Suspendierte Ministerin Nadschla al-Mangusch
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Nach Israel-Treffen

Libyens Außenministerin suspendiert

Inmitten breiter Proteste wegen eines Treffens mit ihrem israelischen Kollegen Eli Cohen in Rom ist die libysche Außenministerin Nadschla al-Mangusch „vorläufig suspendiert“ worden. Während Cohen das Treffen als „ersten Schritt“ in den Beziehungen beider Länder wertete, bezeichnete das libysche Außenministerium es als inoffizielle „Zufallsbegegnung“.

Das Vorgehen der Chefdiplomatin werde in einer „administrativen Untersuchung“ durch eine Kommission unter dem Vorsitz der Justizministerin untersucht, erklärte Regierungschef Abdelhamid Dbaibah am Sonntagabend via Facebook. Die libysche Nachrichtenseite al-Wasat meldete am Montag unter Berufung auf Sicherheitskreise, die Außenministerin sei inzwischen mit einem Regierungsflugzeug in die Türkei geflogen.

Das Treffen hatte bereits vergangene Woche stattgefunden. Aber erst am Sonntag hatte das Büro des israelischen Außenministers dieses bekanntgegeben. Libyen erkennt Israel nicht an, die beiden Staaten unterhalten keine formellen diplomatischen Beziehungen. Laut einem Gesetz von 1957 sind Kontakte zu Israel strafbar.

Außenministerium spricht von „zufälliger Begegnung“

Was in Rom passiert sei, sei „eine zufällige und inoffizielle Begegnung“ während eines Treffens Manguschs mit ihrem italienischen Kollegen Antonio Tajani gewesen, erklärte das Außenministerium in Tripolis am Sonntag. Dabei sei es „zu keinerlei Diskussion, Vereinbarung oder Konsultation“ gekommen, hieß es in einer Stellungnahme.

Suspendierte Ministerin Nadschla al-Mangusch
Reuters/Hazem Ahmed
Außenministerin Mangusch musste ihren Platz im Außenministerium räumen

Vielmehr habe die Ministerin „in klarer und unzweideutiger Weise die Position Libyens gegenüber der palästinensischen Sache“ bekräftigt. Mangusch habe es „abgelehnt, mit irgendeiner Partei zu sprechen“, die Israel vertrete, und bleibe „kategorisch“ bei dieser Haltung. Das Ministerium verurteilte zudem „das Ausschlachten des Zwischenfalls durch israelische und internationale Medien“.

„Bewahrung jüdischen Erbes“

Laut Cohens Büro wurde das Treffen der beiden Außenminister vom italienischen Außenministers Antonio Tajani ausgerichtet. Israel bezeichnete es als die erste diplomatische Initiative dieser Art zwischen den beiden Ländern. Bei dem Gespräch sei es um „das große Potenzial der Beziehungen zwischen beiden Ländern“ gegangen, hieß es in der Erklärung aus Jerusalem.

Das sei ein „erster Schritt in den Beziehungen zwischen Israel und Libyen“, erklärte Cohen. „Die Größe und die strategische Lage Libyens bieten eine immense Chance für den Staat Israel“, hieß es weiter. Zudem sei die „Bewahrung des jüdischen Erbes“ in Libyen zur Sprache gekommen, darunter die Renovierung von Synagogen und jüdischen Friedhöfen.

Nach dem Militärputsch des langjährigen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 1969 waren die letzten in dem Land verbliebenen Juden und Jüdinnen vertrieben, ihr Eigentum beschlagnahmt und Synagogen zerstört worden.

Israelischer Außenminister Eli Cohen
Reuters/Louiza Vradi
Israels Außenminister Cohen machte das Treffen publik

Keine Reaktion aus Israel

Israelische Medien werteten die Reaktion aus Tripolis allerdings als Zunichtemachen der Fortschritte in den Beziehungen der beiden Staaten. Israels Außenministerium äußerte sich bisher nicht zu der vorläufigen Suspendierung. Das Parlament im Osten Libyens kündigte an, am Montag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenzukommen.

Kontakte zwischen Vertretern beider Ländern hatte es Berichten zufolge bereits zuvor gegeben – wenn auch nicht auf dieser hochrangigen Ebene. Israelische Medien meldeten vor knapp zwei Jahren, der mächtige General Chalifa Haftar, der damals seine Kandidatur für die Präsidentenwahl bekanntgab, habe militärische und diplomatische Unterstützung in Israel gesucht. Im Gegenzug wolle er Beziehungen zu Israel aufnehmen, sollte er die Wahl gewinnen. Diese fand niemals statt.

Breite Proteste in Libyen

Das Bekanntwerden des Treffens hatten in Libyen breite Proteste ausgelöst. Der dreiköpfige Präsidialrat, der die drei Regionen Libyens vertritt, verlangte eine „Klarstellung“ von der Regierung, wie der libysche Fernsehsender al-Ahrar TV unter Berufung auf ein Schreiben von Ratssprecherin Nadschiwa Wheba berichtete.

Proteste in Tripolis nach Außenministertreffen

In Libyens Hauptstadt Tripolis ist es zu gewaltsamen Protesten gekommen, nachdem bekanntgeworden war, dass sich die libysche Außenministerin Nadschla al-Mangusch in Rom inoffiziell mit ihrem israelischen Amtskollegen Eli Cohen getroffen haben soll.

In dem von der Sprecherin bestätigten Schreiben hieß es, das Treffen spiegle weder „die Außenpolitik des libyschen Staates“ noch „die nationalen libyschen Konstanten“ wider. Es werde „als Verstoß gegen die libyschen Gesetze betrachtet, die eine Normalisierung mit der zionistischen Entität kriminalisieren“. Der Rat forderte den Regierungschef auf, rechtlich gegen die Ministerin vorzugehen, falls das Treffen stattgefunden habe.

Zugleich gingen in Tripolis und mehreren Vororten der Hauptstadt zahlreiche Menschen auf die Straße, um gegen eine mögliche Normalisierung der Beziehungen zu Israel zu protestieren. Später griffen die Proteste auch auf andere Städte über, wo Demonstranten und Demonstrantinnen Straßen blockierten, Reifen verbrannten und die palästinensische Flagge schwenkten.

Der Libyen-Experte Jalel Harchaoui vom britischen Royal United Services Institute (RUSI) schrieb auf der Nachrichtenplattform Twitter (X), Feinde Dbaibahs nutzten die Meldung über das Treffen aus und führten die Proteste an. Dbaibahs Feinde könnten ihr Glück kaum fassen und betrachteten seinen Fehltritt als ein Geschenk des Himmels.

Israel normalisierte Beziehung zu arabischen Ländern

Israel hat seine Beziehungen zu einigen arabischen Ländern seit 2020 im Rahmen der von den USA vermittelten Abraham-Abkommen normalisiert, darunter zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko.

Die rechtsreligiöse Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zog jedoch wegen der zunehmenden Gewalt im Westjordanland und dem von ihr befürworteten Ausbau jüdischer Siedlungen in den besetzten Gebieten zuletzt verstärkte Kritik etlicher arabischer Staaten auf sich.

In Libyen herrschen seit dem Sturz und gewaltsamen Tod von Machthaber Gaddafi im Jahr 2011 Chaos und Gewalt, bewaffnete Milizen und ausländische Söldner bekämpfen einander. Die von der UNO anerkannte Übergangsregierung in der Hauptstadt Tripolis im Westen ringt mit einer Gegenregierung im Osten um die Macht im Land. Die Gegenregierung wird vom dort ansässigen Parlament und dem mächtigen General Haftar unterstützt. Geplante Wahlen wurden wiederholt verschoben.