Spanischer Fußballverbandsboss Luis Rubiales
Reuters/Paul Childs
Kusseklat

Auch spanische Justiz wird aktiv

Der Eklat um den Präsidenten des Königlich-spanischen Fußballverbandes (RFEF), Luis Rubiales, beschäftigt nun auch die Staatsanwaltschaft des Landes. Wie diese am Montag mitteilte, wolle man mit Vorermittlungen abklären, ob es sich um einen „sexuellen Übergriff“ handeln könnte. Am Abend forderte auch der RFEF Rubiales zum „sofortigen“ Rücktritt auf. Dessen „inakzeptables Verhalten“ habe „dem Image des spanischen Fußballs schweren Schaden zugefügt“.

Rubiales hatte nach Spaniens Sieg bei der Frauen-Fußballweltmeisterschaft in Sydney am 20. August vor den Augen eines Millionenpublikums die Nationalspielerin Jennifer Hermoso am Kopf festgehalten und auf den Mund geküsst. Das übergriffige Verhalten hatte international Empörung ausgelöst

Spaniens Staatsanwaltschaft will in einem nächsten Schritt abklären, ob Hermoso in der Causa nun auch Anzeige erstatten will. Man gehe „aufgrund der eindeutigen öffentlichen Erklärungen“ davon aus, dass die 33 Jahre alte Hermoso Opfer eines mutmaßlichen sexuellen Übergriffs geworden sein könnte, da es offenbar „keine Art von Einwilligung“ gegeben habe, teilte die Staatsanwaltschaft am nationalen Staatsgerichtshof in Madrid dazu am Montag weiter mit.

Die Behörde kann jedoch nicht von Amts wegen handeln und benötigt nach spanischem Recht eine Anzeige der Spielerin oder eines Rechtsvertreters. Wie der Radiosender Cadena Ser berichtete, hat Hermoso nach der Anfrage 15 Tage Zeit, um Anzeige zu erstatten. Hermoso hatte zuletzt erklärt, sie habe sich „als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe“.

Rubiales Mutter im Hungerstreik

Die spanische Regierung klagt beim Sportgerichtshof auf endgültige Entlassung des wegen eines ungewollten Kusses vorübergehend suspendierten Fußballpräsidenten. Aus Protest dagegen soll seine Mutter in Hungerstreik getreten sein.

Warten auf TAD-Urteil

Am Samstag suspendierte der Fußballweltverband (FIFA) den 46-Jährigen für zunächst 90 Tage. Montagmittag trat das spanische Sportgericht (TAD) über eine von der Regierung beantragte weitere Sperrung des Verbandschefs zusammen. Hier droht Rubiales Medienberichten zufolge eine Sperre zwischen zwei und 15 Jahren.

Sportminister Miquel Iceta versicherte am Wochenende gegenüber der Zeitung „El Pais“, dass Rubiales bei einer Annahme der Klage der Reigerung durch das zuständige Sportgericht „sofort“ von seinen Funktionen als Präsident entbunden werde. Die Suspendierung solle gelten, bis das Sportgericht endgültig über die von der Regierung angestrengte Klage wegen „schwerwiegender Vergehen“ entscheidet.

Auch Nationaltrainer Vilda geht auf Distanz

Zuletzt distanzierte sich mit Nationaltrainer Jorge Vilda auch ein enger Vertrauter von Rubiales. „Ich bedauere zutiefst, dass der Sieg des spanischen Frauen-Fußballs durch das unangemessene Verhalten unseres bisherigen Präsidenten Luis Rubiales, das er selbst zugegeben hat, beschädigt wurde“, hieß es am Sonntag in einer Erklärung Vildas.

Die Ereignisse nach dem Triumph der spanischen Fußballerinnen im WM-Finale hätten zu einer „ungeheuerlichen“ Situation geführt, die den verdienten Erfolg überschattet habe, so Vilda, der gleichzeitig „jede Machohaltung“ verurteilte, die nicht zu einer fortschrittlichen Gesellschaft gehöre.

Zuvor war bereits fast das gesamte Trainerteam Vildas aus Protest gegen das Verhalten von Rubiales zurückgetreten. Auch die Spielerinnen des spanischen Nationalteams hatten angekündigt, so lange nicht mehr anzutreten, wie Rubiales im Amt sei.

Klagsdrohung wieder von Website verschwunden

„Es macht uns sehr traurig, dass ein derart inakzeptables Verhalten den größten sportlichen Erfolg des spanischen Frauen-Fußballs überlagert“, hieß es in der Erklärung der Gewerkschaft FutPro, die von 81 Spielerinnen unterzeichnet worden war. Der RFEF entgegnete, wer zum Kader gehöre, müsse auch antreten.

Der spanische Verband stellte sich zunächst auch hinter Rubiales und drohte am Samstag etwa mit juristischen Schritten gegen Hermoso, sollte die Spielerin an ihren „Lügen“ über den umstrittenen Kuss festhalten. Später verschwand diese Erklärung von der Website des Verbandes.

Mutter im Hungerstreik

Rubiales hatte am Freitag bei einer außerordentlichen Sitzung des RFEF einen Rücktritt ausgeschlossen, eine mediale Hetzjagd beklagt und sich als Opfer eines „sozialen Mordes“ bezeichnet. Ein Rücktritt zeichnete sich auch weiter nicht ab.

Rückendeckung bekommt der 46-Jährige von seiner Mutter. Diese trat am Montag aus Protest gegen die heftige Kritik gegen ihren Sohn in der Divina-Pastora-Kirche im südspanischen Küstenort Motril in einen Hungerstreik. Angeles Bejar wolle so lange die Nahrung verweigern, bis Hermoso „die Wahrheit“ über den Vorfall nach dem WM-Sieg der spanischen Frauen-Nationalmannschaft sage, wie ein Familienmitglied vor dem Gotteshaus vor Journalisten sagte.