Ecuadorianische Soldaten kontrollieren ein Auto
AP/Cesar Munoz
Tödliches Attentat

FBI hilft Ecuador bei Ermittlungen

Nach dem tödlichen Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio in Ecuador wird die US-Bundespolizei FBI bei den Ermittlungen helfen. Er habe das FBI um Unterstützung gebeten, teilte Präsident Guillermo Lasso am Donnerstagabend (Ortszeit) mit. Das FBI habe dem „Wunsch entsprochen“, so Lasso weiter. Zugleich gab es im Zusammenhang mit dem Mord erste Festnahmen, wie das Innenministerium bestätigte.

Die Nationalitäten der Festgenommenen wurden vom Ministerium nicht bestätigt, lediglich die Festnahmen als solche. Berichten zufolge soll es sich um sechs Männer aus Kolumbien handeln, die sich im Bereich der organisierten Kriminalität bewegen. Sie hätten sich in einem Haus in der Hauptstadt Quito versteckt, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Polizeibeamte hätten Schrotflinten, ein Gewehr, Munition, Granaten sowie ein Fahrzeug und ein Motorrad beschlagnahmt.

Villavicencio, der sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben hatte, war Mittwochabend nach einer Wahlkampfveranstaltung in Quito von noch unbekannten Tätern unter Beschuss genommen worden. Laut Medien wurde er dreimal in den Kopf getroffen. Zumindest neun weitere Menschen wurden bei dem Attentat verletzt. Bilder und Videos zeigen blutüberströmte Opfer, verzweifelte Helfer sowie Menschen, die auf dem Boden liegend Schutz suchen und nach Hilfe schreien.

60-tägiger Ausnahmezustand verhängt

Einer der mutmaßlichen Attentäter sei bei einem Schusswechsel mit der Polizei verletzt worden und auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben, sagte Präsident Lasso. Die Angreifer hätten noch eine Granate in die Menge geworfen. Diese sei aber nicht explodiert und später entschärft worden. Der Akt wurde national wie international einhellig verurteilt, im Land wurde ein 60-tägiger Ausnahmezustand verhängt sowie eine dreitägige Staatstrauer angeordnet.

Fernando Villavicencio bei der Wahlkampfveranstaltung in Quito am 9. August 2023
AP/API
Fernando Villavicencio bei der Wahlkampfveranstaltung in Quito am 9. August 2023, dem Tag seiner Ermordung

„Versuch, den Wahlprozess zu sabotieren“

An der für den 20. August angesetzten Wahl soll aber festgehalten werden. „Dies ist ein politisches Verbrechen mit terroristischem Charakter, und wir bezweifeln nicht, dass dieser Mord ein Versuch ist, den Wahlprozess zu sabotieren“, erklärte Lasso. Im gesamten Staatsgebiet seien die Streitkräfte mobilisiert worden, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, die Ruhe sowie freie und demokratische Wahlen zu gewährleisten.

Auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) rief Ecuadors Regierung auf, für die Sicherheit der Kandidaten bei der anstehenden Wahl zu sorgen und die Tat lückenlos aufzuklären. Der US-Botschafter in Ecuador, Mike Fitzpatrick, zeigte sich ebenfalls „zutiefst bestürzt“. „Die US-Regierung verurteilt diesen Anschlag aufs Schärfste und bietet sofortige Ermittlungshilfe an“, so der Botschafter.

Einsatzkräfte vor Krankenhaus in Quito
AP/Juan Diego Montenegro
Zumindest neun Personen wurden bei dem Attentat auf Villavicencio verletzt

EU-Außenbeauftragter Josep Borrell bezeichnete in einer Stellungnahme am Donnerstag den „tragischen Gewaltakt“ als „Angriff auf die Institutionen und die Demokratie in Ecuador“. Die Täter müssten vor Gericht gestellt werden, zugleich aber auch alle Kandidatinnen und Kandidaten geschützt werden. Das sei „von entscheidender Bedeutung, um einen freien demokratischen Wahlprozess zu gewährleisten“, so Borrell.

Videos aufgetaucht

In den sozialen Netzwerken tauchte am Donnerstag ein Video auf, in dem mutmaßliche Mitglieder des Verbrechersyndikats Los Lobos die Verantwortung für den Anschlag übernehmen. „Wenn die korrupten Politiker, die mit unserem Geld, mit Millionen von Dollar ihre Wahlkämpfe finanzieren, ihren Versprechen nicht nachkommen, werden sie getötet“, sagte darin ein vermummter Sprecher vor einem Dutzend bewaffneter Männer.

Kurz darauf tauchte allerdings ein zweites Video auf. In diesem behaupteten unmaskierte Mitglieder von Los Lobos, nicht für das Attentat verantwortlich zu sein. Los Lobos sind nach Angaben des Fachportals Insight Crime die zweitgrößte kriminelle Bande in Ecuador mit rund 8.000 Mitgliedern. Das Verbrechersyndikat ist vor allem im Drogenhandel aktiv.

Gewalt eskaliert

Ecuador liegt auf der Transitroute des Kokains, das vor allem in anderen südamerikanischen Ländern wie Kolumbien, Bolivien und Peru hergestellt wird und das Drogenkartelle dann in die USA und nach Europa schmuggeln. Das bringt Gewalt und Korruption mit sich – immer wieder kommt es in diesem Zusammenhang zu blutigen Revolten in überfüllten Gefängnissen, die teils von Gangs wie Los Lobos kontrolliert werden

Die Mordrate von 25 Tötungsdelikten je 100.000 Einwohnern 2022 war die höchste in der Geschichte des Landes und überstieg sogar jene von Mexiko und Brasilien. Präsident Lasso hatte im April die Waffengesetze gelockert und den Bürgern und Bürgerinnen das Tragen von Waffen erlaubt. Die Regierung macht vor allem die Drogenkartelle für die Gewalt verantwortlich.

Präsident von Ecuador Guillermo Lasso
APA/AFP/Ecuadorian Presidency
Der amtierende Präsident Lasso bezeichnete die Täter als „Auftragskiller“

Kampf gegen Korruption

Gegen Gewalt und Korruption im Staat war der nun ermordete Kandidat Villavicencio zu Felde gezogen. Medienberichten zufolge hatte Villavicencio erst vergangene Woche Drohungen gegen ihn und sein Team von einem Drogenpaten erhalten. Villavicencio hatte an einer Untersuchung mitgewirkt, um ein umfangreiches Korruptionsnetzwerk ans Licht zu bringen, in das der ehemalige linksgerichtete Präsident verwickelt war.

Rafael Correa, der das Land zwischen 2007 und 2017 regierte, brachten Villavicencios Recherchen vor Gericht. Der Ex-Präsident floh nach Belgien und wurde 2020 in Abwesenheit zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.

„Sie haben die Demokratie getötet“

Villavicencio Schwester Patricia machte die Regierung für den Angriff verantwortlich. „Sie haben die Demokratie getötet“, sagte sie örtlichen Medien zufolge. „Sie wollten nicht, dass die Korruption aufgedeckt wird. Nun werden wir als Familie verfolgt. Sie werden uns aber nicht zum Schweigen bringen.“

Villavicencio bewarb sich als Kandidat der Bewegung Construye (dt.: Baue) um das höchste Staatsamt und lag nach jüngsten Umfragen auf dem vierten oder fünften Platz. Die Wahl war nötig geworden, nachdem Lasso zuletzt inmitten eines Amtsenthebungsverfahrens gegen ihn wegen mutmaßlicher Unterschlagung die Nationalversammlung aufgelöst hatte. Er selbst stellt sich nicht der Wiederwahl.