Die Pegelstände der Flüsse im Süden Österreichs stabilisieren sich zunehmend. Der starke Regen der vergangenen Tage machte jedoch das Erdreich instabil. Die Feuerwehren befinden sich weiter im Dauereinsatz. Auch bei den Landesgeologinnen und -geologen herrscht Hochbetrieb.
Die meisten Zivilschutzwarnungen in Kärnten waren am Montagvormittag weiter aufrecht, nur für die beiden Lavanttaler Gemeinden St. Paul und St. Georgen wurden sie bereits aufgehoben. Betroffen waren vor allem Gemeinden im Bezirk Völkermarkt, dazu der Klagenfurter Stadtteil Viktring sowie Keutschach. Zivilschutzalarm gab es nach wie vor für Loibach (Gemeinde Bleiburg) – mehr dazu in kaernten.ORF.at.
Wörthersee-Ostbucht könnte unterspült sein
Laut Gerd Kurath vom Landespressedienst Kärnten kamen zu den 80 größeren Hangrutschungen, die bereits begutachtet seien, zahlreiche kleinere. Insgesamt gebe es Hunderte, und laufend kämen neue hinzu. Ein Hotspot sei nach wie vor die Wörthersee-Ostbucht, die unter Wasser steht und unterspült sein könnte.
Weiter Gefahr von Hangrutschungen
Das Unwetter hat am Wochenende im Süden Österreichs enorme Schäden angerichtet. Die Gefahr ist weiterhin nicht gebannt, denn die Böden sind komplett durchnässt, es drohen Muren und Hangrutschungen.
Sonntagabend und Montagfrüh mussten weitere Gebäude evakuiert werden, etwa in St. Veit an der Glan und Maria Saal. Die Interspar-Filiale in der Klagenfurter Rosentaler Straße musste vorübergehend evakuiert werden, weil der Keller überschwemmt und die Stromversorgung unterbrochen war – mehr dazu in kaernten.ORF.at
Nahe St. Veit an der Glan musste am Sonntag das erste Todesopfer der Hochwasserkatastrophe in Südösterreich beklagt werden. Ein Mann aus dem Bezirk St. Veit war auf dem gesperrten Glanradweg zwischen Raggasaal und Karnburg unterwegs gewesen, als er vom Wasser in den Fluss gerissen wurde. Er konnte nach einer Suchaktion nur noch tot geborgen werden – mehr dazu in kaernten.ORF.at.
Kaiser: „Leider eine neue Ära“
Am Montagvormittag tagten einmal mehr die Krisenstäbe. Die Gefahr werde noch zumindest bis Dienstag anhalten, hieß es danach in Kärnten. „Das Wetter entspannt sich etwas, die Gefahr ist aber noch nicht gebannt“, so der Kärntner Katastrophenschutzreferent Daniel Fellner (SPÖ). Befürchtet werden neue Niederschläge. „Auch kleinere Einträge in die aufgeweichten Hänge könnten zu Folgeschäden führen“, sagte Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).
Kaiser appellierte am Montag auch an den Bund, wegen der steigenden Unwettergefahr die Katastrophenschutzmittel aufzustocken: „Die Länder und Gemeinden werden es alleine nicht schaffen, es bricht leider eine neue Ära an.“ Er werde sich auch um Geld aus dem EU-Solidaritätsfonds bemühen, das für den Einsatz nach „Major Disasters“ – so der Fachausdruck – ausbezahlt wird. Davon abgesehen soll in Kärnten rasch Geld aus einem Soforthilfefonds für die vom Hochwasser Betroffenen fließen.
Sorge wegen Nichtverfügbarkeit von Freiwilligen
Seit Freitag stehen Tausende Mitglieder der Kärntner Feuerwehren im Dauereinsatz. Von den heimischen Feuerwehren wurden weiterhin auch mehrere slowenische Orte, die nur von Kärnten aus erreichbar waren, versorgt.
Sorgen bereitete indes die mögliche Nichtverfügbarkeit von Freiwilligen. Vonseiten des Roten Kreuzes, des Landesfeuerwehrverbandes und des Landes Kärnten erging der dringende Appell an die Dienstgeber und Dienstgeberinnen: „Unterstützen Sie uns und alle, die seit Tagen daran arbeiten, die Spuren der Unwetter zu beseitigen. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in unzähligen Einsätzen große Stärke und Mut bewiesen.“
130 Heeresangehörige in Kärnten im Einsatz
Unterstützung erhalten die Feuerwehren vom Bundesheer. In Kärnten sind aktuell 130 Soldatinnen und Soldaten im Assistenzeinsatz, in der Steiermark waren es über das Wochenende 120. Mit einem Blackhawk-Hubschrauber wurden Stromaggregate und Strommasten für den Kärntner Landesenergieversorger KELAG zu abgeschnittenen Ortschaften geflogen, um dort die Stromversorgung wiederherzustellen.
In der Gemeinde Neuhaus (Kärnten) will das Heer eine Behelfsbrücke bauen, um die Ortschaft Motschula wieder zugänglich zu machen. Die alte Brücke wurde weggerissen. In Glainach sollte mit der Errichtung einer 50-Tonnen-Fähre begonnen werden, um schweres Gerät über die Drau zu bringen. Am anderen Ufer ist die Ortschaft Unterguntschach nicht über den Landweg erreichbar. Dazu kommen weitere Erkundungs- und Aufräumeinsätze.
