Luftaufnahme des Flusses Combu im Amazonas in der Nähe von Belem, Brasilien
AP/Eraldo Peres
Treffen in Brasilien

Amazonas-Gipfel sagt Klimakrise Kampf an

Erstmals seit 14 Jahren sind die Staats- und Regierungschefs der südamerikanischen Amazonas-Länder wieder zu einem gemeinsamen Gipfeltreffen zusammengekommen. „Es war nie dringender als jetzt, diese Zusammenarbeit wieder aufzunehmen und auszubauen“, sagte der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva zu Beginn der Konferenz der Organisation der Kooperation im Amazonas-Gebiet (OTCA) angesichts der sich verschärfenden Klimakrise am Dienstag in Belem.

Das Treffen der Vertreter aus acht Amazonas-Staaten sei „wegweisend“, so Lula am Dienstag vor dessen Eröffnung. Es markiere einen „Wendepunkt in der Geschichte des Schutzes des Amazonas und des ökologischen Wandels“. Der OCTA-Vertrag war 1978 von Bolivien, Brasilien, Ecuador, Guyana, Kolumbien, Peru, Surinam und Venezuela geschlossen worden. Auch Deutschland und Norwegen sind als Hauptunterstützer des Amazonas-Fonds in Belem vertreten. Der Gipfel soll nach Angaben des brasilianischen Außenministeriums eine „ehrgeizige“ Erklärung verabschieden und politische Vorgaben machen, die die Länder über die kommenden Jahre umsetzen sollen.

Brasilien hat versprochen, die illegale Abholzung bis 2030 vollständig zu verhindern. Es drängt die anderen Länder, diesem Vorbild zu folgen. Bei dem Amazonas-Gipfel wollen sich die OCTA-Länder zudem auf eine gemeinsame Position für die UNO-Klimakonferenz COP28 in Dubai Ende des Jahres einigen. Der Amazonas-Regenwald gilt als CO2-Speicher und hat eine wichtige Funktion im internationalen Kampf gegen den Klimawandel.

Brasilianischer Präsident Luiz Inacio Lula Da Silva
AP/Eraldo Peres
Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva bei der Eröffnung der Konferenz

Lula nahm am Dienstag zusammen mit seinen Kollegen aus Bolivien, Kolumbien und Peru an dem Treffen teil, während Ecuador, Guyana und Surinam durch Minister vertreten waren. Venezuelas Präsident Nicolas Maduro wurde kurzfristig von seiner Vizepräsidentin Delcy Rodriguez vertreten.

Lula: Die Welt muss uns helfen

Lula besteht auch darauf, dass alle Länder eine Verantwortung für die Rettung des Amazonas teilen. „Die Welt muss uns helfen, den Amazonas zu erhalten und zu entwickeln“, sagte er im Vorfeld. Die Klimaforscherin Paola Arias von der Universität von Antioquia in Kolumbien unterstreicht, dass andere Weltregionen wie Europa und Nordamerika durch ihre Agrarimporte aus dem Amazonas-Gebiet eine Mitverantwortung trügen: Die Vernichtung des Amazonas-Walds sei „nicht nur die Schuld der Amazonas-Länder“.

Zum Auftakt des Gipfels forderte Lula die Teilnehmerländer dazu auf, „dringende“ gemeinsame Maßnahmen zu ergreifen, um die Zerstörung des größten Regenwaldes der Erde aufzuhalten. Der Kampf gegen die Abholzung sei dabei von grundlegender Bedeutung, um der „dramatischen Verschärfung des Klimawandels“ zu begegnen, sagte er in seiner Eröffnungsrede.

Luftaufnahme eines brennenden Abschnitts des Amazonas bei Humaita, Brasilien
Reuters
Der Amazonas ist auch vor Brandstiftung nicht gefeit

Antrittsversprechen soll umgesetzt werden

Mit dem Treffen will Lula sein Regierungsmotto „Brasilien ist zurück“ umsetzen, nachdem sich das Land unter seinem ultrarechten Vorgänger Jair Bolsonaro weitgehend aus dem globalen Kampf gegen den Klimawandel ausgeklinkt hatte.

