Frau im Home Office
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Amazon-Vorstoß

Verschärfter Kurs gegen zu viel Homeoffice

„Wir erwarten, dass Sie ab sofort an drei oder mehr Tagen pro Woche ins Büro kommen“: Mit dieser Aufforderung hat sich der weltgrößte Onlinehändler in den USA an all jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandt, die zuletzt mehr als die vorgegebene Zeit im Homeoffice verbracht haben könnten. In den USA drängten zuletzt auch andere IT-Konzerne wie Google und Zoom zu einer stärkeren Präsenz im Büro. Medienberichten zufolge sorgt der von Amazon verfolgte Ansatz nun vor allem unternehmensintern für Debatten.

Die E-Mail mit der zitierten Aufforderung ging nach Angaben der „Financial Times“ („FT“) an all jene Beschäftigte, die sich in den vergangenen Wochen zu wenig oft, konkret „in weniger als fünf der letzten acht Wochen an weniger als drei Tagen die Woche“, mittels Mitarbeiterausweis eingestempelt haben. Amazon habe nach Beschwerden von einigen Beschäftigten in Folge eingeräumt, dass „es Fälle geben kann, in denen wir uns geirrt haben“, so die „FT“, die so wie andere Medien aber auch Datenschutzbedenken äußert.

Das IT-Portal GeekWire erinnert in diesem Zusammenhang etwa an Amazon-Aussagen, laut denen beim Durchziehen des Mitarbeiterausweises an sich nur anonymisierte Daten weitergegeben würden, „um beispielsweise einen Gesamtüberblick darüber zu erhalten, wie viele Mitglieder eines Teams ins Büro kommen“. Auch GeekWire verweist auf die irrtümlich für zu viel Homeoffice gerügten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie das IT-Portal mit Verweis auf Insiderangaben dazu weiter berichtet, habe ein Betroffener in einem internen Chat dazu etwa die Frage gestellt, ob man künftig mittels Selfies die Präsenz im Büro beweisen müsse.

Starker Gegenwind von Belegschaft

Die seit 1. Mai bei Amazon wieder geltende Anwesenheitspflicht stieß bei der Belegschaft von Anfang an auf wenig Gegenliebe. Deutlich macht das ein nach wie vor offenbar intensiv genutzter, allein zu diesem Anlass initiierter interner Slack-Kanal. Dazu kommen eine von rund 30.000 Amazon-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern unterschriebene Petition und ein Streik im Juni.

Amazon-CEO Andy Jassy kündigte bereits im Februar an, seine Belegschaft wieder zurück ins Büro holen zu wollen. „Es ist nicht einfach, Tausende von Mitarbeitenden in unsere Büros auf der ganzen Welt zurückzubringen. Deshalb werden wir den Teams, die diese Arbeit erledigen müssen, etwas Zeit geben, um einen Plan zu entwickeln“, wie Jassy damals per Aussendung weiter mitteilte.

Mit der nun offenbar erfolgten Verschärfung der Maßnahmen ist Amazon nicht allein. Der „Guardian“ erinnert hier etwa an Apple, wo es bereits seit März Strafandrohungen gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die die nicht in Teilzeit ins Büro zurückkehren wollen. Als weiteres Beispiel nennt die Zeitung Twitter (X), wo nur kurz nach der Übernahme durch Elon Musk wieder Vollzeit im Büro eingeführt worden sei.

„Strukturierter, hybrider Ansatz“

Eine verschärfte Vorgangsweise gibt es auch bei Google und Zoom. Bei Google werden jetzt pro Woche drei Arbeitstage im Büro erwartet. Der Belegschaft habe das Unternehmen laut „FT“ dazu nahegelegt, dass sich die verweigerte Rückkehr ins Büro „auf die Leistungsbeurteilung auswirken kann“.

Selbst beim Videokonferenzunternehmen Zoom und damit einem der großen Homeoffice-Profiteure will man die Belegschaft jetzt wieder verstärkt ins Büro zurückholen. Wie ein Unternehmenssprecher gegenüber Bloomberg dazu ausführte, werde nun „ein strukturierter, hybrider Ansatz“ verfolgt. Dieser sieht vor, dass Angestellte, die in einem Umkreis von 80 Kilometern eines Büros leben, jetzt an mindestens zwei Tagen in der Woche dort auch arbeiten müssen.

Mehrheit nicht an Vollzeit im Büro interessiert

Gleichzeitig legen Umfragen besonders für den IT-Bereich weiterhin eine große Beliebtheit und auch Anwendung von Homeoffice nahe. Der „Guardian“ verweist hier auf eine Morning-Consult-Studie, lautder mit 85 Prozent die Mehrheit der Tech-Beschäftigten „jetzt entweder hybrid oder vollständig remote“ arbeite. Drei von fünf der Befragten seien zudem „nicht daran interessiert, in Vollzeit ins Büro zurückzukehren“.