Österreichisches Parlament von außen
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Sondersitzung

Nationalrat blickt auf Zinsen und Mieten

Der Nationalrat tritt am Mittwoch auf Verlangen von SPÖ und FPÖ zu einer Sondersitzung zusammen. Thematisiert werden soll die Teuerung – in Form eines von der SPÖ eingebrachten dringlichen Antrags. Sie fordert unter anderem, alle Mieten bis Ende 2025 einzufrieren, die Mehrwertsteuer auszusetzen und eine „Antiteuerungskommission“ einzusetzen. Die FPÖ konzentriert sich in einem Antrag auf die „unverschämte Abzocke der Banken“. Die Regierung stellte indes am Mittwoch ein Maßnahmenpaket gegen die Teuerung vor.

Am Tag der von SPÖ und FPÖ beantragten Sondersitzung des Nationalrats zur Teuerung stellten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) neue Maßnahmen gegen die Inflation vor. So soll es – in Abstimmung mit den Gemeinden und begleitet von 150 Mio. Euro vom Bund – einen Stopp der Gebührenerhöhungen geben, verschärfte Gewinnabschöpfungen bei Energiekonzernen und einen Mietpreisdeckel.

Die Regierung werde nicht zulassen, dass im kommenden Jahr die Mieten in gemeinnützigen Wohnungen um 15 Prozent steigen. Es soll daher für die nächsten drei Jahre ab 2024 ein Mietpreisdeckel von fünf Prozent pro Jahr eingeführt werden für alle gesetzlich regelbaren Mieten. Das betreffe rund 75 Prozent aller Mieten, so Kogler. Die Regierung verschließe sich nicht vor einer Regelung auch für freie Mietverträge, so Nehammer. Das sei aber um einiges komplexer zu regeln.

SPÖ ortet „Marktversagen“ bei Zinsen

„Wenn der Markt versagt, muss man eingreifen“, hatte SPÖ-Klubobmann Philip Kucher die Forderungen gegenüber der APA begründet. „Entweder funktioniert der marktwirtschaftliche Wettbewerb, oder die Regierung gebietet dem Marktversagen Einhalt. Das Problem in Österreich lautet: Es gibt weder das eine noch das andere“, so das harsche Urteil des SPÖ-Klubobmannes.

Am offensichtlichsten werde das „Marktversagen“ bei der aktuellen Zinssituation an Österreichs Banken. „Wenn Banken in Österreich nach einem Rekordgewinn im Vorjahr von 10,2 Milliarden Euro den Gewinn heuer noch einmal signifikant erhöhen, und zwar auf Kosten aller Sparerinnen, Kreditnehmerinnen und Kontoinhaberinnen mit überzogenem Konto, die sie sich ihr Leben ohnehin kaum noch leisten können, dann ist das nicht normal“, so Kucher.

FPÖ sieht „unverschämte Abzocke“

Deshalb fordert der Entschließungsantrag ein Zinsregulierungsgesetz, das für bestimmte Grundbeträge einen Mindestzinssatz für Spareinlagen und einen Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungskredite festlegt. In dasselbe Horn stieß am Samstag die FPÖ. Man wolle „der unverschämten Abzocke der Banken durch Sofortmaßnahmen ein Ende zu bereiten“, teilten Parteiobmann Herbert Kickl und Finanzsprecher Hubert Fuchs mit – darunter etwa die Aussetzung der Kapitalertragssteuer auf Sparzinsen und ein Zinsdeckel.

