Flüchtlinge in Lampedusa
ZUMA Wire/IMAGO
Tausende Geflüchtete

Lager auf Lampedusa überfüllt

Auf der italienischen Insel Lampedusa sind zuletzt wieder zahlreiche geflüchtete Menschen angekommen: In dem Erstaufnahmelager der Insel wurden am Sonntag 4.267 Menschen gezählt, wie die Nachrichtenagentur ANSA berichtete. Das ist das Zehnfache der offiziellen Aufnahmekapazität von 400 Personen. Zurzeit wagen besonders viele geflüchtete Menschen die hochgefährliche Überfahrt von Nordafrika über das zentrale Mittelmeer.

Unter den mehr als 4.000 Menschen befanden sich ANSA zufolge fast 250 unbegleitete Minderjährige. Am Freitag erreichten laut ANSA knapp 1.920 Menschen in insgesamt 65 Booten die Insel. Am Samstag seien weitere 2.172 Menschen in 55 Booten gekommen. Die meisten wurden von Schiffen der Küstenwache, Finanzpolizei und Carabinieri im Meer aufgelesen und an Land gebracht. Einige erreichten selbstständig die Insel.

Um das von Polizei und Militär bewachte Camp im Inneren der Insel zu entlasten, versuchen die Behörden, so viele Menschen wie möglich mit Fähren und Polizeischiffen auf das Festland zu bringen. Dort sollen sie auf andere Lager verteilt werden. Für Sonntag sind bereits einige Verlegungen geplant. Das Camp war heuer bereits mehrfach überfüllt.

Flüchtlingsankünfte setzen Meloni unter Druck

Lampedusa liegt zwischen Sizilien und Nordafrika, von der tunesischen Küstenstadt Sfax ist die Insel knapp 190 Kilometer entfernt. Das Innenministerium in Rom zählte in diesem Jahr 107.530 Menschen (Stand 25. August), die auf Booten Italien erreichten. Im Vergleichszeitraum 2022 waren es 52.954.

Die postfaschistische Regierungschefin Giorgia Meloni, die seit Oktober im Amt ist, hatte im Wahlkampf im vergangenen Jahr noch versprochen, die Migrationsbewegungen nach Italien zu stoppen. Infolgedessen beschloss ihre Regierung auch ein Dekret, das Seenotrettungen erschwert.

Das zentrale Mittelmeer ist eine der gefährlichsten Migrationsrouten der Welt. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind seit 2014 mehr als 22.000 Menschen dort ertrunken oder werden vermisst. Zuletzt rückten Seenotretter auch wieder zu mehreren Rettungseinsätzen aus: Die „Humanity 1“ des deutschen Vereins SOS Humanity brachte etwa 57 gerettete Menschen nach Livorno. Im Hafen der süditalienischen Stadt Brindisi kamen am Sonntag 168 Menschen an, die in den vergangenen Tagen vom Schiff „Geo Barents“ der Organisation Ärzte ohne Grenzen vor der libyschen Küste gerettet wurden.

Flüchtlinge werden auf Meer gerettet
picturedesk.com/Zuma/IOS
Das zentrale Mittelmeer ist eine der gefährlichsten Migrationsrouten der Welt

EU-Kommission besorgt

Die EU-Kommission zeigte sich besorgt über die Situation in Italien. Das sagte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag in Brüssel. Die EU-Kommission arbeite mit den italienischen Behörden zusammen, um den Hotspot von Lampedusa zu entlasten, u. a. durch die Bereitstellung von Nothilfe, um den Lufttransport gefährdeter Menschen von der Insel zu anderen Orten auf italienischem Gebiet zu ermöglichen, hieß es.

Tausende Geflüchtete auf Lampedusa

Auf der süditalienischen Insel Lampedusa sind an diesem Wochenende erneut zahlreiche geflüchtete Menschen angekommen. Im Erstaufnahmelager der Insel befanden sich 4.267 Personen. Das ist das Zehnfache der offiziellen Aufnahmekapazität.

„Die Kommission ist sich des Drucks auf das Aufnahmesystem in Italien bewusst, hat es bei der Bewältigung der Migrationsherausforderungen unterstützt und ist bereit, das erneut zu tun“, sagte die Sprecherin.

Angesichts steigender Zahlen von Migranten und ihrer lebensgefährlichen Fahrten über das Mittelmeer hatten die EU und das nordafrikanische Land Tunesien im Juli eine noch stärkere Zusammenarbeit bei dem Thema beschlossen. Tunesien werden von NGOs wie Human Rights Watch immer wieder „schwere Misshandlungen“ von afrikanischen Geflüchteten vorgeworfen.

Italiens Regionen fürchten Melonis Umverteilungspläne

Die Präsidenten der italienischen Regionen stehen den Umverteilungsplänen der Regierung in Rom ablehnend gegenüber. Konkret sehen die Pläne von Premierministerin Meloni vor, mehr Asylsuchende in Gebiete mit großer Fläche, aber geringerer Bevölkerungsdichte umzusiedeln. Damit will die Regierung eine große Konzentration in wenigen Flüchtlingseinrichtungen und in Großstädten vermeiden.

„Wir laufen Gefahr, dass wegen der hohen Zahl von Migrantenankünften Zelte in den Städten aufgestellt werden müssen. Vor allem in Norditalien kommen jede Woche immer mehr Migranten an, und wenn es keine Planung gibt, besteht die Gefahr, dass der soziale Unmut explodiert“, sagte der Präsident der norditalienischen Region Emilia-Romagna und sozialdemokratische Spitzenpolitiker, Stefano Bonaccini, laut Medienangaben am Montagabend. Die Einwanderung sei „ein ernstes Problem, ein echter Notfall“.

Der Einwanderungsbeauftragte der italienischen Gemeindevereinigung ANCI, Matteo Biffoni, forderte die Regierung Meloni auf, beim Thema Migration auf alle Bürgermeister zu hören. Die Vereinigung hatte zuletzt behauptet, dass die Aufnahmeeinrichtungen kurz vor dem Zusammenbruch stünden, eine Behauptung, die vom Innenministerium in Rom als „surreal“ bezeichnet wurde. Biffoni bekräftigte dagegen die Warnung, dass kleinere Gemeinden nicht in der Lage seien, Migrantinnen und Migranten aufzunehmen.

Protest gegen Ministeriumsvorhaben

Das Innenministerium hatte in den vergangenen Tagen die Bürgermeister norditalienischer Gemeinden aufgerufen, in Kasernen, Sporthallen und Schulen mehr Unterkünfte für Migrantinnen und Migranten aufzutreiben. Das löste heftigen Protest aus.

Zu diesem Thema äußerte sich am Dienstag auch der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher. Bei der Umverteilung der Menschen sollte die Bevölkerungszahl und nicht die Fläche des Gebiets berücksichtigt werden, sagte Kompatscher. Man müsse beachten, dass in Südtirol die Ankünfte auch über die Balkan-Route erfolgen. Viele Geflüchtete würden auch aus Österreich und Deutschland kommen. „Unser Land ist ein Transitgebiet. Die letzten drei italienischen Innenminister haben das berücksichtigt. Wir fordern, dass das weiterhin getan wird“, so Kompatscher nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.

Lega-Chef und Vizepremier Matteo Salvini bekundete unterdessen, dass die Regierung im September ein Dekret verabschieden werde, mit dem die Ausweisung „illegaler Migrantinnen und Migranten“ ohne Aufenthaltsgenehmigung beschleunigt werden soll.