Ausgetrocknetes Feld
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Analyse

„Extrem hoher“ Wasserstress in 25 Ländern

Laut dem World Resources Institute (WRI) könnte die wachsende Weltbevölkerung in Kombination mit dem Klimawandel und der wirtschaftlichen Entwicklung das Wasser zum Trinken, Baden und für den Anbau von Lebensmitteln in den nächsten 30 Jahren global gefährden. Besonders betroffen seien etwa der Nahe Osten und Nordafrika. Bereits jetzt würden 25 Länder jedes Jahr 80 Prozent ihrer Wasservorräte verbrauchen.

Die betroffenen Länder seien einem „extrem hohen“ Wasserstress ausgesetzt und würden fast all ihre Wasservorräte für Bewässerung, Viehzucht, Industrie und Haushalt verbrauchen. Selbst eine kurzfristige Dürre würde bei diesen Ländern das Risiko dafür erhöhen, dass ihnen das Wasser ausgeht oder Wasser in Haushalten rationiert werden muss, heißt es in dem Bericht.

Laut den Daten sind der Nahe Osten und Nordafrika besonders betroffen, 83 Prozent der Bevölkerung sind in diesen Regionen einem „extremen Wasserstress ausgesetzt“. Auch in Südasien sind 74 Prozent der Bevölkerung betroffen. Als die Länder mit der größten Wasserknappheit nennt die Umweltdenkfabrik Bahrain, Zypern, Kuwait, Oman, Katar und den Libanon. Ausschlaggebend sei hier vor allem das geringe Angebot an Wasser in Kombination mit einer hohen Nachfrage der Haushalte, Landwirtschaft und Industrie.

Wasserstress

Wasserstress ist ein Maß dafür, wie groß die Nachfrage nach verfügbaren Wasservorräten eines Gebiets ist. Ein höherer Wert bedeutet, dass mehr Menschen um Wasser konkurrieren.

Nachfrage übertrifft globales Angebot

Prinzipiell übersteige aber überall auf der Welt die Nachfrage nach Wasser das verfügbare Angebot, heißt es weiter. Denn in den letzten 60 Jahren habe sich der Bedarf mehr als verdoppelt. Das führt das Institut zum einen auf die wachsende Weltbevölkerung und Industriezweige wie Landwirtschaft und Viehzucht zurück.

Zum anderen mangle es aber auch an Investitionen in die Wasserinfrastruktur und an nachhaltigen politischen Ansätzen. Zudem beeinträchtigten Wetterextreme wie Dürren, die durch den Klimawandel verstärkt werden, das Wasserangebot. Das habe weitreichende Folgen: Wasserstress gefährde das Leben der Menschen, ihre Arbeitsplätze sowie ihre Nahrungsmittel- und Energiesicherheit.

Die Ressource sei zudem von zentraler Bedeutung für den Anbau von Lebensmitteln, Viehzucht, Stromerzeugung, menschliche Gesundheit, die Förderung einer gerechten Gesellschaft und die Erreichung der Klimaziele. Ohne besseres Wassermanagement werden Bevölkerungswachstum, wirtschaftliche Entwicklung und Klimawandel den Wasserstress noch verschärfen, so die US-amerikanische Umweltdenkfabrik weiter.

Situation soll sich verschlechtern

Bis 2050 sollen laut den Daten voraussichtlich eine Milliarde Menschen zusätzlich unter extremem Wasserstress leben. Denn die globale Wassernachfrage werde bis 2050 voraussichtlich um 20 bis 25 Prozent steigen, gleichzeitig würde aber die Zahl der bedrohten Niederschlagsgebiete um 19 Prozent zunehmen.

Für den Nahen Osten und Nordafrika würde das bedeuten, dass die Bevölkerung bis 2050 unter extrem hohem Wasserstress leben würde. Das hätte auch Konsequenzen für die politische Stabilität in der Region: Im Iran etwa führe die jahrzehntelange schlechte Wasserbewirtschaftung bereits jetzt zu Protesten. Derartige Spannungen dürften sich weiter verschärfen.

Wasserbedarf in Afrika „explodiert“

Die größte Veränderung des Wasserbedarfs werde bis 2050 in Afrika südlich der Sahara stattfinden. Zwar seien die meisten Länder südlich der Sahara aktuell nicht extrem wasserbedürftig, der Bedarf steige dort aber schneller als sonst wo.

Bis 2050 soll die Wassernachfrage, vor allem durch Haushalte, in Afrika südlich der Sahara laut Prognose „explodieren“ und um 163 Prozent in die Höhe schnellen. Der Anstieg könnte das Wirtschaftswachstum in Afrika erheblich fördern, gleichzeitig könnte jedoch eine „ineffiziente Wassernutzung“ das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Region um sechs Prozent senken.