FPÖ-Chef Herbert Kickl
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FPÖ-Klubchef Kickl übte im Vorfeld scharfe Kritik am Finanzminister

„Während die Banken satte Gewinne machen, profitiert der Finanzminister von der ‚Scheingewinn-Steuer‘ auf Sparzinsen“, wurde Kickl zitiert. Verlierer seien die Bankkunden – Sparer und Kreditnehmer. „Die Sparzinsen müssen bei einer Erhöhung der Leitzinsen ebenfalls umgehend erhöht werden. Und solange die Inflationsrate höher ist als der Zinssatz auf Sparguthaben, muss der Finanzminister die Kapitalertragsteuer auf Sparzinsen aussetzen oder die Inflationsrate bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigen.“

Neben den Sparern seien Kreditnehmer die Opfer der aktuellen Entwicklungen, sie könnten vielfach ihre variabel verzinsten Kredite nicht mehr zurückzahlen. „Auf Mahn- und Verzugszinsen zu verzichten, das ist zu wenig. Hier braucht es ein Bündel an Maßnahmen, wie einen Zinsdeckel, Laufzeitverlängerungen und einiges mehr.“

SPÖ will befristet Übergewinne besteuern

Die SPÖ will das Parlament auch mit den gestiegenen Wohnkosten beschäftigen. Jeder Vierte könne sich das Wohnen kaum noch leisten, so die Sozialdemokraten, weshalb die Partei fordert, alle Mieten bis Ende 2025 einzufrieren und danach den Mietanstieg auf maximal zwei Prozent zu begrenzen. Aus Sicht der Sozialdemokraten braucht es „eine entschlossene Regulierung des Energiemarkts, sodass Energiekonzerne keine Übergewinne machen, sondern die Energiepreise sich an den Produktionskosten orientieren“.

Philip Kucher (SPÖ) im Nationalrat
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SPÖ-Klubobmann Kucher lässt an der Regierungspolitik kein gutes Haar

Befristet sollen die Übergewinne all jener Konzerne besteuert werden, „die sich aufgrund der aktuellen Teuerung zulasten der Menschen bereichern“. Am Wochenende gab die Bundesregierung bekannt, künftig Krisengewinne von Öl- und Gasfirmen schon abschöpfen zu wollen, wenn diese zehn Prozent über dem Durchschnitt vergangener Jahre liegen, und nicht erst bei 20. Davon betroffen sind aber wohl nur drei Unternehmen: die OMV, RAG (Speicherunternehmen) und ADX (Explorationsunternehmen).

Gestiegen sind die Preise bekanntlich auch im Supermarkt. Laut der Partei gibt man in Österreich im Schnitt 500 Euro pro Monat für den Lebensmitteleinkauf aus, 1.000 mehr pro Jahr als im Nachbarland Deutschland. Deshalb fordert Kucher ein sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs. Weiters fordert die SPÖ, eine „schlagkräftige Antiteuerungskommission“ einzusetzen. Diese solle unter anderem sicherstellen, dass Hilfszahlungen an Unternehmen in Form von sinkenden Preisen an die Menschen weitergegeben werden.

NEOS gegen neue Steuern

NEOS sprach sich am Dienstag gegen neue Steuern und Deckelungen aus. Stattdessen setzt man auf das eigene Rezept gegen die Inflation – der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak forderte erneut eine Senkung der Lohnnebenkosten um 6,5 Prozentpunkte. Damit könne es bei den Nettolöhnen einen Anstieg von fünf Prozent geben, „ohne dass Unternehmer zusätzlich belastet werden würden“.

Auch forderte Scherak eine Senkung der Kapitalertragssteuer (KESt) und eine Wiedereinführung der Behaltefrist bei Aktien. Bei der Sondersitzung erwartet sich der NEOS-Klubvize aber nicht viel Positives – SPÖ und FPÖ würden ihm zufolge wohl versuchen, sich mit „teilweise skurrilen Ideen“ zu überbieten, die neue Steuern, neue Deckel oder neue Gutscheine beinhalten.

All diese Vorschläge würden das Leben der Menschen allerdings nicht erschwinglicher machen, sondern Steuergeld kosten und sie zusätzlich belasten. Dass NEOS deshalb beim Dringlichen Antrag der SPÖ – diese fordert etwa das Einfrieren der Mieten bis Ende 2025 und ein Zinsregulierungsgesetz – mitgehen wird, kann sich Scherak schwer vorstellen. Man müsse den Antrag jedoch erst einmal lesen.