskompetenz zu bringen“. Das sagte Barbara Neßler, Kinder-, Jugend- und Familiensprecherin der Grünen, gegenüber der APA.

Eine weitere Möglichkeit sei, „zumindest einen aufgabenorientierten Finanzausgleich zu schaffen“. Dabei würde es darum gehen, „den Bundesländern für genau definierte Standards und Leistungen die Mittel zu refundieren“, so Neßler.

Gegen „Mama bleibt eh daheim“-Mentalität

Österreich verfehle seit über zehn Jahren die EU-weiten Betreuungsziele, „und wir haben nach wie vor viel zu wenig Betreuungsangebot bei den unter Dreijährigen“, begründete Neßler ihren Vorstoß. In vielen Gemeinden gebe es viel zu wenige Kinderbetreuungsplätze, und die „Öffnungszeiten sind abseits der Lebensrealitäten der Eltern mit oftmals nur vier Stunden täglicher Betreuungszeit“.

„Mich ärgert diese konservative ‚Mama bleibt eh daheim‘-Mentalität, die jedem Pragmatismus trotzt, extrem“, sagte die Nationalratsabgeordnete.

Neßler: Mehr Engagement der ÖVP benötigt

Ins Visier nahm Neßler vor allem ÖVP-Vertreterinnen und -Vertreter sowie der Volkspartei Nahestehende. Gerade Industrielle, Wirtschaftsfunktionäre und Tourismusvertreter wie „Franz Hörl (Tiroler ÖVP-Nationalratsabgeordneter, Tourismussprecher und Seilbahnchef, Anm.) und Konsorten“ sollten Kämpfer für „ausreichend Kinderbetreuungsplätze mit lebensnahen Öffnungszeiten“ sein, wenn sie tatsächlich etwas gegen den Mangel an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tun wollen.

Hörl: Grüne für Enteignung zuständig

Der Konter von Hörl ließ nicht lange auf sich warten und fiel scharf aus. „Die ‚Abteilung Grün‘ in der Bundesregierung ist für Enteignung, Bürokratisierung und Zentralisierung zuständig“, sagte Hörl zur APA. Der Vorwurf der grünen Abgeordneten gehe ins Leere. Er habe als früherer Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Gerlos schon zu Zeiten für die Elementarpädagogik gekämpft, „da war Kollegin Neßler noch selbst eine Nutznießerin davon“.

Im Bildungsministerium verwies man auf die bestehende finanzielle Unterstützung der Länder und auf die Bundeszuständigkeit bei der Ausbildung von Elementarpädagoginnen und -pädagogen. Eine Änderung sei nicht vorgesehen. Als „Vorbild“ sah sich Niederösterreich im Hinblick auf den Ausbau der Elementarpädagogik, sagte Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP). Der Bund dürfe im Rahmen des Finanzausgleichs gerne mehr zahlen, verbindliche Vorgaben möchte sie im Gegenzug allerdings keine.

SPÖ überrascht

„Durchaus überrascht“ von der Positionierung der Grünen zeigte sich SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer, denn: „Seit sie in der Regierung sind, sind die Äußerungen der Grünen zum Thema Kinderbildung mehr als überschaubar.“

NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre sagte in einer Aussendung, dass der qualitative Ausbau der Elementarpädagogik im Zentrum der Diskussion stehen solle. Es brauche „kleinere Gruppen und österreichweite Ausbildungsstandards für alle Berufsgruppen in der Elementarpädagogik“, so Künsberg Sarre. Der Bildungsminister habe in diesem Bereich bisher „nichts zusammengebracht“. Im Ö1-Mittagsjournal sprach sich Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS)für eine „klare Kompetenzverteilung“ aus, Föderalismus sei „hinderlich“.

FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl kritisierte, dass vergangene Ausbildungsreformen zu einer „Akademisierung in der Elementarpädagogik“ geführt hätten und das wiederum zu einem „eklatanten Mangel an Personal“. Außerdem müsse Familien die „Entscheidungsmöglichkeit“ über die Kinderbetreuung bleiben.