„Jugendbericht“: „Selbsterhaltung“ rückte in Mittelpunkt

Heute ist in Wien der „8. Bericht zur Lage der Jugend in Österreich“ vorgestellt worden. Er wird planmäßig einmal pro Legislaturperiode veröffentlicht. Zuletzt wurde er allerdings 2016 publiziert.

Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier erklärte die Vorgehensweise: „Die Daten wurden aus mehreren Vorstudien zusammengefasst.“ Drei Jahre sei Material von verschiedenen Forschungsinstituten gesammelt worden. Es handle sich also um eine Metastudie.

Individualismus und Gemeinwohl

Generell sei durch die diversen Krisen der vergangenen Jahre die „Selbsterhaltung“ in den Mittelpunkt gerückt, so Heinzlmaier. Individualismus stehe hier dem Wunsch nach Gemeinwohl gegenüber.

Bei der Frage, was im Leben besonders wichtig ist, sei „Gesundheit durch Covid an die erste Stelle gekommen“, sagte der Jugendforscher. 57 Prozent der Jugendlichen bezeichnen dieses Thema als zentral.

Die Ergebnisse seien zum Teil widersprüchlich, sagte Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) heute bei der Präsentation: „Österreichs Junge sind weltoffen, wertkonservativ und vorsichtig.“ Weitere wichtige Themen seien Altersvorsorge, Klimakrise und psychische Gesundheit.

Hälfte will Eigenheim

Sorgen bereiten der Jugend vor allem die Themen Teuerung (44 Prozent), Inflation (35) und Kriege (34). Danach folgen Klimakrise mit 29 und psychische Gesundheit mit 28 Prozent. Diese beiden Bereiche wurden im Vergleich mit der Babyboomer-Generation besonders häufig genannt. Heinzlmaier: „Junge denken eher ans Klima und sind liberaler in Migrationsfragen – da gibt es einen massiven Unterschied.“

Die Hälfte der Jugendlichen wünscht sich zudem ein Leben in einem Eigentumshaus. Dem stehe aber die Finanzierung entgegen, so Plakolm: „Die aktuelle Kreditlinie halte ich für gefährlich und realitätsfern.“ Problematisch seien auch hohe Baukosten und Zinsen, viele würden deshalb resignieren. „Wir brauchen Motivation für Anstrengung“, so Plakolm. Nur 20 Stunden zu arbeiten sei auf Dauer „gefährlich“. In diesem Zusammenhang wiederholte sie auch ihren Vorschlag einer Aktienpension.

SOS-Kinderdorf für mehr Therapieplätze

Reaktionen zum Tag der Jugend und dem Jugendbericht kamen von verschiedenen Organisationen. SOS-Kinderdorf wies in einer Aussendung etwa auf die psychische Belastung von Jugendlichen hin und forderte mehr kassenfinanzierte Therapieplätze und psychologische Unterstützung an Schulen.

Ähnlich lauteten die Forderungen der Bundesjugendvertretung, die sich außerdem auch mehr Zukunftsperspektiven für Jugendliche wünschte. Für ein höheres Lehrlingseinkommen und mehr Mitbestimmung für Jugendliche im politischen Diskurs plädierte unterdessen die Österreichische Gewerkschaftsjugend.

Kritik an Plakolm

Scharfe Kritik an Plakolm kam von der Sozialistischen Jugend (SJ). Plakolm nehme junge Menschen etwa bei den Themen Wohnen und Work-Life-Balance nicht ernst und sei „das junge Gesicht des alten Systems“, hieß es in einer Pressemitteilung.

Die Freiheitliche Jugend monierte in einer Aussendung, die Jugendstaatssekretärin solle Jugendarbeit machen, statt auf die „eigene Generation hinzuhauen“.

Erfreut über Plakolms Diskussionsbereitschaft in Sachen Pensionssystem zeigten sich unterdessen NEOS und JUNOS. Wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht, sah JUNOS die Forderung nach einer Aktienpension aufgegriffen, NEOS lud Plakolm zu einem gemeinsamen Jugendgipfel ein.