Polizeifoto des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trum
APA/AFP/Getty Images/Fulton County Sheriff’s Office
Zwischen Peinlichkeit und Profit

Trumps Polizeifoto, Bildnis für die Ewigkeit

Der frühere US-Präsident Donald Trump hat sich am Donnerstag den Behörden des Bundesstaats Georgia gestellt. Dabei entstand ein Polizeifoto, das innerhalb von Sekunden um die Welt ging. Trump versucht das Foto nach bewährtem Muster für seine Kampagne zu nutzen, doch auf lange Sicht könnte es das Bild sein, das noch Generationen in der Zukunft von Trump haben werden.

Das Foto wurde am Donnerstagabend geschossen, als Trump sich im Bezirksgefängnis in Atlanta einfand. Er war zusammen mit 18 weiteren Beschuldigten wegen seiner Versuche angeklagt worden, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 in Georgia zu beeinflussen. Bei dem Termin im Fulton County Gefängnis wurden Trumps Personalien und das Foto aufgenommen und danach sofort veröffentlicht. Trump, wie üblich in dunklem Anzug und roter Krawatte, sieht mit gebeugtem Gesicht und ärgerlich-trotzigem Ausdruck in die Kamera.

Es ist das erste „Mug Shot“, ein offizielles Polizeifoto, eines Ex-Präsidenten. „Es ist auch ein Symbol für die Gleichheit vor dem Gesetz oder den Missbrauch desselben“, so die „New York Times“. Das Bild sei das ultimative Andenken an eine „normenzerstörende Präsidentschaft“.

Biden: „Gut aussehender Typ“

US-Präsident Joe Biden kommentierte die Veröffentlichung eines Polizeifotos seines Amtsvorgängers Donald Trump nur knapp. „Ich habe es im Fernsehen gesehen“, sagte Biden am Freitag am Rande eines Urlaubsaufenthaltes an der US-Westküste auf Nachfrage von Medien. Auf die Frage, was er von dem Bild halte, sagte der Präsident mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht: „Gut aussehender Typ. Wundervoller Typ.“ Näher ging Biden auf das Foto nicht ein.

Polizeibild von Donald Trump und Mitangeklagten
Reuters/Fulton County Sheriff’s Office
Trump und elf seiner 18 Mitangeklagten

„Wendepunkt im amerikanischen Leben“

Als die Kamera klickte, habe sie „einen kleinen Wendepunkt im amerikanischen Leben“ kreiert und dokumentiert, so die Nachrichtenagentur AP. Für die Nachwelt sei erstmalig ein ehemaliger Präsident in einem Rahmen festgehalten worden, den man üblicherweise mit Drogendealern oder betrunkenen Autolenkern verbinde. „Die Insignien der Macht waren für den Bruchteil einer Sekunde verschwunden. Zurückgelassen wurde ein bleibendes Bild, das noch lange nach Donald Trumps Tod in die Geschichtsbücher eingehen wird.“

Gerade für jemanden wie Trump, „der in Privilegien hineingeboren wurde, der es bekanntermaßen liebt, die Kontrolle zu haben, der sehr auf sein Image achtet und der zur mächtigsten Figur der Welt aufgestiegen ist“, sei dieser Moment wohl besonders befremdlich. Tatsächlich bestätigte Trump selbst, dass es kein Vergnügen war: „Das ist kein angenehmes Gefühl, besonders wenn man nichts falsch gemacht hat“, sagte er zu Fox News.

Vom falschen zum echten „Mug Shot“

Das hindert ihn allerdings nicht, daraus politischen Profit zu schlagen. Trump ließ schon früher montierte Polizeifotos von sich für seine Wahlkampagne vermarkten. Für 36 US-Dollar konnte man schon T-Shirts mit dem falschen Polizeifoto samt Aufschrift „nicht schuldig“ kaufen, um sein Wahlkampfbudget aufzubessern. Inzwischen wurde Trump viermal angeklagt – bei jedem Termin vor Gericht gab es Sprünge in den Verkaufszahlen.

Nun kann Trumps Team mit einem echten „Mug Shot“ arbeiten. Wenige Minuten nach der Veröffentlichung des Bildes erschien auf seiner Website ein neuer Spendenaufruf: „Eilmeldung: Das Fahndungsfoto ist da“, hieß es auch in Mails an seine Anhängerschaft. „Dieses Polizeifoto wird für immer als Symbol für Amerikas Widerstand gegen die Tyrannei in die Geschichte eingehen.“

Trump nutzt Foto für Wahlkampf

In Atlanta, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Georgia, wird Donald Trump bald der Prozess wegen vermuteter Wahlbeeinflussung gemacht. Das Polizeifoto, das bei der Aufnahme seiner Personalien im Gefängnis gemacht wurde, nutzt Trump für seinen Wahlkampf. Vier bisherige Anklagen haben ihm bei der Präsidentschaftskandidatur nicht geschadet.

Dass das Bild in die Geschichte eingehen wird, darüber sind sich also Trump und seine Gegnerinnen und Gegner einig. „Es wird für immer Teil der Ikonografie des Lebens in dieser Zeit sein“, so Marty Kaplan, Professor an der University of Southern California. Das Wort „Anklage“ sei blutleer, Worte an sich seien im Vergleich zu Bildern blass.

„Das unbewegte Bild hat eine unbestreitbare Macht“, so Mitchell Stevens, emeritierter Professor an der New York University. Er schrieb ein Buch darüber, wie Bilder in der modernen Gesellschaft Raum greifen und das Wort verdrängen. „Es friert einen Moment ein, und in diesem Fall friert es einen unglücklichen Moment für Donald Trump ein“, so Stevens. „Und es ist nichts, was er wegklicken kann. Es ist nichts, was er einfach abtun kann. Dieser Moment wird weiterleben. Und es ist durchaus möglich, dass daraus das Bild entsteht, das die Geschichte von diesem Mann behalten wird“, so Stevens zu AP.