Hangrutsch in Rottenstein, Austria
Reuters/Louisa Off
Kärnten und Steiermark

Fachleute erwarten neue Hangrutschungen

In den Überschwemmungsgebieten Kärntens und der Steiermark besteht nach Ansicht von Fachleuten auch nach Abfließen des Oberflächenwassers weiter die Gefahr von Hangrutschungen. Die Aufräumarbeiten nach den Überschwemmungen gehen indes weiter, die Einsatzkräfte und freiwilligen Helferinnen und Helfer sind vielerorts an der Belastungsgrenze.

„Die Rutschungen hängen jetzt mit dem unterirdischen Wasserhaushalt zusammen, und da ist davon auszugehen, dass sich das Wasser im Untergrund viel länger hält und eben noch negative Auswirkungen haben kann“, sagte der Geologe Herwig Proske von Joanneum Research in Graz Montagabend in der ZIB2. Er gehe davon aus, „dass die Prozesse noch einige Tage anhalten werden“.

Gefährdet seien nicht nur steile Hänge, so der Experte, man habe auch Rutschungen an Hängen beobachtet, die nur fünf oder zehn Grad Hangneigung aufweisen, sagte der Geologe. „Wir werden damit rechnen müssen, dass es noch weitere Meldungen geben wird“, sagte auch Günter Hohenberger, Leiter der steirischen Landeswarnzentrale. Weitere Hangrutschungen werden etwa in den steirischen Weinbaugebieten befürchtet, so der Leiter der Katastrophenschutzabteilung des Landes Steiermark, Harald Eitner, gegenüber dem ORF – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Geologe Proske über Hangrutschungen

Der Geologe Herwig Proske sprach unter anderem über die Gefahr von Hangrutschungen und darüber, warum diese derzeit so groß ist. Zudem erklärte er, wie lange die Gefahr anhält, auch wenn es zu regnen aufgehört hat.

Laut Gerd Kurath vom Landespressedienst Kärnten kamen zu den 80 größeren Hangrutschungen, die bereits begutachtet seien, zahlreiche kleinere. Insgesamt gebe es Hunderte, und laufend kämen neue hinzu. Einen Erdrutsch habe es etwa beim Stift St. Paul im Lavanttal gegeben, berichtete der „Kurier“: Teile einer Mauer um den Stiftsgarten seien abgebrochen, Personen aber nicht gefährdet.

Schwierige Aufräumarbeiten

Die Aufräumarbeiten in den betroffenen Gebieten in Kärnten und der Steiermark laufen indes weiter auf Hochtouren. Probleme bereite weiterhin der hohe Grundwasserspiegel, was die Arbeiten zur „Sisyphusarbeit“ macht, wie es heißt. Das Wasser drückt immer wieder nach. Die Einsatzkräfte – in großen Teilen bereits seit mehreren Tagen im Dauereinsatz – sind am Limit.

Keine Entwarnung für Süden Österreichs

Für Kärnten und die Steiermark gibt es weiterhin keine Entwarnung. Es drohen Hangrutschungen und Muren. In den kommenden Tagen werden weitere Niederschläge erwartet.

In Kärnten gab es in der Nacht auf Dienstag erstmals seit Tagen keine neuen Feuerwehreinsätze. Einige Zivilschutzwarnungen sind aber nach wie vor aufrecht – mehr dazu in kaernten.ORF.at. In den vergangenen Tagen absolvierten Feuerwehren, Polizei, Berg- und Wasserrettung über 3.500 Einsätze im Bundesland.

Motorbootverbot auf Wörthersee

Ein Hotspot ist die Wörthersee-Ostbucht, die unter Wasser steht und unterspült sein könnte. Der Bereich um das größte Binnenstrandbad Europas wurde behördlich gesperrt. Am Wörthersee wurde wegen ins Wasser gespülter Objekte mit sofortiger Wirkung ein Motorbootverbot verhängt.

In der steirischen Ortschaft Gnas sorgten die Überflutungen am Wochenende für Probleme bei der Trinkwasserversorgung – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Die Schäden nach den Überflutungen machen indes auch Sportvereinen in der Südsteiermark zu schaffen – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Verfügbarkeit von Freiwilligen bereitet Sorgen

Angesichts des hohen Arbeitsaufwands bereitet die Verfügbarkeit von Freiwilligen Sorgen. Seitens des Roten Kreuzes, des Landesfeuerwehrverbandes und des Landes Kärnten erging der dringende Appell an die Dienstgeberinnen und Dienstgeber, ihre im Unwettereinsatz stehenden Mitarbeitenden zu unterstützen.