Im Burgenland wurde die Katastrophenhilfe durch das Bundesheer unterdessen beendet. Seit Freitag standen vor allem im Raum Güssing bis zu 139 Soldatinnen und Soldaten im Assistenzeinsatz, hieß es in einer Aussendung. Sie unterstützten die örtlichen Feuerwehren beim Errichten von Hochwassersperren und beim Befüllen von Sandsäcken – mehr dazu in burgenland.ORF.at.
Steiermark: Pegelstände der Flüsse sinken
Leichte Entspannung zeichnete sich indes in den Hochwassergebieten der Süd- und Südoststeiermark ab, zumindest was die Pegelstände der Flüsse betrifft. Der Pegelstand der Sulm im Bereich Leibnitz ging stark zurück. Alle Pegelstände an der Mur sinken laut Aussendung des Landes, der Pegel in Mureck ist mittlerweile auf Warnstufe Gelb und nicht mehr Rot, Tendenz weiter fallend – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Am Sonntagabend war aber in den gesamten Bezirken Leibnitz und Südoststeiermark der Katastrophenfall festgestellt worden. Für diese beiden Bezirke sowie für den Bezirk Deutschlandsberg war die Zivilschutzwarnung am Montag immer noch aufrecht.
Größere Probleme macht das aufgeweichte Erdreich. Rund 400 abgerutschte Hänge verzeichnete das Land in den Katastrophengebieten, 82 Menschen mussten seit Freitag aus ihren Wohnhäusern in Sicherheit gebracht werden. In der Nacht auf Sonntag ging etwa im Ortszentrum von St. Johann im Saggautal im Bezirk Leibnitz eine Mure ab – mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Trinkwasserversorgung beeinträchtigt
In der Ortschaft Gnas sorgten die Überflutungen indes für Probleme bei der Trinkwasserversorgung. Die Freiwillige Feuerwehr Pöllau transportierte 42.000 Liter Trinkwasser in das betroffene Gebiet. In Kitzeck bedroht ein Hangrutsch die Wasserversorgung. Auch das Abwasser ist ein Problem. „Unsere Kläranlage ist nur zum Teil einsatzfähig, und wir haben bei der Rutschung einen Teil des Hauptkanals verloren“, sagte der Kitzecker Bürgermeister Josef Fischer – mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Situation in Kärnten und der Steiermark
ORF-Kärnten-Reporter Bernd Radler erläutert die Situation in Poppichl (Kärnten). Aus Heimschuh im steirischen Bezirk Leibnitz berichtet ORF-Reporter Peter Stacher.
Die steirische Wirtschaftskammer und die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) wollen den von Unwetter und Überschwemmungen betroffenen Betrieben mit einer Soforthilfeaktion unter die Arme greifen. Das AMS Steiermark bietet betroffenen Gemeinden ebenfalls Unterstützung an: „Über eine gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung können angestellte Personen rasch bei den notwendigen Aufräumarbeiten helfen“, hieß es.
3.800 Schadensmeldungen in Kärnten und Steiermark
Die Donau Versicherung rechnet mit bis zu zehn Millionen Euro Schäden in Kärnten. Seit Juni habe man gut 2.800 Schadensmeldungen aus dem Bundesland erhalten, hieß es in einer Aussendung am Montag.
In der Steiermark verzeichnete die Versicherung seit Anfang Juni knapp über 1.000 Schadensmeldungen. Aktuell werde mit einem Schadensaufwand von rund drei Millionen Euro gerechnet. Das volle Ausmaß werde sich aber erst nach dem Ende der Aufräumarbeiten zeigen.
Neue Niederschlagshöchstwerte
Nach Angaben von GeoSphere Austria wurden in den vergangenen Tagen teils neue Höchstwerte bei den Niederschlagsmengen gemessen. „In einigen Regionen von Kärnten und der Steiermark regnete es in den letzten fünf Tagen, von Donnerstag in der Früh bis Montag in der Früh, mehr als in einem durchschnittlichen gesamten August“, so Klimatologe Hans Ressl von GeoSphere Austria. Auch sonst regnete es stellenweise mehr als die Hälfte einer durchschnittlichen August-Menge.
In Bad Eisenkappel (Kärnten) hat es in diesem August bereits 269 Liter pro Quadratmeter geregnet. Das ist schon jetzt mehr als beim bisherigen Höchstwert für die größte Regenmenge in einem gesamten August. Der alte Rekord stammt mit 259 Liter pro Quadratmeter aus dem August 2014. Die Messstation besteht seit knapp 60 Jahren. In Loibl wurden 298 Liter in den vergangenen fünf Tagen gemessen – und das bei einem Monatsdurchschnitt von 184 Liter pro Quadratmeter.
Karner: Katastrophenfonds „ausreichend dotiert“
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sagte am Montag, angesprochen auf finanzielle Unterstützung für die Katastrophengebiete, dass der Katastrophenfonds „ausreichend dotiert“ sei. Der finanzielle Schaden sei aber noch nicht abschätzbar, sagte er am Rande einer Pressekonferenz in Wien. „Ich will mich hier heute nicht auf Zahlen festlegen.“ Schadenskommissionen der Länder und Gemeinden müssten den Bedarf erheben.
Extremwetter
Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.