Neue Regierung in Montenegro wohl ohne Belgrad-Verbündeten

In Montenegro zeichnet sich eine Regierungsbildung ohne die klar proserbische und prorussische Allianz Für die Zukunft Montenegros (ZBCG/früher: Demokratisches Forum) ab. Das erklärte der Chef der zentristischen Partei Europa Jetzt (PES), Milojko Spajic, der den Regierungsauftrag erhalten hatte.

Er werde eine Regierung mit kleineren proserbischen Parteien sowie den Parteien der ethnischen Minderheiten bilden, sagte Spajic in der Nacht auf heute nach einer Parteisitzung.

Europa Jetzt war bei der Parlamentswahl im Juni stimmenstärkste Kraft geworden, braucht aber Partner für eine künftige Regierung. Eine mögliche Koalition mit den eher proserbischen Demokraten und der proserbischen Sozialistischen Volkspartei (SNP) sowie mit den prowestlichen Parteien der Bosniaken, Albaner und Kroaten hätte eine Mehrheit von 43 von 81 Abgeordneten hinter sich.

Angespanntes Verhältnis zu Serbien

In Montenegro ist das Verhältnis zum großen Nachbarn Serbien ein delikates. Unter Präsident Aleksandar Vucic verfolgt Belgrad eine Politik der Vereinnahmung der ethnischen Serben und Serbinnen in den Nachbarländern. Etwa 30 Prozent der Montenegriner fühlen sich als Serben, aber nicht alle von ihnen unterstützen – so wie die ZBCG – bedingungslos die Politik Belgrads.

Zugleich befindet sich das Land in der abschließenden Phase der Beendigung der Ära des Langzeitherrschers Milo Djukanovic. Dieser hatte als Verbündeter der Westens das Land 2006 in die Unabhängigkeit von Serbien und 2017 in die NATO geführt. Die drei Jahrzehnte, in denen er die Geschicke des Landes bestimmte, waren aber auch von Korruption und Gewalt gegen Oppositionelle geprägt.

Im April dieses Jahres verlor Djukanovic die Präsidentschaftswahl gegen Jakov Milatovic aus der PES. Seine Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) ist bereits seit 2020 in der Opposition. Er selbst trat nach der verlorenen Präsidentschaftswahl auch als DPS-Chef zurück.