Polen: Russland-Kommission offenbar gekippt

Rund zwei Monate vor der Parlamentswahl in Polen hat die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) offenbar Pläne für eine umstrittene Untersuchung mutmaßlicher russischer Einflussnahme auf Eis gelegt. Der PiS-Abgeordnete Marek Ast sagte heute der staatlichen Nachrichtenagentur PAP, eine entsprechende Ermittlungskommission werde nicht mehr vor der Wahl am 15. Oktober eingesetzt. Grund seien Verzögerungen bei der dafür notwendigen Gesetzgebung.

Wahrscheinlich bleibe nun nicht mehr genug Zeit vor der Wahl, so Ast. Der PiS wird vorgeworfen, mit der Kommission eine Hexenjagd anzetteln zu wollen – vor allem gegen Oppositionsführer Donald Tusk.

Tusk ist Vorsitzender der liberalen Bürgerplattform, des größten Gegners der seit 2015 regierenden PiS. Diese führt zwar in Umfragen, muss aber um ihre Koalitionsmehrheit fürchten. Regierungskritiker sahen in dem Vorstoß für die Kommission wahltaktisches Kalkül der PiS: Oppositionelle wie vor allem Tusk – einst Ministerpräsident von Polen und dann bis 2019 Präsident des Europäischen Rates – könnten so auch bei einer PiS-Niederlage daran gehindert werden, die Regierung zu übernehmen.

EU-Kommission auf Plan gerufen

Die Kommission sollte untersuchen, welche Personen in der Zeit von 2007 bis 2022 unter russischer Einflussnahme gehandelt haben könnten. Wem das vorgeworfen würde, könnte ohne Recht auf Einspruch vor Gericht von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden.

Das Gesetz rief die EU-Kommission auf den Plan, mit der die polnische Regierung ohnehin wegen des Umgangs mit der Justiz und den Medien über Kreuz liegt. Die Führung in Warschau weist die Vorwürfe, sie verstoße gegen die Rechtsstaatlichkeit, zurück.