Eisbrecher Nuyina im Eis
www.antarctica.gov.au/Pete Harmsen
Zu groß

Australiens Eisbrecher vom Pech verfolgt

Australiens neues Forschungsschiff für die Antarktis steht unter keinem guten Stern. Der eine halbe Milliarde Euro teure Eisbrecher ist zu groß, um von seinem Heimathafen Hobart unter einer Brücke zur nur wenige Kilometer entfernten Tankstelle zu gelangen. Zum Auftanken muss er nun ans andere Ende Tasmaniens fahren. Aber das ist nicht das erste Pech, von dem das Schiff verfolgt wird.

Die „RSV Nuyina“, die die drei Antarktis-Stationen Australiens mit Nachschub versorgt und wichtige Klimaforschung betreibt, liegt am Macquarie-Kai in Hobart. Die Tankstelle am Selfs Point liegt ein kurzes Stück flussaufwärts, und dazwischen befindet sich die Tasman-Brücke. Die tasmanische Hafenbehörde TasPorts befürchtete, dass das 160 Meter lange Schiff zu groß sei, um unter der Brücke hindurchzupassen, und verweigerte daher die Durchfahrt.

TasPorts teilte mit, erst nach erfolgten Tests und Simulationsfahrten sei ein Passieren unter der Tasman-Brücke denkbar. Die Weigerung erfolgte, obwohl TasPorts dem Schiff im Februar 2022 nach „umfangreichen und sorgfältigen Risikobewertungen“ eine bedingte Genehmigung für die Durchfahrt unter der Tasman-Brücke erteilt hatte. TasPorts-Chef Anthony Donald ruderte aber kurz darauf zurück und erklärte, dass die Behörde verpflichtet sei, „höchste Sicherheitsstandards im Seeverkehr zu gewährleisten“.

Tasman Bridge
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Die knapp 1,4 Kilometer lange Tasman-Brücke verbindet die Stadtteile der tasmanischen Hauptstadt Hobart

Erinnerungen an 1975

Laut tasmanischem Hafenmeister Michael Wall wurde die endgültige Entscheidung erst vor wenigen Wochen getroffen. Gegenüber dem TV-Sender ABC begründete Wall das Verbot damit, dass das Schiff einen zu großen Driftwinkel aufweise, um sicher durch die engen Stützpfeiler der Tasman-Brücke zu navigieren.

Man wolle eine Wiederholung des Einsturzes der Brücke im Jahr 1975 nicht riskieren, so Wall. Damals hatte ein Frachter die Brücke gerammt und diese teilweise zum Einsturz gebracht. Sieben Besatzungsmitglieder und fünf Menschen, deren Fahrzeuge von der Brücke stürzten, kamen dabei ums Leben.

Umwelt, Zeit und Geld

Die für die Antarktis-Forschung zuständige Abteilung im Australischen Umweltministerium (AAD) bestätigte gegenüber der Tageszeitung „Guardian“, dass der „RSV Nuyina“ keine Durchfahrtsgenehmigung erteilt worden sei. Zum Auftanken muss der Eisbrecher statt der etwas mehr als zwei Seemeilen (rund vier Kilometer) nun 364 Seemeilen (rund 674 Kilometer) nach Burnie an der Nordwestküste des Inselstaates hin- und zurückfahren. Und das werde vorerst auch so bleiben.

Beim jetzigen Stand sei das Verbot eine dauerhafte Entscheidung, sagte Wall. Pro Schifffahrtssaison sei zwei- bis viermal Nachtanken erforderlich. Das Risiko für die Brücke wäre aber zu hoch, auch wenn „wir uns der Tatsache bewusst sind, dass das AAD Zeit und Geld kostet“, so Wall. In einer Erklärung von AAD hieß es, man arbeite aber mit der tasmanischen Regierung an langfristigen Betankungsmöglichkeiten des Forschungsschiffes in Hobart.

Der grüne Senator Peter Whish-Wilson sagte: „Es ist unglaublich frustrierend.“ Das Auftanken der „RSV Nuyina“ Hunderte Kilometer vom Heimathafen entfernt, werde nicht nur Auswirkungen auf die Umwelt haben, sondern vermutlich auch auf die Finanzierung der Forschungsprojekte in der Antarktis, so Whish-Wilson. Anfang des Jahres waren AAD 25 Millionen US-Dollar aus dem Jahresbudget gestrichen worden.

Eisbrecher Nuyina
Der in Rumänien gebaute 528-Millionen-Dollar-Eisbrecher gilt als Australiens „Disneyland für Wissenschaftler“

Weiterer Schlag

Das Durchfahrtsverbot ist nur der jüngste Rückschlag für das als „Disneyland für Wissenschaftler“ angekündigte Schiff. Immer wieder hatte es mit Problemen und langwierigen Reparaturen zu kämpfen, die dazu führten, dass Forschungsreisen abgesagt wurden. Erst Anfang des Jahres bestätigte die AAD-Chefwissenschaftlerin Nicole Webster, dass eine Antarktis-Expedition zur Untersuchung der Eisschmelze „aufgrund der Probleme der ‚RSV Nuyina‘ nicht mehr durchgeführt“ werden würde.

Schon die Auslieferung des in Rumänien gebauten Eisbrechers hatte sich wegen der Coronavirus-Pandemie um mehr als ein Jahr verzögert. Und vor seiner Ankunft in Hobart im Oktober 2021 hatte das 528 Millionen US-Dollar teure Schiff bei der 47 Tage dauernden Jungfernfahrt nach Australien einen Motorschaden. Ende Dezember 2021 brach es zu seiner ersten Antarktis-Reise auf. Zuletzt wurde die „RSV Nuyina“ längere Zeit in einem Trockendock in Singapur repariert und kehrte erst im April nach Hobart zurück.