der spanische Fußballverbandsboss Luis Rubiales
Reuters/Juan Medina
Spielerin geküsst

Spaniens Sportgericht am Zug

Der Eklat um den spanischen Fußballverbandsboss Luis Rubiales sorgt weiter für Empörung. Trotz der zuletzt vom Weltfußballverband (FIFA) für drei Monate verhängten Suspendierung klammert sich Rubiales, der bei der Siegerehrung nach dem gewonnenen WM-Finale die spanische Spielerin Jennifer Hermoso auf den Mund küsste, weiter an seinen Posten. Ob es dabei bleibt, liegt nun auch am spanischen Sportgericht (TAD) – und Medienberichten zufolge könnte dazu bereits am Montag ein wegweisendes Urteil fallen.

Den Berichten zufolge soll das TAD gleich zu Wochenbeginn über die von der Regierung beantragte Suspendierung des Verbandschefs entscheiden. Sollte das Sportgericht die Klage der Regierung annehmen, werde diese Rubiales „sofort von seinen Funktionen als Präsident entbinden“, sagte Sportminister Miquel Iceta der Zeitung „El Pais“. Die Suspendierung soll demnach gelten, bis das Sportgericht endgültig über die von der Regierung angestrengte Klage wegen „schwerwiegender Vergehen“ entscheidet.

Die FIFA hatte den spanischen Verbandschef bereits am Samstag im Zuge eines Disziplinarverfahrens für zunächst 90 Tage gesperrt und Rubiales sowie dem spanischen Fußballverband jeglichen Kontakt zu Spielerin Hermoso und ihrem Umfeld untersagt.

Wegen schwerer Verstöße gegen das spanische Sportgesetz könnte Rubiales als Funktionär zwischen zwei und 15 Jahren gesperrt werden. Der 46-Jährige, der mit seinem Kuss auf den Mund von Hermoso weltweit für Empörung gesorgt hatte, hatte am Freitag bei einer außerordentlichen Sitzung des Spanischen Fußballverbandes (RFEF) einen Rücktritt ausgeschlossen, eine mediale Hetzjagd beklagt und sich als Opfer eines „sozialen Mordes“ bezeichnet.

Luis Rubiales
AP/Europa Press/RFEF
Bei einer RFEF-Sondersitzung verweigerte Rubiales einen Rücktritt

Auch Nationaltrainer Vilda geht auf Distanz

Rubiales steht mit dieser Ansicht längst so gut wie alleine dar. Zuletzt distanzierte sich mit Nationaltrainer Jorge Vilda auch ein enger Vertrauter von Rubiales. „Ich bedauere zutiefst, dass der Sieg des spanischen Frauen-Fußballs durch das unangemessene Verhalten unseres bisherigen Präsidenten Luis Rubiales, das er selbst zugegeben hat, beschädigt wurde“, hieß es in einer Erklärung Vildas, die unter anderem von der Nachrichtenagentur Europa Press veröffentlicht wurde.

Die Ereignisse nach dem Triumph der spanischen Fußballerinnen im WM-Finale hätten zu einer „ungeheuerlichen“ Situation geführt, die den verdienten Erfolg überschattet habe, so Vilda, der gleichzeitig „jede Machohaltung“ verurteilte, die nicht zu einer fortschrittlichen Gesellschaft gehöre.

Zuvor war bereits fast Vildas gesamtes Trainerteam aus Protest gegen das Verhalten von Rubiales zurückgetreten. Auch die Spielerinnen des spanischen Nationalteams hatten angekündigt, so lange nicht mehr anzutreten, wie Rubiales im Amt sei.

Nächste Krisensitzung einberufen

„Es macht uns sehr traurig, dass ein derart inakzeptables Verhalten den größten sportlichen Erfolg des spanischen Frauen-Fußballs überlagert“, hieß es in der Erklärung der Gewerkschaft FutPro, die von 81 Spielerinnen unterzeichnet worden war. Die RFEF entgegnete, wer zum Kader gehöre, müsse auch antreten.

Der spanische Verband stellte sich zunächst auch hinter Rubiales und drohte am Samstag etwa mit juristischen Schritten gegen Hermoso, sollte die Spielerin an ihren „Lügen“ über den umstrittenen Kuss festhalten. Später verschwand diese Erklärung von der Website des Verbandes. Am Sonntag erklärte die RFEF-Beauftragte für den Kampf gegen sexuelle Gewalt dann, die Untersuchungen zum Fall Rubiales liefen noch.

Zudem lud die RFEF für Montag die Regionalverbände zu einer weiteren Dringlichkeitssitzung in Madrid ein. Die Initiative sei Medienberichten zufolge von Interimspräsident Pedro Rocha ausgegangen, der als enger Vertrauter von Rubiales gilt. Den Berichten zufolge stünden keine grundlegenden Entscheidungen auf der Agenda – beraten würde vielmehr über das Tagesgeschäft in der Übergangsphase.

Jenni Hermoso und Luis Rubiales
IMAGO/Sports Press Photo
Bei der Ehrung der Siegerinnen küsste Rubiales die Spielerin Hermoso – mit beiden Händen auf ihrem Kopf

„Niemals“

Rubiales hatte nach dem WM-Triumph der Spanierinnen in Sydney am 20. August vor den Augen eines Millionenpublikums Hermosos Kopf mit beiden Händen festgehalten und sie auf den Mund geküsst. Angesichts der öffentlichen Empörung über den Vorfall erklärte der Verbandschef, der Kuss sei „gegenseitig, euphorisch und einvernehmlich“ gewesen.

Die 33-jährige Hermoso wies das zurück und betonte mehrfach, sie habe „niemals“ in den „übergriffigen“ Kuss eingewilligt. Sie fühle sich vielmehr als Opfer eines „sexistischen Akts“.