Erneut Zehntausende bei Protesten in Israel

Zehntausende Israelinnen und Israelis haben gestern Abend erneut gegen die Politik der rechts-religiösen Regierung protestiert. Die Veranstalter sprachen von mehr als hunderttausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern allein bei der zentralen Kundgebung in der Küstenstadt Tel Aviv. Die Proteste konzentrierten sich auf den dramatischen Anstieg von Verbrechen innerhalb der arabischen Bevölkerung Israels.

Menschenmassen bei Antiregierungsprotesten in Tel Aviv (Israel)
Reuters/Oren Alon

„Auf unseren Straßen fließt Blut“, rief der Bürgermeister der arabischen Stadt Tira, Maamun Abd Elhai, während einer Ansprache in Tel Aviv. Ein ranghoher Mitarbeiter seiner Stadtverwaltung war am Montag nahe einer Polizeiwache erschossen worden. Der Bürgermeister warf der Regierung Benjamin Netanjahus vor, absichtlich nicht gegen die wachsende Kriminalität in der arabischen Gesellschaft vorzugehen. Wer den rechtsextremen Politiker Itamar Ben-Gvir zum Polizeiminister ernannt habe, „will uns nicht beschützen“, sagte er.

Oppositionsführer Jair Lapid bezeichnete Ben-Gvir während einer Ansprache in Karkur im Norden des Landes als „erbärmlichen Rassisten und totalen Versager“. Das Ziel der Opposition sei es, „zu kämpfen, bis diese Regierung stürzt“, sagte Lapid. Seit Jahresbeginn sind Medienberichten zufolge durch Gewalt innerhalb der arabischen Bevölkerung 156 Menschen getötet worden. Das sind mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die arabische Minderheit macht in Israel rund 20 Prozent der knapp zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohner aus.

Seit Monaten Massenproteste gegen Regierung

In Israel kommt es seit mehr als einem halben Jahr regelmäßig zu Massenprotesten gegen die Regierungspolitik. Ende Juli hatte die Koalition im Rahmen eines höchst umstrittenen Justizumbaus ein Gesetz verabschiedet, das die Handlungsmöglichkeiten des obersten Gerichts einschränkt. Kritikerinnen und Kritiker stufen das Vorgehen der Regierung als Gefahr für Israels Demokratie ein. Am 12. September will sich das oberste Gericht mit Petitionen gegen das Gesetz befassen.