David-Statue am Piazzale Michelangelo in Florenz
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David bestiegen

„Monumentenstürmer“ empören Italien

Die Respektlosigkeit von Touristinnen und Touristen gegenüber Monumenten und Denkmälern sorgt weiterhin für Aufregung in Italien. Jüngstes Beispiel: Zwei jugendliche „Monumentenstürmer“ bestiegen in der Nacht auf Donnerstag die Kopie der Statue von Michelangelos Meisterwerk David auf dem Piazzale Michelangelo in Florenz. Die Empörung ist groß, ist es doch diesen Sommer nicht das erste Mal, dass Kulturschätze zum Opfer von Urlaubern und Urlauberinnen wurden, wie auch etwa Uffizien, Trevi-Brunnen und Kolosseum zeigen.

Das Video, das die David-Besteigung in Florenz zeigt, wurde auf sozialen Netzwerken veröffentlicht. Die Burschen bestiegen offenbar die Statue bis zu dem zweiten Sockel, auf dem der David steht, wie italienische Medien berichteten. Die Statue befindet sich auf dem Piazzale Michelangelo, von dem man einen atemberaubenden Ausblick auf die Stadt Florenz genießt.

Das Original der David-Skulptur, die Michelangelo aus einem einzigen Marmorblock schuf, wird seit 1873 in der Galleria dell’Accademia aufbewahrt und ausgestellt. Sie zeigt den biblischen David in dem Moment, in dem er mit der Steinschleuder den Kampf gegen den Riesen Goliath aufnehmen will. Michelangelo hatte seinen nackten biblischen Helden zwischen 1501 und 1504 geschaffen, er gilt vielen als Inbegriff der männlichen Schönheit.

Personen klettern auf die David-Statue am Piazzale Michelangelo in Florenz
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Ein Kletterer ist links oben auf Höhe des Unterschenkels zu sehen, während sich ein zweiter mit hellem Oberteil auf den David hievt

Säulen des Vasari-Korridors beschmiert

Nur wenige Tage zuvor kam es zu Schmierereien in Florenz. Zwei deutsche Urlauber wurden am Mittwoch angezeigt, nachdem sie die Säulen des berühmten Vasari-Korridors in Florenz, der die Gemäldegalerie Uffizien mit dem Palazzo Pitti verbindet, beschmiert hatten. Im Innenbereich des Gangs gab es ebenso Schmierereien. Die Jugendlichen gehören einer deutschen Gruppe von Graffiti-Sprayern an, die als „Drunkarts 1860“ bekannt sind.

David Statue in der Accademia in Florenz
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Der Original-David von Michelangelo ist in der Galleria dell’Accademia aufgestellt

Die jungen Männer sollen auf insgesamt sieben Säulen des historischen Gangs die Buchstaben und Zahlen „DKS 1860“ mit schwarzer Farbe gemalt und zudem den Innenbereich beschmiert haben. Anhand von Videoaufnahmen von Überwachungskameras in der Gegend konnten sie identifiziert werden.

Uffizien in Florenz
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Ein Blick auf die Flussseite der Uffizien, links ist der Korridor zu sehen

Uffizien-Direktor: Schluss mit symbolischen Strafen

Mit einer Gruppe aus neun Landsleuten im Alter zwischen 18 und 20 Jahren hatten die beiden Männer eine Ferienwohnung auf der Piazza della Signoria im Zentrum von Florenz gemietet. Wie italienische Medien berichteten, wurden bei einer Durchsuchung mehrere Sprühdosen entdeckt und beschlagnahmt. Den Männern wurden die Fingerabdrücke genommen.

Vasari-Korridor in Florenz
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Ein Teil des Vasari-Korridors in Florenz – die Buchstaben sind auf den Säulen zu sehen

Der deutsche Direktor der zuständigen Uffizien in Florenz, Eike Schmidt, verurteilte die Schmiererei in dem knapp ein Kilometer langen Gang aufs Schärfste. Etwa 10.000 Euro betragen die Kosten für die Beseitigung der Schäden, berechneten die Techniker der Uffizien. „Wir werden uns als Zivilkläger an einem Verfahren gegen die Verantwortlichen beteiligen und einen hohen Schadenersatz fordern. Schluss mit symbolischen Strafen und strafmildernden Umständen. Wir brauchen die harte Hand des Gesetzes“, so Schmidt.

Touristen am Petersplatz in Rom
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Der Andrang von Touristen und Touristinnen in Italien ist groß – hier etwa auf dem Petersplatz in Rom

Bauarbeiten seit 2016

Der von dem italienischen Baumeister und Maler Giorgio Vasari (1511–1574) entworfene Gang führt von den Uffizien über den Ponte Vecchio zum Palazzo Pitti auf der anderen Seite des Flusses Arno. Der Gang wurde damals gebaut, damit die mächtige Medici-Familie sicher und ungestört von ihrer Privatresidenz zum Regierungssitz im Palazzo Vecchio gelangen konnte. In ihm befindet sich eine Sammlung von Selbstporträts von Malern des 14. bis 20. Jahrhunderts. Seit 2016 finden Bauarbeiten statt – der Besucherverkehr ist eingeschränkt.

