Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
Reuters/Kacper Pempel
Nach Turbulenzen

Italien schwächt Steuer auf Bankgewinne ab

Die Ankündigung Italiens, eine Sondersteuer auf Bankgewinne einzuführen, hat für heftige Börsenturbulenzen gesorgt. In der Nacht auf Mittwoch ruderte die Regierung nun zurück – und setzte eine Obergrenze fest, um die Märkte zu beruhigen. In Rom verteidigt man das Vorhaben weiterhin.

Die überraschende Entscheidung für eine Übergewinnsteuer hatte am Dienstag Aktien der italienischen Geldhäuser auf dem Finanzmarkt abstürzen lassen. Das Finanzministerium versuchte daraufhin am späten Abend die Märkte zu beruhigen. Es teilte mit, die Einnahmen aus der Steuer würden 0,1 Prozent der Bilanzsumme der Institute nicht überschreiten.

Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will mit der Steuer Gewinne abschöpfen, die die Geldhäuser mit Hilfe der Zinsentwicklung einfahren. Laut Schätzungen, schreibt die „Financial Times“ („FT“), hätten ursprünglich auf diesem Weg rund 4,5 Mrd. Euro zusammenkommen sollen, nun wird der Betrag, der 2023 einmalig erhoben werde, auf 1,8 Mrd. Euro geschätzt, so die „FT“.

Salvini verteidigt Steuer

Die italienische Regierung verteidigte indes ihr Vorhaben. „Teil der höheren Gewinne, die die Banken in diesem Jahr allein aufgrund der fehlgeleiteten Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) erzielen werden, sollen zur Unterstützung der Familien verwendet werden“, kommentierte der stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini.

Hauptquartier der UniCredit in Mailand
Reuters/Stefano Rellandini
Die Banken sollen nach Plänen Roms besteuert werden

„Einige Banker bedauern unseren Beschluss. Wir sprechen allerdings von einem Bankensektor, der Milliarden verdient, ohne einen Finger zu rühren, und das dank der EZB-Beschlüsse. Es ist eine wirtschaftliche und soziale Pflicht, Teil dieser Gewinne den Italienern zurückzugeben“, sagte er im Interview mit dem Radiosender Radio 1.

Meloni sieht Zinsentwicklung als Auslöser

Auch Ministerpräsidentin Meloni verteidigte die Sondersteuer für Banken. „Das Geld wird zur Finanzierung von Maßnahmen zur Unterstützung von Familien und Unternehmen verwendet, die aufgrund der Zinsentwicklung eine schwierige Zeit durchmachen“, sagte Meloni in einer Videobotschaft. „Wir erleben eine komplizierte wirtschaftliche und finanzielle Phase, auch wegen der Inflation in ganz Europa, auf die die EZB mit einer Maßnahme reagiert hat, über die wir diskutieren können“, so die Ministerpräsidentin.

Durch den Anstieg der Zinssätze werden italienische Unternehmen und Haushalte im Jahr 2023 5,4 Mrd. Euro und im Jahr 2024 neun Mrd. Euro mehr Zinsen zahlen müssen, also fast 14,4 Mrd. Euro in zwei Jahren, geht aus Schätzungen des italienischen Handelsverbands Confesercenti hervor. Bis 2024 werden 185 Mrd. Euro Kredite fällig, die nur zu höheren Zinssätzen als bei der ursprünglichen Zeichnung verlängert werden können.

Entscheidung traf Märkte offenbar unvorbereitet

In Italien traf die Regierungsentscheidung Analystinnen und Analysten zufolge den Finanzmarkt unvorbereitet – was das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger geschädigt habe. Italiens Regierung hatte schon zuvor die Idee einer Bankensteuer ins Spiel gebracht. Doch sie schien zuletzt die Pläne fallenlassen zu wollen.

Die Entscheidung zugunsten der Steuer fiel dann selbst für Minister überraschend, die Montagabend zu einer Kabinettssitzung zusammengekommen waren. Italiens Bankaktien waren daraufhin am Dienstag 7,6 Prozent in den Keller gerauscht. Die Aktie des Branchenprimus Intesa Sanpaolo büßte 8,6 Prozent ein – Titel des mittelgroßen Instituts BPER sackten sogar um 10,9 Prozent ab.

Finanzministerium drängte auf Lösung

Eine Person, die mit den Gesprächen innerhalb der Regierung vertraut ist, sagte der „FT“, das Finanzministerium habe darauf gedrängt, eine Lösung zu finden, die die Märkte zumindest „teilweise beruhigen würde“. Das Finanzministerium erklärte, die Obergrenze ziele „darauf ab, die finanzielle Stabilität der Kreditgeber zu sichern“. Ein leitender Bankangestellter in Mailand sagte dem Blatt, das Hin und Her sei „schockierend“, aber es sei ein Zeichen dafür, dass die Regierung die negativen Reaktionen zur Kenntnis genommen habe.

Italienische Bankaktien erholten sich am Mittwoch etwas von ihren Vortagesverlusten. Die Aktie von Intesa Sanpaolo gewann im frühen Handel zeitweise drei Prozent, die der Bank-Austria-Mutter UniCredit 3,3 Prozent.

Brunner: Steuer derzeit nicht vorgesehen

Auch andere europäische Länder wie Spanien und Ungarn haben bereits Sondersteuern für Banken eingeführt. In Österreich gibt es eine solche Sondersteuer für den Sektor nicht. Der Vorstoß der italienischen Regierung rief am Dienstag die FPÖ auf den Plan, die sich für eine Maßnahme nach italienischem Vorbild aussprach.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sieht jedoch keinen aktuellen Bedarf. Das „ist derzeit nicht vorgesehen“, sagte er am Mittwoch im Ö1-Mittagsjournal. Er verwies auf Maßnahmen der Banken, um Kundenfreundlichkeit und Transparenz zu stärken, hier gebe es laufend Gespräche, das weiter auszubauen. Man müsse schauen, wie die Banken die derzeitige Situation noch verbessern könnten, so der Minister.

Die FPÖ sah eine enorme „Schieflage bei Soll- und Habenzinsen“ und sprach sich deshalb für eine derartige Steuer aus. „Die Europäische Zentralbank erhöht in immer schnelleren Schritten den Leitzins, der nun bereits bei 4,25 Prozent liegt. Vielen Kreditkunden ist damit die Rückzahlung ihres Bau- oder Wohnkredites mittlerweile unmöglich geworden. Österreichs Banken fahren jedoch einen Rekordgewinn nach dem anderen ein. Die Sparer jedoch gehen durch minimale Habenzinsen quasi leer aus“, so FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl und der freiheitliche Budget- und Finanzsprecher Hubert Fuchs.