Ausgebranntes Auto und Menschen mit Gasmasken in Lahaina
AP/Rick Bowmer
Tödliche Brände auf Maui

Kritik an Vorgehen der Behörden

Nach einer der wohl tödlichsten Waldbrandkatastrophen der USA auf der Insel Maui (US-Bundesstaat Hawaii) am Wochenende mit 93 Toten wird zunehmend Kritik an dem Vorgehen der Behörden laut. So habe es etwa zu Beginn keine Sirenen gegeben, die Infrastruktur habe die Rettungsarbeiten erschwert und es sei zu wenig kommuniziert worden. Hawaiis Gouverneur Josh Green befürchtete unterdessen den Fund weiterer Brandopfer.

Die Lage bei den verheerenden Wald- und Buschbränden hat sich zuletzt etwas entspannt. Behörden im Bezirk Maui meldeten am Sonntagnachmittag (Ortszeit), dass immer größere Teile der Feuer unter Kontrolle seien. Ein besonders desaströses Feuer rund um die Kleinstadt Lahaina im Westen der Insel sei inzwischen zu 85 Prozent eingedämmt, im Landesinneren Mauis sei rund um Kula das Feuer zu 100 Prozent unter Kontrolle, und die Löscharbeiten schritten voran.

Lahaina wurde besonders hart getroffen, viele Straßenzüge dort sehen aus wie in einem Kriegsgebiet. In Schulen und Krankenhäusern wurden Notunterbringungen für Hunderte Betroffene eingerichtet. Immer lauter werden aber auch Fragen danach, ob die Behörden nicht deutlich besser auf das Unglück hätten reagieren können. Bewohnerinnen und Bewohner fragen sich, ob sie zu spät gewarnt wurden und wieso es so lange dauert, bis Hilfe kommt.

„Es gibt keine Transparenz“

Auch die Kommunikation der Regierung stand zuletzt in der Kritik. „Es gibt keine Transparenz“, sagte Profisurfer Kai Lenny gegenüber der „Washington Post“. „Die Regierung sagt uns nicht, was passiert, und dadurch weiß keiner, wie wir helfen können.“ Er selbst habe mit einem Jetski über das Wasser Menschen mit dem Nötigsten versorgt, weil viele Straßen gesperrt seien, sagte Lenny.

Organisation von Hilfsgütern in Maui
Reuters/Marco Garcia
Freiwillige in Honolulu bereiten Spenden für die Opfer der Waldbrände auf Maui vor

Die Katastrophenschutzbehörde FEMA erklärte am Samstag, dass rund ein Dutzend Bundesbehörden mit Hilfsmaßnahmen für die Brandopfer beschäftigt seien. 150 Mitarbeiter, darunter auch Such- und Rettungstrupps, seien bereits auf Maui, weitere seien unterwegs. „Ich verstehe, warum es Ärger gibt, weil wir in einem Zustand von Schock und Verlust sind“, sagte Hawaiis Senatorin Mazie Hirono am Sonntag auf CNN. „Soweit ich sehen kann, sind die Behörden da.“

Laut Berichten der „New York Times“ („NYT“) kritisierten einige Betroffene, von einem Netzwerk von Freiwilligen weit mehr Hilfe erhalten zu haben als von der Regierung. „Wo sind die Beamten? Niemand hat Internet – ich habe gerade herausgefunden, dass man das Wasser nicht trinken kann“, zitierte die „NYT“ Josh Masslon, der am Freitagabend auf einem Hügel auf dem abgelegenen Kapalua Airport saß und versuchte, Handyempfang zu bekommen. „Die Kommunikation war gleich null.“

Kritik an fehlenden Sirenen und Infrastruktur

Kritik hatte es auch daran gegeben, dass auf Maui zu Beginn keine Warnsirenen zum Einsatz gekommen sein sollen. Zusätzlich erschwert wurden die Rettungsarbeiten dadurch, dass Lahaina im Norden und Süden jeweils nur über eine große Zufahrtsstraße erreichbar ist.

In der Stadt, die vor dem Unglück rund 13.000 Einwohner zählte, hatte es zudem Beschwerden darüber gegeben, dass eine Evakuierung möglicherweise zu spät angeordnet wurde – noch am Donnerstag hatte es laut „NYT“ auf Facebook Meldungen der Behörden gegeben, dass die Feuer unter Kontrolle seien.

Luftaufnahme vom Lahaina Banyan Court Park auf der Insel Maui im US-Bundesstaat Hawaii vom 25. Juni 2023
Luftaufnahme der Brände vom 9. August 2023 beim Lahaina Banyan Court Park auf der Insel Maui im US-Bundesstaat Hawaii
APA/AFP/Maxar Technologies APA/AFP/Maxar Technologies
Luftaufnahmen des Lahaina Banyan Court Park auf Maui zeigen das Ausmaß der Zerstörung

Später hatte Feuerwehrchef Bradford Ventura bei einer Pressekonferenz gesagt, dass sich die Brände überraschend schnell ausgebreitet hätten und dass es zuvor „nahezu unmöglich“ gewesen sei, schnell genug Evakuierungen anzuordnen.