In Bolsonaros Amtszeit von 2019 bis 2022 hatten Abholzungen und Brandrodungen stark zugenommen, Bei seinem Amtsantritt Anfang des Jahres hatte Lula versprochen, den Umwelt- und Klimaschutz wieder zu stärken. In jüngster Zeit ging die Polizei mit Großeinsätzen gegen Holzfäller, Farmer und illegale Goldsucher vor.

Ehemaliger brasilianischer Präsident Jair Bolsonaro
Reuters/Ueslei Marcelino
Der ehemalige brasilianische Präsident, der Ultrarechte Jair Bolsonaro

Fachleute warnen: Amazonas nähert sich Kipppunkt

Die jährliche Vernichtung des Amazonas-Walds unter Bolsonaro hatte zwischen 2019 und 2022 um dramatische 75 Prozent zugenommen. Seit Lulas Amtsantritt im Jänner ist die Abholzung bereits durchschnittlich um gut 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Die jüngsten Maßnahmen zeigen offenbar bereits ebenfalls Wirkung: Im Juli sank die Abholzung im brasilianischen Amazonas-Gebiet laut vorläufiger Daten um 66 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Nahaufnahme eines Baums im Amazonas in der Provinz Pastaza in Brasilien
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Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten gibt es im Amazonas – diese Reichhaltigkeit ist schützenswert

Der Amazonas gilt als „grüne Lunge“ des Planeten. Sein Regenwald nimmt in gigantischen Mengen Kohlendioxid aus der Erdatmosphäre auf und wirkt damit der Erderwärmung durch dieses Treibhausgas entgegen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen jedoch, dass sich der Amazonas-Wald einem Kipppunkt nähert, von dem an seine Bäume absterben und das gespeicherte Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre abgeben würden. Das hätte katastrophale Folgen für das Erdklima.

Etwa ein Fünftel bereits vernichtet

Bereits im Jahr 2020 waren die Kohlendioxidemissionen des Amazonas um 117 Prozent im Vergleich zum Jahresdurchschnitt der Jahre 2010 bis 2018 gestiegen, wie aus jüngsten Zahlen des brasilianischen Instituts für Raumforschung (INPE) hervorgeht. Rund 60 Prozent des Amazonas-Walds befinden sich in Brasilien. Etwa ein Fünftel des Waldes ist bereits vernichtet worden.

Rinderfarm im Amazonas bei Virola-Jatoba in Anapu, Brasilien
Reuters/Nacho Doce
Rinderfarm auf einem gerodeten Gebiet im Amazonas bei Virola-Jatoba in Anapu in Brasilien

Lula will nach eigenen Worten mit den Nachbarstaaten das Amazonas-Becken wirtschaftlich entwickeln, „ohne es zu zerstören“. Die Staats- und Regierungschefs sowie Minister wollen über eine nachhaltige Entwicklung der Region beraten, in der 50 Millionen Menschen leben – darunter Hunderte von indigenen Gruppen, die beim Schutz des Regenwalds eine entscheidende Rolle spielen.

Ziel des aktuellen Treffens sei es, den Umweltschutz mit einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und der Schaffung von Arbeitsplätzen in Einklang zu bringen, sagte Lula. „Ein Amazonas-Gebiet mit grüneren Städten, sauberer Luft, Flüssen ohne Quecksilber und gesundem Wald. Ein Amazonas-Gebiet mit Essen auf dem Tisch, menschenwürdiger Arbeit und öffentlichen Dienstleistungen, die allen zur Verfügung stehen. Ein Amazonas-Gebiet mit gesünderen Kindern, willkommenen Migranten, respektierten indigenen Völkern und hoffnungsvolleren jungen Menschen. Das ist unser amazonischer Traum.“

Die Abholzung im Amazonas ist vor allem der Rinderzucht geschuldet. Brasilien ist der weltgrößte Exporteur von Rindfleisch und Soja. Ein treibender Faktor ist aber auch die Mischung aus Korruption, Landraub und organisiertem Verbrechen in dem Land. Kriminelle Banden mischen im Handel unter anderem mit Holz und Gold mit.