Brennende Landschaft und Häuser in der Region Evros
AP/Achilleas Chiras
Brand im Nordosten Griechenlands

18 Leichen in Nationalpark gefunden

Am Dienstag haben Feuerwehrleute und Anrainer in Griechenland vielerorts erneut verzweifelt versucht, Häuser und Ortschaften vor gewaltigen Bränden zu retten. Besonders angespannt ist die Situation im Nordosten des Landes nahe der Grenze zur Türkei – betroffen sind Vororte der Hafenstadt Alexandroupolis und im Nationalpark Dadia, wo das größte Feuer wütet. Am Dienstag meldeten die Behörden dort den Fund von 18 Leichen – vermutlich Geflüchtete.

„Da niemand vermisst wird, gehen wir davon aus, dass es sich um illegale Einwanderer handelt“, sagte ein Sprecher der Feuerwehr dem öffentlich-rechtlichen ERT. Die Leichen seien in einer abgelegenen, ländlichen Gegend südlich des Dorfes Avantas gefunden worden, wo es seit Tagen Waldbrände gebe. Beamte der Gerichtsmedizin seien laut ERT im Einsatz. Die Feuerwehr teilte weiters mit, das gesamte Waldbrandgebiet werde weiter durchsucht.

Bereits 20 Tote im Nordosten des Landes

Bereits davor hatten griechische Medien über einen Toten berichtet, bei dem es sich mutmaßlich um einen Geflüchteten handelte. Er sei an einer Rauchvergiftung gestorben, hieß es. Zusammen mit einem Schäfer, der bereits am Montag ums Leben gekommen war, weil er versucht hatte, seine Tiere in Sicherheit zu bringen, stieg die Zahl der Toten damit auf 20.

Im nun vom Brand großflächig betroffenen Waldgebiet verstecken sich immer wieder Menschen, die illegal aus der Türkei über den Grenzfluss Evros nach Griechenland eingereist sind. Wie viele Menschen sich dort aufhalten und zusätzlich gefährdet sein könnten, ist völlig unklar. Im Waldgebiet von Dadia ist die Brandlage weiter äußerst ernst, stürmische Winde heizten die Flammen zuletzt noch weiter an.

Zusätzlich zu den zahlreichen Waldbränden in Griechenland ist nun auch ein Großbrand in der Gemeinde Aspropyrgos rund 15 Kilometer westlich vom Athener Stadtzentrum entflammt. Ein Teil der Gegend wurde vorsorglich evakuiert, umliegende Straßen wurden gesperrt. Die Menschen in nahe gelegenen Ortschaften wurden vom Zivilschutz aufgerufen, die Fenster geschlossen zu halten und nicht aus dem Haus zu gehen.

Rauch zieht quer über ganz Griechenland

Die Rauchschwaden der gewaltigen Brandherde von Dadia sind so groß, dass sie quer über das ganze Land zogen und dabei deutlich zu sehen und zu riechen waren. So wurden die Bewohner und Touristen auf den mehr als 500 Kilometer westlich entfernten Inseln Ithaka und Kefalonia im Ionischen Meer Dienstagfrüh von Rauchwolken und Gestank geweckt, der Himmel war verdunkelt. Sie könnten bei entsprechendem Wind sogar Italien erreichen.

Mann mit Traktor vor Rauchwolke
AP/Thodoris Nikolaou
Der Rauch der aktiven Brände in Griechenland breitet sich in weite Teile des Landes aus

Winde fachen Brände auch in Alexandroupolis an

Ebenfalls infolge der Winde wurden auch die Brände nahe der nordöstlichen Hafenstadt Alexandroupolis neu angefacht. Dort erreichte das Feuer, das den vierten Tag in Folge brannte, Siedlungen nahe der Stadt. Feuerwehrleute und Bewohner kämpften die ganze Nacht gegen die Flammen, wie ERT berichtete.

Es geht laut einem Feuerwehrsprecher kaum noch darum, das Feuer unter Kontrolle zu bringen, sondern nur noch darum, Menschenleben zu retten. Das ist auch die Maßgabe der Regierung: „Menschenleben sind oberste Priorität“, sagte am Dienstag Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis vor Journalisten. Erst dann folgten Besitztümer und Umwelt.

Auf Bildern war zu sehen, wie die Menschen in den Vororten von Alexandroupolis um ihre Häuser kämpften – einige dieser Vororte mussten evakuiert werden. Die Menschen wurden nach Alexandroupolis gebracht. In der Nacht musste schließlich auch das Universitätsspital der Stadt evakuiert werden. 175 Menschen, darunter Kinder und Kleinkinder, wurden auf einer Fähre untergebracht oder in Spitäler anderer Städte verlegt, wie der Sender Skai berichtete.

