Deutsches Seenotrettungsschiff im Mittelmeer festgesetzt

Italienische Behörden haben ein Seenotrettungsschiff der deutschen NGO Sea-Watch für 20 Tage festgesetzt. Wie Sea-Watch gestern bekanntgab, begründeten die Behörden das mit der Missachtung einer Anweisung zum Ausstiegsort der Passagiere. Das Rettungsschiff „Aurora“ hatte am Freitag 72 Menschen in Seenot im zentralen Mittelmeer aufgenommen und war sich mit den Behörden über den Anlegehafen für das Schiff uneins.

Die „Aurora“ sei von den Behörden angewiesen worden, die Passagiere in den sizilianischen Hafen von Trapani zu bringen, erklärte Sea-Watch. Die Besatzung des Rettungsschiffes habe jedoch betont, dass der Hafen aufgrund zur Neige gehenden Treibstoffs „faktisch unmöglich zu erreichen“ sei. Zudem seien bei hohen Temperaturen an Bord auch die Trinkwasservorräte zur Neige gegangen.

Die Schiffsbesatzung habe darum gebeten, die italienische Insel Lampedusa anfahren zu dürfen, die „etwa viermal näher am Einsatzgebiet“ liege. Das sei von den Behörden jedoch abgelehnt worden. Diese schlugen nach Angaben von Sea-Watch sogar vor, das Schiff solle nach Tunesien fahren.

„Leben der Menschen absichtlich in Gefahr gebracht“

Letztlich habe das Rettungsschiff „aufgrund der extremen Situation an Bord“ am Samstagnachmittag in Lampedusa anlegen dürfen. Ein Mensch sei bewusstlos gewesen. Die Einsatzleiterin des Rettungsschiffs, Rebecca Berker, warf den Behörden vor, durch das Beharren auf einem Ausweichhafen „das Leben aller Menschen auf der ‚Aurora‘ absichtlich in Gefahr gebracht“ zu haben.

Das Schiff werde nun auf Basis eines Dekrets der italienischen Regierung zur Seenotrettung 20 Tage festgehalten. Gegen Sea-Watch werde zudem eine „Geldstrafe zwischen 2.500 und 10.000 Euro“ verhängt, hieß es in einer am Montag versandten Erklärung der Organisation.

Das Dekret war von der rechtsgerichteten Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni beschlossen worden. Sie hatte im Oktober ihr Amt angetreten und versprochen, die Zahl der an Italiens Küsten ankommenden Migranten zu beschränken. Dem Dekret zufolge müssen Passagiere von Rettungsschiffen an ihnen zugewiesenen Häfen aussteigen – oft Hunderte Kilometer vom Ort der Rettung entfernt.