Hunter Biden, Sohn von US-Präsident Joe Biden
AP/Julio Cortez
Juristischer Rückschlag

Sonderermittler gegen Bidens Sohn eingesetzt

Hunter Biden, der Sohn von US-Präsident Joe Biden, kommt nicht aus den Schlagzeilen. US-Justizminister Merrick Garland hat einen Sonderermittler für die laufenden Untersuchungen gegen ihn eingesetzt. Ein eigentlich im Juni ausgehandelter Deal mit der Staatsanwaltschaft ist jetzt hinfällig – das Verfahren geht weiter. Und damit wird Hunter Biden auch den Präsidentschaftswahlkampf seines Vaters überschatten.

Wie Garland am Freitag auf einer Pressekonferenz in Washington sagte, erhält Staatsanwalt David Weiss aus dem Bundesstaat Delaware, der bereits die Ermittlungen gegen Hunter Biden leitet, den Status eines Sonderermittlers. Dem Präsidentensohn werden Verstöße gegen das Steuer- und Waffenrecht zur Last gelegt.

Hunter Biden hatte im Juni eigentlich eine Einigung mit der Bundesstaatsanwaltschaft erzielt. Bei zwei Steuervergehen wollte er sich schuldig bekennen, bei einem Verstoß gegen das Waffenrecht sollte alles auf eine Diversion hinauslaufen. Allerdings verweigerte Ende Juni die zuständige Richterin den vorgelegten Deal und verlangte Änderungen. Laut Weiss sind die Verhandlungen über den Deal mittlerweile gescheitert.

US-Justizminister Merrick Garland
Reuters/Bonnie Cash
Justizminister Merrick Garland bei der überraschend einberufenen Pressekonferenz

Steuerverfahren und illegaler Waffenbesitz

Gegen Hunter Biden laufen bereits seit mehreren Jahren Ermittlungen, unter anderem mit Blick auf mögliche Steuervergehen. Laut Staatsanwaltschaft betrug Hunter Bidens steuerpflichtiges Einkommen in den Jahren 2017 und 2018 mehr als 1,5 Millionen US-Dollar (rund 1,37 Millionen Euro). Die auf Bundesebene fällige Einkommensteuer in Höhe von jeweils mehr als 100 000 US-Dollar habe er in beiden Jahren jedoch nicht rechtzeitig bezahlt. Hunter Biden wollte sich dazu eigentlich schuldig bekennen, laut dem jetzt gescheiterten Deal wäre eine Bewährungsstrafe die Folge gewesen.

Wesentlich heikler war das Verfahren wegen illegalen Waffenbesitzes. Biden soll nämlich falsche Angaben über seinen Drogenkonsum gemacht haben, als er eine Handfeuerwaffe gekauft hatte. Eine Anklage in diesem Fall wäre äußerst peinlich für die regierenden US-Demokraten gewesen, die sich für schärfere Waffengesetze starkmachen.

Reue und Genesung

Bidens Verteidiger argumentierten, dass Biden ein genesender Süchtiger ist, dem relativ geringfügige Vergehen vorgeworfen werden – die Art von Fällen, die normalerweise nicht von den Bundesbehörden verfolgt werden. Sie mutmaßen, dass die Ermittlungen schon längst eingestellt worden wären, wenn er nicht der Sohn des Präsidenten wäre. Ihr Mandant wolle nun die Verantwortung für seine Fehler übernehmen.

Sonderermittler gegen Bidens Sohn eingesetzt

US-Justizminister Merrick Garland hat einen Sonderermittler zu Untersuchungen gegen Hunter Biden eingesetzt. Dem Sohn von US-Präsident Joe Biden werden Verstöße gegen das Steuer- und Waffenrecht zur Last gelegt. Damit wird Hunter Biden auch den Präsidentschaftswahlkampf seines Vaters überschatten.

Gleichzeitig strichen die Verteidiger die schwierigen Lebensumstände heraus. Denn die Fehler habe er „in einer Zeit der Turbulenzen und der Sucht in seinem Leben gemacht. Er freut sich darauf, seine Genesung fortzusetzen und nach vorne zu blicken“, zitierte die „Washington Post“ aus den Anwaltsunterlagen.

Republikaner-Kritik an Sonderermittler

Etliche Republikaner stellten unterdessen die Unabhängigkeit von Weiss infrage, weil dieser die Untersuchungen schon zuvor geleitet hatte. Der Schritt gegen Biden sei eine Vertuschungsaktion, monierte Republikaner James Comer, der einem mächtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses vorsteht. Der Vorsitzende der Kongresskammer, Kevin McCarthy, zweifelte an, dass man Sonderermittler Weiss trauen könne.