Notversorgung läuft nur langsam an

Laut der „NYT“ hatte zudem der Stromversorger kaum Pläne für den Fall von Waldbränden, sodass auch nach den ersten Ausbrüchen auf Maui das Netz weiter komplett aufrechterhalten blieb. „Es hätte die Vorschrift für sie geben müssen, den Strom abzuschalten“, sagte Jennifer Potter, ein ehemaliges Mitglied einer Regulierungskommission für die Stromversorgung auf Hawaii, der Zeitung. „Schutz vor Waldbränden hat aber in der Planung für Stromversorger nur einen geringen Stellenwert.“

Gouverneur Green räumte ein, dass die Notversorgung langsam anlaufe, weil es schwierig sei, von anderen Inseln Material nach Maui zu bringen. Die Lage sei beispiellos verheerend. Er habe eine Untersuchung zu der anfangs schleppenden Reaktion der Behörden angeordnet, sagte Green laut dem Sender CNN. Die Feuerwehr sei weiter im Einsatz, um Feuer in verschiedenen Regionen der Insel einzudämmen, teilte die Regierung des Bezirks Maui in der Nacht zum Samstag mit.

Grafik zu Waldbränden auf Hawaii
Grafik: APA/ORF

Prognosen: Wiederaufbau kostet 5,5 Mrd. Dollar

Laut aktualisierten Zahlen des Pacific Desaster Center und der FEMA sind in dem Bezirk rund 2.200 Gebäude durch das Feuer beschädigt oder zerstört worden. Erste Schätzungen gehen von rund 5,5 Milliarden Dollar (5,0 Mrd. Euro) für den Wiederaufbau dort aus.

Neben den Feuern im Westen Mauis waren in weiteren Regionen der Insel sowie auf der Nachbarinsel Hawaii Anfang der Woche Brände ausgebrochen, die sich wegen starker Winde mit Geschwindigkeiten von bis zu 130 Kilometern pro Stunde schnell ausgebreitet hatten. Mit einer Fläche von rund 1.900 Quadratkilometern ist die hawaiianische Insel etwa halb so groß wie die spanische Urlaubsinsel Mallorca.

Prominente rufen zu Unterstützung auf

Unterdessen riefen US-Prominente wie die Schauspieler Jason Momoa und Jessica Alba zur Unterstützung der Nothilfe und zum Wiederaufbau der Region auf. In die internationale Anteilnahme reihten sich auch der britische König Charles III. und seine Frau, Königin Camilla, ein.

Sie äußerten sich „zutiefst entsetzt“ über die Lage auf Maui in einem Brief an den US-Präsidenten Joe Biden. „Wir können uns das Ausmaß der Zerstörung, die die Insel erfasst hat, und die herzzerreißende Verzweiflung derjenigen, deren Lebensgrundlage so katastrophal betroffen ist, nur ansatzweise vorstellen“, hieß es.

Opferzahl dürfte weiter steigen

Gouverneur Green musste die Opferzahl zuletzt mehrfach nach oben korrigieren. Am Sonntag sprach er von 93 Toten. Laut US-Medienberichten geht Green davon aus, dass die Zahl nochmals deutlich steigen dürfte. Zahlreiche Menschen werden nach wie vor vermisst. Viele Tote sind noch nicht identifiziert. An manchen Stellen brannte es auf Maui zuletzt noch immer. Der Gouverneur nannte die Brände die schlimmsten, mit denen Hawaii jemals konfrontiert worden sei.

Verbrannter Küstenabschnitt in Lahaina
Reuters/Hawaii Dlnr
Die Kleinstadt Lahaina hat es besonders schlimm erwischt

Laut BBC durchkämmten Suchtrupps die Überreste der Häuser und suchten mit Hunden nach Toten. Mit Stand Sonntag seien erst drei Prozent der betroffenen Fläche durchsucht worden, berichtete der britische Sender unter Berufung auf den Polizeichef von Maui, John Pelletier. Die Toten müssten möglichst schnell per DNA-Test identifiziert werden, sie alle seien „John und Jane Does“, ein vor allem in den USA gängiges Synonym für nicht identifizierte Personen. „Keiner von uns versteht die Dimensionen bisher.“

Was die Brände von anderen unterscheidet

Die Inseln im Pazifik, die etwa 3.800 Kilometer von der US-Westküste entfernt liegen, bleiben von Naturkatastrophen nicht verschont. Der 50. Bundesstaat mit seinen etwa 1,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wird immer wieder von Hurrikans heimgesucht.

Brände auf Hawaii unterscheiden sich zudem von vielen Bränden im Westen der USA. Sie brechen eher in Graslandschaften auf den trockenen Seiten der Inseln aus und sind im Allgemeinen viel kleiner als Brände auf dem Festland. Durch die Flammen kann es aber zu großen Umweltschäden kommen: Wenn auf einen Brand etwa heftige Regenfälle folgen, bei denen lose Erde ins Meer getragen wird, können Korallenriffe Schaden nehmen.

Extremwetterereignisse und Klimakrise

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.