Grafik zeigt auf einer Karte die Waldbrände in Griechenland
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: EFFIS

SOS-Kinderdorf evakuiert

Ebenso mussten Kinder und Familien aus dem SOS-Kinderdorf Thrakien, das sich ebenfalls in der Gefahrenzone befindet, in Sicherheit gebracht werden, teilte die Organisation via Twitter (X) mit. Alle gefährdeten Personen wurden vorsorglich in einem Hotel auf der anderen Seite der Stadt untergebracht, hieß es auf dem Onlineportal von SOS-Kinderdorf. Sobald die entsprechenden Verkehrsverbindungen wieder freigegeben sind, ist ein Umzug nach Thessaloniki ins dortige Kinderdorf Plagiari geplant.

Wegen der Brände bei Alexandroupolis erhält Griechenland erneut Hilfe anderer europäischer Länder. Weitere Hilfe sei auf dem Weg, teilte der für Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic via Twitter (X) mit. „Zusätzlich zu zwei Löschflugzeugen aus Zypern und Feuerwehrleuten aus Rumänien sind fünf weitere Flugzeuge und ein Hubschrauber sowie zusätzliche Feuerwehrleute auf dem Weg“, schrieb er.

Feuer bedroht Ortschaften auf Insel Euböa

Eine dramatische Nacht verbrachten auch die Menschen der Orte Nea Artaki und Psachna auf der zweitgrößten griechischen Insel Euböa. Dort tobte auf einem Berg ein großer Brand, der die Ortschaften bedrohte. Das Industriegebiet von Nea Artaki und andere Siedlungen mussten evakuiert werden. Es seien Häuser und Ställe abgebrannt, berichteten griechische Medien; vielerorts fielen Wasser und Strom aus, weil Strommasten verbrannten und die Leitungen mit sich rissen.

Ähnlich sah es auf der Insel Kythnos aus, wo es seit Montag an zwei Fronten brennt und die Flammen noch nicht unter Kontrolle gebracht werden konnten. Vier Siedlungen wurden dort bisher evakuiert, noch sei das Feuer aber nicht an die Häuser gelangt. Auch Hotels seien nicht bedroht, sagte der Bürgermeister der Insel gegenüber Journalisten.

Brand 15 Kilometer westlich von Athen

15 Kilometer westlich von Athen brach Dienstagfrüh ein Brand in der Gemeinde Aspropyrgos aus. Auch dort herrschten starke Winde, Anrainer wurden per Warn-SMS dazu aufgerufen, die Gegend zu verlassen. Vom Athener Stadtzentrum aus waren tiefschwarze Rauchwolken zu sehen – in Aspropyrgos gibt es kaum Vegetation, dafür aber große Müllhalden, Industriehallen und Berge von Autoreifen, die Feuer fingen.

Brennende Bäume nahe der griechischen Ortschaft Fyli
IMAGO/ANE Edition/Sotiris Dimitropoulos /Eurokinissi
Ein Feuer in Fyli, einem nördlichen Vorort von Athen

Gegenüber ERT kritisierte der Bürgermeister der Gemeinde, Nikos Meletiou, dass der Ort für den Müll der Hauptstadt Athen herhalten müsse und die Situation auch aufgrund der Armut in Aspropyrgos äußerst schwierig sei. Die Menschen in nahe gelegenen Ortschaften wurden vom Zivilschutz aufgerufen, die Fenster geschlossen zu halten und nicht aus dem Haus zu gehen.

Wetterextreme & Klimakrise

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut dem aktuellen IPCC-Bericht aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Mehrfach Brandstiftung vermutet

Dort wie auch für den Waldbrand von Dadia gehen die Behörden von Brandstiftung aus, wobei mutmaßliche Täter noch nicht festgestellt wurden. Allerdings waren beispielsweise am Montag in Dadia binnen zwei Stunden zwölf Feuer ausgebrochen, was als Indiz für Brandstiftung gilt.

In der Region Böotien westlich von Athen brennt es bereits seit Sonntagnacht – dort war am Montag ein Schäfer ums Leben gekommen, der versucht hatte, seine Tiere vor den Flammen zu retten und vermutlich an einer Rauchvergiftung starb, wie die Feuerwehr mitteilte.

Schlechte Aussichten

Die weiteren Aussichten für die Entwicklung der Brände waren am Dienstag schlecht: Für fast ganz Griechenland warnte der Zivilschutz vor sehr hoher bis extrem hoher Waldbrandgefahr. Problematisch sind vor allem die starken Winde und mancherorts auch Sturmböen, die die Flammen vor sich hertreiben und die Feuerfronten ausweiten. Sie machen die Löscharbeiten fast unmöglich und für die Löschhubschrauber und -flugzeuge zudem sehr gefährlich.