Staint Tropez
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Saint-Tropez

Zorn über „Erpressung“ in Restaurants

Seit Jahrzehnten gilt Saint-Tropez an der französischen Cote d’Azur als Inbegriff für Reichtum und Anziehungspunkt für den Jetset. Auch wenn die Strahlkraft des ehemaligen Fischerdorfs über die Jahre hindurch etwas nachgelassen hat, ist es dort noch immer teuer – Restaurantbesuche wollen wohlüberlegt sein. Dabei sorgten Berichte über den Preiswucher mancher Betreiber für Zorn im Ferienparadies und riefen nun die Bürgermeisterin auf den Plan. Sie ortet „abscheuliche Praktiken“ sowie „Erpressung“ und droht „schikanösen Gastronomen“.

Hintergrund sind Berichte der Zeitung „Nice Matin“, wonach Gastronomen Gäste nach ihrer potenziellen Zahlungsbereitschaft auswählen. So werde etwa bei Reservierungen geprüft, ob die jeweilige Person schon einmal im Lokal zu Gast war. Falls ja, werde geprüft, wie hoch die Rechnung war und wie viel Trinkgeld er oder sie gegeben hat. War beides aus Sicht des Lokals nicht hoch genug, werde die Reservierung abgelehnt, heißt es.

Reservierungswilligen mit zu wenig Zahlungswillen würde erklärt, dass das Lokal voll sei, schrieb „Nice Matin“. „Wenn Sie ein kleiner Fisch sind, wird Ihnen einfach gesagt, dass bis Anfang September keine Tische mehr frei sind“, wurde ein Ortsansässiger zitiert. Auch werde Gästen gesagt, dass sie einen Tisch um einen bestimmten Konsumationsbetrag bekommen könnten – unter Berufung auf Lokalgäste und -angestellte nannte die Zeitung Beträge von 1.500 bis 5.000 Euro.

Bürgermeisterin: „Anschuldigungen sind leider wahr“

Zustände, die die Politik auf den Plan rufen, wie auch der „Guardian“ berichtete: „Diese Anschuldigungen schockieren mich zutiefst, denn sie sind leider wahr“, sagte Sylvie Siri, Bürgermeisterin von Saint-Tropez, gegenüber lokalen Medien. Sie „und der gesamte Stadtrat seien völlig gegen solche abscheulichen Praktiken“, die das „Image des Ortes ruinieren“ würden. Sie werde sich nach Saisonende mit den Restaurantbesitzern treffen, um sie „an ihre Verantwortung zu erinnern“.

Straßenszene in Saint Tropez
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Ein Besuch in Saint-Tropez kann zur Belastung für Geldbörsel und Konto werden

Das Fehlverhalten von „schikanösen Gastronomen“ sei aber so weit verbreitet, dass sie bereits jetzt Maßnahmen ergriffen habe, sagte die Bürgermeisterin. Restaurants, die sich der „Erpressung und des organisierten Verbrechens“ schuldig gemacht hätten, und jene, die möglicherweise „ohne Zustimmung und unter völliger Missachtung der Datenschutzgesetze illegale Datenbanken erstellen“, drohe Lizenzentzug.

Zu wenig Trinkgeld – Gast von Kellner verfolgt

Dabei ist die aktuelle Aufregung nur die Spitze des Eisbergs: Zuletzt war über die Landesgrenzen hinaus berichtet worden, dass ein Gast aus Italien vom Kellner eines Lokals bis auf den Parkplatz verfolgt worden sei, weil sich dieser darüber ärgerte, dass der Gast lediglich 500 Euro Trinkgeld, was etwa zehn Prozent der Rechnung entsprach, gegeben hatte. Und das mit dem Hinweis, dass 20 Prozent der Rechnung wohl angemessener seien.

Pickerl mit Hinweisen verteilt

Doch setzt der Ort angesichts solcher Vorfälle auch auf niederschwellige Mittel, um das Problem in den Griff zu bekommen: So wurden Pickerl verteilt, die Besucherinnen und Einheimische gleichermaßen daran erinnern sollen, dass sie sich an das Rathaus und die Betrugsbekämpfungsbehörde wenden sollten, wenn sie sich betrogen fühlen. Bürgermeisterin Siri: „Diese Praktiken sind abscheulich für den Ferienort und damit für unsere Gäste, aber auch für die Einheimischen.“