Pressekonferenz des Innenministeriums zur Weiterentwicklung des Kriminaldienstes
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Kriminalpolizei

Reform wirbelt schon vor Start Staub auf

Die Kriminalpolizei in Österreich soll umstrukturiert und um mehr als 700 Planstellen vergrößert werden. Im Zentrum steht eine Ausrichtung auf die Bekämpfung der Internetkriminalität. Am Freitag will Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) die Reform präsentieren, Kritik kam aber bereits im Vorfeld: Durch neu geschaffene Schwerpunktdienststellen werde Personal von kleineren Dienststellen abgezogen.

Die Reform sieht vor, dass bei 148 größeren Polizeiinspektionen mit mehr als 19 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Kriminaldienstgruppen gebildet werden, in denen zumindest ein Cybercrime-Ermittler tätig ist. Zusätzlich soll in österreichweit 38 Regionen jeweils eine Schwerpunktdienststelle entstehen. Auf diesen sollen dann Cybercrime-Spezialisten und -Spezialistinnen, Tatortspurensicherer und Präventionsbeamte eine „Cybercobra“ bilden.

In den Landeskriminalämtern der Landespolizeidirektionen wird ein eigener Fachbereich für Ermittlungen zur Internetkriminalität geschaffen. Die dort tätigen Fachleute unterstützen die Ermittler und Ermittlerinnen auf den Polizeiinspektionen und Schwerpunktdienststellen. Im Bundeskriminalamt wird die Zentrale zur Bekämpfung der Internetkriminalität, das Cyber Crime Competence Center (C4), personell auf 120 Beamte aufgestockt.

Steter Anstieg bei Cyberkriminalität

Der oberösterreichische Landespolizeidirektor und stellvertretende Projektleiter der Reform, Andreas Pilsl, argumentierte gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal für die Notwendigkeit der Reform: Während „andere Deliktsformen großteils stagnieren oder rückläufig sind“, gebe es „im Bereich Cyberkriminalität einfach einen sprunghaften Anstieg. Und die Phänomene ändern sich ständig.“

Vor allem sozialdemokratische und freiheitliche Polizeigewerkschafter kritisieren dagegen, dass mit der Reform der Apparat noch aufgebläht werde. Der sozialdemokratische Gewerkschafter Martin Noschiel (FSG) sagte im Ö1-Morgenjournal: „Kritisch sehen wir, dass die Planstellen, die für diese Funktionen vorgesehen sind, von Kolleginnen und Kollegen besetzt werden, die von den Basisdienststellen kommen – und dass dadurch wieder die Basisdienststellen ausgehöhlt werden.“

Sorge vor Aufblähung des Apparats

Auch der freiheitliche Polizeigewerkschafter Werner Herbert (AUF) lehnt die Schwerpunktdienststellen ab, „weil wir es grundsätzlich als eine Aufblähung der Führungsebene sehen und weil zu wenig für den operativen Bereich, also für die kämpfende Truppe, in diesem Reformpapier vorhanden ist“. Auch der oberste Personalvertreter Reinhard Zimmermann von den ÖVP-nahen Christgewerkschaftern (FCG) sieht die Schaffung der regionalen Schwerpunktdienststellen kritisch.

Landespolizeidirektor Pilsl entgegnete auf Ö1: „In den Regionen ist nur ein kleiner Teil dienstführendes Personal. Viele davon sind Kolleginnen und Kollegen, die nur die Polizeischule durchlaufen haben und eine spezielle Ausbildung erfahren haben. Das heißt, hier arbeiten die Kollegen für die Kollegen und nicht irgendwelche Häuptlinge. Wir schaffen quer durch die Bank Verbesserungen.“

Derzeit laufen noch Verhandlungen mit der Personalvertretung und mit dem Ministerium für öffentlichen Dienst von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Denn neben den 735 zusätzlichen Planstellen geht es einem „Kurier“-Bericht zufolge auch um bessere Bewertung und Bezahlung für 1.954 Kriminalistinnen und Kriminalisten. Derzeit verdienen sie oft schlechter als Streifenpolizisten, weil diese mehr Überstunden und Wochenenddienste haben. Pilsl ist optimistisch: „Es hat ja einen Beschluss im letzten Regierungsprogramm von 4.300 zusätzlichen Planstellen bei der Polizei gegeben.“

Zweifel an Rekrutierung

Zweifel an der Schaffung von über 700 neuen Planstellen kommen von der Gewerkschaft. „Das wird natürlich ziemlich schwierig – und wenn es gelingt, wird es wiederum zulasten der Basisdienststellen gehen“, sagte Noschiel. Sein freiheitlicher Kollege Herbert pflichtete bei: „Wir haben schon jetzt ein sehr großes Recruiting-Problem, sodass wir den normalen Polizeidienst für die kommenden Jahre schwer sicherstellen können.“

In einem Arbeitspapier der ÖVP-nahen FCG heißt es: „Die geplanten Bewertungsverbesserungen und die Schaffung neuer, zusätzlicher Arbeitsplätze zur Kriminalitätsbekämpfung werden begrüßt. Keinesfalls darf es zu Verschlechterungen für die Kollegenschaft kommen. Der Dienstgeber ist in der Verantwortung.“