Fotostrecke mit 10 Bildern

Hangrutschung bei Globasnitz, Kärnten
APA/Gert Eggenberger
Hangrutschung bei Globasnitz (Kärnten): Am Montag liefen die Räumungsarbeiten nach den Unwettern der vergangenen Tage auf Hochtouren
Vermurung nach Starkregen in Kärnten
picturedesk.com/EXPA/Max Slovencik
Murenabgang in Kärnten: Allein im südlichsten Bundesland dürfte der Schaden durch die jüngsten Unwetter mindestens zehn Mio. Euro betragen
Aufräumarbeiten bei Ferlach, Kärten
picturedesk.com/EXPA/Max Slovencik
Ein Bundesheerangehöriger löst eine Verklausung nahe Ferlach in Kärnten (Bild vom Sonntag)
Überflutung bei St. Veit an der Glan, Kärnten
APA/Wolfgang Jannach
In St. Veit an der Glan (Kärnten) gingen die Pegelstände am Montag weiter zurück
Feuerwehr auf überflutetem Bauernhof bei Deutschlandsberg, Steiermark
APA/BFV Deutschlandsberg
Feuerwehrleute am Montag auf einem überfluteten Bauernhof in Deutschlandsberg (Steiermark)
Feuerwehr sichert Hanrutschung bei Rachau, Steiermark
APA/Feuerwehr/Thomas Zeiler
Auch Tage nach dem Starkregen drohen weitere Hangrutschungen. Die Feuerwehren waren – wie hier am Sonntag in Rachau in der Steiermark – mit Sicherungsarbeiten beschäftigt.
Hangrutsch in Sankt Johann im Saggautal
IMAGO/Bernd März
In Sankt Johann im Saggautal in der Steiermark ging eine Mure direkt im Ortsgebiet ab und riss Teile eines Hauses mit
Soldaten beim Befüllen von Sandsäcken
APA/Bundesheer/Luipersbeck
Soldaten befüllen Sandsäcke, Aufnahme vom Samstag aus Güssing (Burgenland): Unterstützung erhielten die Feuerwehren im Süden Österreichs vom Bundesheer
Im Rahmen eines Hilfseinsatzes des Bundesheeres werden zwei Stromaggregate mit einem „Black Hawk“ in Illmitzen transportiert
APA/BUNDESHEER/Arno Melicharek
In Illmitzen (Kärnten) transportierten Hubschrauber des Bundesheeres am Wochenende Stromaggregate in die überschwemmten Gebiete
Luftaufnahme des Freibads in Leibnitz
APA/Kevin Harkam
Die Heftigkeit der Überflutungen illustriert dieses Bild vom Freitag: Das Freibadgelände im steirischen Leibnitz steht unter Wasser

Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die bei einer Dienstverhinderung wegen Teilnahme an einem Großschadensereignis- oder Bergrettungseinsatz Entgelt fortzahlen, gebührt nach den jeweiligen Landesgesetzen eine Abgeltung durch das Land. Beschäftigte beim Land Kärnten und den Gemeinden können um Sonderurlaub für Einsätze und Ausbildungen ansuchen.

Kaiser: „Leider eine neue Ära“

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) appellierte am Montag an den Bund, wegen der steigenden Unwettergefahr die Katastrophenschutzmittel aufzustocken: „Die Länder und Gemeinden werden es alleine nicht schaffen, es bricht leider eine neue Ära an.“

Er werde sich auch um Geld aus dem EU-Solidaritätsfonds bemühen, das für den Einsatz nach „Major Disasters“ – so der Fachausdruck – ausbezahlt wird. Davon abgesehen soll in Kärnten rasch Geld aus einem Soforthilfefonds für die vom Hochwasser Betroffenen fließen.

Pegelstände österreichischer Gewässer, Stand 7. August. Mehr Informationen per Klick.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sagte am Montag, der Katastrophenfonds sei „ausreichend dotiert“. Der finanzielle Schaden sei aber noch nicht abschätzbar. Schadenskommissionen der Länder und Gemeinden müssten den Bedarf erheben. Karner dankte den im Einsatz stehenden Polizistinnen und Polizisten sowie den Männern und Frauen der Freiwilligen Feuerwehr.

Neue Niederschlagshöchstwerte

Nach Angaben von GeoSphere Austria wurden in den vergangenen Tagen teils neue Höchstwerte bei den Niederschlagsmengen gemessen. In einigen Regionen in Kärnten und der Steiermark habe es von Donnerstag- bis Montagfrüh mehr geregnet als in einem durchschnittlichen gesamten August, hieß es.

In Bad Eisenkappel (Kärnten) regnete es in diesem August bereits 269 Liter pro Quadratmeter. Das ist schon jetzt mehr als beim bisherigen Höchstwert für die größte Regenmenge in einem gesamten August. Der alte Rekord stammt aus dem August 2014. Die Messstation besteht seit knapp 60 Jahren.

Katastrophenbeihilfe im Burgenland

Im Burgenland wurde die Katastrophenhilfe durch das Bundesheer unterdessen am Montag beendet. Seit Freitag waren vor allem im Raum Güssing bis zu 139 Soldatinnen und Soldaten im Assistenzeinsatz gestanden. Sie unterstützten die örtlichen Feuerwehren beim Errichten von Hochwassersperren und beim Befüllen von Sandsäcken – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.