Meistens ein Nebendelikt

Bidens Waffenkauf hatte Ende 2018 stattgefunden, laut seiner eigenen Autobiografie konsumierte er damals Crack und Kokain, gab das aber in den Papieren für den Waffenkauf nicht an. Laut Medienberichten besaß er die Waffe weniger als zwei Wochen, seine damalige Freundin warf sie einfach in einen Mistkübel in Delaware. Dass nun eine Diversion zustande kommt, ist laut Rechtsexperten nicht ungewöhnlich. Derartige Falschangaben würden meist nur als Nebendelikt zu einem Gewaltverbrechen verfolgt, sagte Adam Winkler, Jusprofessor an der UCLA, der „Washington Post“.

US-Medien spekulieren nun, was Sonderermittler Weiss vorhat. Zum einen könnte er die beiden Fälle vor Gericht bringen wollen. Er stellte umgehend den Antrag, die Steuervergehen nicht in Delaware zu verhandeln. Möglicherweise möchte er aber auch weitere Ermittlungen wegen möglicher weiterer Vergehen von Hunter Biden führen.

Untersuchungen seit 2018

Eingeleitet wurden die Untersuchungen gegen Hunter Biden 2018, noch während der Präsidentschaft von Donald Trump. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob Biden Steuern auf Gelder hinterzogen hat, die er von Geschäftskunden im Ausland erhalten hat. Biden wurde schon zuvor vorgeworfen, die politische Karriere seines Vaters zu seinem Vorteil ausgenutzt zu haben.

Im Mittelpunkt steht dabei seine Geschäftstätigkeit in der Ukraine und in China – sie reicht bis in die Zeit zurück, als sein Vater Vizepräsident unter Barack Obama (2009 bis 2017) war. Nach der russischen Annexion der Halbinsel Krim 2014 betraute Obama Joe Biden mit den Ukraine-Agenden. Praktisch gleichzeitig zog sein Sohn in den Vorstand des gewichtigen ukrainischen Gasproduzenten Burisma ein, der in einige Korruptionsaffären verwickelt war.

Trump-Telefonat führte zu Amtsenthebungsverfahren

Und das versuchte Trump zu nutzen: Wie durch einen CIA-Whistleblower bekanntgeworden war, hatte Trump im Juli 2019 in einem Telefonat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gedrängt, Korruptionsermittlungen gegen Hunter Biden aufzunehmen. Trump wurde in der Folge vorgeworfen, US-Militärhilfe an diese „Bitte“ geknüpft zu haben. Nach Bekanntwerden wurde ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet, das aber durch die Republikaner im Kongress abgelehnt wurde.

Laptop sorgte für Verwirrung und Gerüchte

Die Wirrnisse um Biden erhielten zusätzlichen Sprengstoff durch Daten von seinem Laptop. Im April 2019 soll er diesen im US-Bundesstaat Delaware zur Reparatur gebracht, aber nie abgeholt haben. Der Inhaber des Computershops, ein Anhänger des damaligen US-Präsidenten Trump, übergab den Laptop schließlich im Dezember 2019 dem FBI und beantragte eine Untersuchung des Inhalts. Zuvor hatte er zwei Kopien der Festplatte angefertigt, von denen eine im September 2020 in den Besitz von Trumps Anwalt Rudy Giuliani gelangte.

Die Festplatte enthielt 217 Gigabyte an Daten, darunter Zehntausende Textnachrichten und E-Mails. Was sich in diesen Daten alles befand, sorgte monatelang für Spekulationen bis hin zu Verschwörungstheorien. Manche veröffentlichte Daten dürften sich tatsächlich auf dem Laptop befunden haben, manche Veröffentlichungen waren offenbar gefälscht. Die große Aufregung und angebliche Skandale blieben bisher jedoch ein Sturm im Wasserglas.

Bürde im Wahlkampf

War die Aussicht auf einen Vergleich im Juni als Punktesieg für Biden gesehen worden, so ist die Fortsetzung der Ermittlungen ein Rückschlag für den Präsidentschaftswahlkampf. Die Republikaner werden wohl versuchen, Hunter Bidens rechtlichen Probleme direkt mit seinem Vater in Verbindung zu bringen. Für Joe Biden wiederum ist es eine Gratwanderung: Er hatte mit Amtsantritt versprochen, dass die Justiz ohne politische Interventionen ihre Arbeit machen dürfe. Insofern muss er auch bei schweren Attacken eher zurückhaltend agieren. Gleichzeitig betonte er bisher, hinter seinem Sohn zu stehen.

Hunter Biden ist der zweite Sohn des Präsidenten. Sein älterer Bruder Beau Biden starb 2015 an einem Hirntumor. Hunter und Beau hatten als Kinder einen schweren Autounfall überlebt, bei dem 1972 Joe Bidens erste Ehefrau Neilia und die gemeinsame Tochter Naomi starben.