In den wohlhabenderen Ländern Nordamerikas und Europas hat sich die Wassernachfrage laut Bericht stabilisiert – unter anderem durch Investitionen in eine effizientere Wassernutzung. Das WRI weist jedoch in seinem Bericht darauf hin, dass Abhängigkeiten über nationale Grenzen hinausgehen. Bis zum Jahr 2050 würden 31 Prozent des weltweiten BIP im Ausmaß von 70 Billionen US-Dollar (64 Billionen Euro) von hohem Wasserstress betroffen sein, 2010 waren es noch 15 Billionen US-Dollar.

Grafik zu Auswirkungen von Wasserstress auf globalen BIP
Grafik: ORF; Quelle: wri.org

Grundwasservorräte nicht berücksichtigt

Die Lösung der globalen Wasserprobleme sei im Vergleich zu ihren Konsequenzen billig, verweist das WRI auf eigene Berechnungen. So hätte global von 2015 bis 2030 pro Tag etwa ein Prozent des BIP beziehungsweise 29 Cent pro Person investiert werden müssen. Was fehle, sei der politische Wille und die finanzielle Unterstützung.

Die WRI-Analyse berücksichtige zwar das Oberflächenwasser, nicht aber die Grundwasservorräte, die angezapft werden, wenn Seen, Flüsse und Stauseen trocken fallen, schreibt die „Washington Post“. Das bedeute, dass das Risiko womöglich noch größer sein könnte. In vielen ländlichen Gebieten werde Grundwasser als Trinkwasser genutzt, Landwirtinnen und Landwirte auf der ganzen Welt seien für die Bewässerung auf Grundwasser angewiesen.

Wüstenstrasse
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Wetterextreme wirken sich auch auf das Grundwasser aus

Wenn Oberflächenwasser knapp sei, griffen Menschen oft auf Grundwasser zurück, das jedoch schnell erschöpft sein kann. „Wir können nicht feststellen, wann das Grundwasser zu versiegen droht“, zitiert die „Washington Post“ Samantha Kuzma, die für die Aqueduct-Daten des WRI verantwortlich ist.

Regionale Unterschiede in Österreich

In Österreich steht im internationalen Vergleich laut Angaben des Umweltbundesamts prinzipiell viel Grundwasser zur Verfügung. Im langjährigen Schnitt ergibt sich aus dem Regen, der auf die Landesfläche fällt, eine Wassermenge von 99,8 Milliarden Kubikmetern. Davon können insgesamt etwa fünf Prozent verwendet werden.

Leuchtturm in Podersdorf
ORF.at/Michael Baldauf
Im Osten Österreichs regnet es weniger als etwa im Westen

„Es ist wichtig, auf die regionalen Unterschiede einzugehen. Österreich ist ein wasserreiches Land, aber die Wasserressourcen sind unterschiedlich verteilt“, sagte Helga Lindinger vom Umweltbundesamt gegenüber ORF.at. Im Osten herrschten ganz andere Temperatur- und Niederschlagsbedingungen als im Westen. Im Osten regne es weniger, gleichzeitig verdunste ein größerer Teil des Niederschlags.

Grundwasserstand könnte bis 2050 abnehmen

Laut einer Studie des Landwirtschaftsministeriums könnte diese „verfügbare Grundwasserressource“ bis 2050 um bis zu ein Viertel abnehmen. Gleichzeitig werde der Wasserbedarf in der Landwirtschaft bis 2050 jedoch zunehmen und könnte sich sogar verdoppeln. Denn aufgrund der Zunahme an Hitzetagen ist mit mehr Wasserbedarf für die Viehwirtschaft zu rechnen – mit unterschiedlich schwerwiegenden Folgen.

Für die Bildung und Erneuerung des Grundwassers seien vor allem Temperatur, Niederschlagsverteilung und -intensität ausschlaggebend. „Wenn bei Starkregen innerhalb kürzester Zeit eine große Menge Wasser auf den Boden trifft, kann der Boden diese Mengen nicht aufnehmen und das Wasser fließt oberflächlich ab“, so Lindinger. Auch trockene und schneearme Winter würden die Neubildung von Grundwasserressourcen verringern.

Heuer gab es etwa im Frühjahr mit Stand 16. Mai in ganz Österreich rund 30 Prozent mehr Niederschlag als im gleichen Zeitraum von 1961 bis 1990, zuvor hatte die Landwirtschaft jedoch mit den Folgen eines schneearmen Winters und Niederschlagsdefiziten gehadert. Dass es nach einer ungewöhnlichen Trockenheit derzeit eher ins andere, nasse Extrem geht, gilt laut Fachleuten als Folgeerscheinung des Klimawandels.