Ärzte während einer Operation in einem Krankenhaus
ORF.at/Birgit Hajek
Krankenkassen im Minus

Ruf nach mehr Bundesmitteln für Länder

Die heimischen Krankenversicherungen kommen nicht aus den roten Zahlen. Zwar fiel das Defizit für die Kassen im vergangenen Jahr leicht niedriger aus als erwartet. Für heuer rechnen die Versicherungen aber mit einem Minus jenseits der 600 Millionen Euro. Peter Lehner, Kovorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger, ortete Handlungsbedarf beim Finanzausgleich.

Österreichs Krankenversicherungen haben das Jahr 2022 mit einem Minus von 410,9 Mio. Euro leicht besser abgeschlossen als zuletzt noch erwartet. Vor drei Monaten war von den Krankenversicherungen für 2022 noch ein Defizit von 421,2 Mio. Euro errechnet worden. Letztlich schnitt man im endgültigen Ergebnis um 10,3 Mio. Euro besser ab. Für heuer rechnen die Kassen aber mit einem Abgang von 603,7 Mio Euro, – nachdem sie im Mai noch von 578,7 Mio. Euro Defizit ausgegangen waren. Das geht aus der APA vorliegenden Daten hervor.

Im Plus war im Vorjahr einzig die Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) mit einem positiven Saldo von 8,6 Mio. Euro 2022. Doch auch für diese Kasse, in der Lehner als Obmann fungiert, sind für die kommenden beiden Jahre Defizite im Ausmaß von 62,2 bzw. 37,9 Mio. Euro vorausgesagt. Für alle Kassen zusammen soll aber zumindest ab 2024 das Defizit nach derzeitigen Berechnungen merklich sinken. Der Bilanzverlust soll 2024 bei 242,3 Mio. Euro liegen, 2025 bei 160,9 Mio Euro, 2026 bei 141,3 und 2027 bei 165,2 Mio. Euro. Von einer schwarzen Null bleiben die Kassen freilich auch dann deutlich entfernt.

Sozialversicherung „kann nicht blind querfinanzieren“

Lehner wies in einer schriftlichen Stellungnahme darauf hin, dass die Leistungen der Sozialversicherungen stark zunehmen würden. Die aktuellen Zahlen sind für den SVS-Obmann deshalb „ein Auftrag für die aktuellen Finanzausgleichsverhandlungen: Die Sozialversicherung braucht den Spielraum, den intensiv genutzten niedergelassenen Bereich zu finanzieren, und kann nicht weiter die Länder blind querfinanzieren.“

Grafik zeigt die Gebarung der Krankenversicherungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Sozialversicherung

Laut den Zahlen der Krankenversicherungen gaben sie Vorjahr rund 5,9 Mrd. Euro aus, ein Plus von 8,5 Prozent im Vergleich zu 2022. Für heuer ist ein weiterer Zuwachs um 6,9 Prozent auf 6,3 Mrd. Euro prognostiziert. Die Heilmittelausgaben stiegen im Vorjahr um sieben Prozent auf 4,5 Mrd. Euro, heuer ist ein Zuwachs um 8,2 Prozent auf rund 4,9 Mrd. Euro veranschlagt. Am stärksten gestiegen sind die Ausgaben für Anstaltspflege, und zwar um 10,2 Prozent auf 5,9 Mrd. Euro im Vorjahr. Heuer sollen es plus 6,7 Prozent auf 6,2 Mrd. Euro werden.

ÖGK-Obmann: Finanzierungslücke geht weiter auf

Auch Andreas Huss, als Arbeitnehmervertreter zurzeit Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), hielt in einer Aussendung fest: Die „derzeit kolportierten Finanzmittel, die im Rahmen des FAG (Finanzausgleich, Anm.) zur Verfügung stehen sollen“, würden nicht ausreichen, „um die für alle Menschen dringend nötige solidarische Gesundheitsversorgung zu verbessern und zu stabilisieren“.

Für Huss zeigt die Gebarungsvorschaurechnung, dass die Schere zwischen Finanzierung und Bedarf an Gesundheitsleistungen der Bevölkerung immer weiter auseinandergehe. Das mit 350 Mio. Euro prognostizierte Defizit der ÖGK für 2023 werde das vierte negative Jahresergebnis in Folge sein, warnte er.

Insgesamt habe die – unter der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung geschaffene – ÖGK seit ihrem Start im Jahr 2020 bereits 730 Mio. Euro an Verlusten (inkl. Prognose 2023) eingefahren. Die Rücklagen, die die Gebietskrankenkassen im Jahr 2019 in die ÖGK eingebracht haben, seien in dieser Zeit von 1,4 Mrd. auf nunmehr 700 Mio. Euro (inkl. Prognose 2023) geschmolzen, so Huss.