Touristen vor dem Trevi-Brunnen in Rom
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Auch am Trevi-Brunnen in Rom tummeln sich die Massen

Kletterer auf dem Trevi-Brunnen

Der weltbekannte Trevi-Brunnen in Rom war ebenfalls Ziel eines „Monumentenstürmers“ Ende Juli. Ein 48-Jähriger bestieg die Marmorstatuen des Brunnens, um dann ins Wasser zu klettern. Der barocke Brunnen wird immer wieder zur Selbstdarstellung benutzt. Mit hohen Geldstrafen versucht die Stadt, die Attraktion vor Badenden zu schützen. Wer unerlaubt ins Wasser steigt, muss 450 Euro zahlen.

Die Stadt Rom denkt nun allerdings über einen geregelten Zugang zum Trevi-Brunnen nach, sagte der Tourismusbeauftragte der Stadt, Alessandro Onorato. Er kündigte Maßnahmen an. Damit sollen Menschenmassen vor einer der beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Ewigen Stadt vermieden werden. Es sei an der Zeit, den Zugang zum Trevi-Brunnen, einem der symbolträchtigsten Monumente Roms, zu beschränken. Die Szenen von Touristen und Touristinnen, die in diesem Monument badeten, seien nicht mehr akzeptabel. Der Trevi-Brunnen ist eines der Enden der Acqua Vergine, einer antiken Wasserleitung, die bis heute Trinkwasser nach Rom liefert.

Trevi-Brunnen in Rom
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Der Trevi-Brunnen ist das Ende einer Wasserleitung, die seit der Antike Trinkwasser nach Rom liefert

Kolosseum beliebtes Opfer

Das Kolosseum ist diesen Sommer bereits mehrmals zum Opfer von Touristen und Touristinnen geworden. Die italienische Polizei identifizierte eine junge Schweizerin, die Mitte Juli den Anfangsbuchstaben ihres Namens in eine Wand im Kolosseum geritzt haben soll. Die Ermittlungen begannen, nachdem ein italienischer Reiseleiter mit seinem Smartphone die Frau beim Einritzen eines „N“ gefilmt hatte.

Außenansicht des  Colosseum in Rom
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Das Kolosseum ist eines der bekanntesten Monumente in Rom

Der Reiseleiter, der eine Gruppe bei der Besichtigung des Kolosseums begleitete, wurde von einem Touristen auf die Tat aufmerksam gemacht. Er meldete den Fall dem Sicherheitspersonal.

Bulgare entschuldigte sich

Auch ein 17-jähriger deutscher Schüler wurde in Begleitung eines Lehrers von den Carabinieri wegen Verunstaltung des Kolosseums angezeigt. Auf Ersuchen des Aufsichtspersonals des Monuments wurde der Tourist beim Kratzen an einer Wand im Erdgeschoß des Denkmals ertappt und angehalten. Ein Teil des Mauerwerks wurde beschädigt.

Innenansicht des Colosseum in Rom
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Ein Blick ins Innere des Kolosseums

Erst wenige Wochen zuvor hatte sich ein ähnlicher Vorfall ereignet, der eine erste Empörung bei Kulturminister Gennaro Sangennaro ausgelöst hatte. Ein junger Tourist bulgarischer Herkunft mit Wohnsitz in England hatte seinen Namen und den seiner Freundin in eine Mauer des Kolosseums geritzt. Ein Video, das im Internet aufgetaucht war, hatte eine Welle der Empörung ausgelöst. Der Mann, der angezeigt wurde, entschuldigte sich, was ihm aber eine saftige Geldstrafe nicht ersparte.

„Goldenes Jahr“ für Museen

Die italienischen Museen feiern in diesem Sommer einen Besucherboom. Bis Ende des Jahres rechnet das Kulturministerium in Rom mit Einnahmen in Höhe von 300 Millionen Euro. Damit wird 2023 als goldenes Jahr für die italienischen Museen in Erinnerung bleiben. „In der Geschichte Italiens ist dies das beste Resultat aller Zeiten, ein absoluter Rekord für die italienischen Museen“, berichtete Italiens Kulturminister Gennaro Sangiuliano laut Medienangaben.

2023 wird Italien das Vorpandemiejahr 2019 übertreffen, als 250 Millionen Euro in die Museumskassen geflossen waren. Allein in der zweiten August-Woche mit dem Ferragosto-Feiertag am 15. August, dem Höhepunkt des Sommers in Italien, wurden 100.000 Besucher im Kolosseum, 62.000 im archäologischen Park von Pompeji und 35.000 in den Uffizien in Florenz gemeldet. „Die Einnahmen durch den Verkauf der Eintrittskarten dienen der Instandhaltung der Museen, die ihr Angebot verbessern können“, so Sangiuliano im Gespräch mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“.

Pantheon nicht mehr gratis

Das Pantheon in Rom, eines der am besten erhaltenen Monumente der Antike, ist seit dem 1. Juli nicht mehr gratis zugänglich. Der Eintritt kostet fünf Euro. Die Einnahmen werden vor allem für die Instandhaltung des 27 bis 25 v. Chr. errichteten Baus mit seiner eindrucksvollen Kuppel verwendet.

Das Ticket solle auch dazu beitragen, die Besucher besser zu kontrollieren. Derzeit besuchen jährlich sieben Millionen Menschen das Pantheon. Damit ist der gewaltige Rundbau eines der meistbesuchten Denkmäler in Rom.