Schaumwein wird in Gläser gefüllt
Getty Images/iStockphoto/Poike
Wetter und Personal

Prosecco-Winzer schlagen Alarm

Für Freundinnen und Freunde des italienischen Perlweins könnten härtere Zeiten ins Haus stehen: Wegen der Hitzewelle der Sommermonate und eines Mangels an Saisonarbeitern befürchten die Winzer in der norditalienischen Region Venetien die schlechteste Ernte der vergangenen 40 Jahre. Händeringend werden Erntehelfer gesucht – allerdings steht man auch vor hausgemachten Problemen.

Zwischen 3.000 und 5.000 Traubenpflücker werden benötigt, berichtete die römische Tageszeitung „La Repubblica“. Der Mangel an Mitarbeitern könnte sich negativ auf die Qualität und Quantität des heuer produzierten Prosecco auswirken, warnen die Winzer. Ohne die notwendige Zahl von Saisonarbeitern bestehe konkrete Gefahr, dass die Trauben länger als nötig hängen bleiben, was die Endproduktion beeinträchtigen könnte.

Sandro Bottega, der Chef des gleichnamigen Unternehmens, meinte gegenüber der Zeitung: „Ich kann mit Sicherheit sagen, dass es die schwierigste Ernte ist, an die ich mich in den letzten 40 Jahren erinnern kann.“ Zunächst hätte die Hitze Probleme mit dem Zuckergehalt der Trauben gemacht, durch Hagel seien dann große Schäden entstanden. Und nun gebe es ernste Probleme beim Personal für die Ernte.

Anstrengende Arbeit

Der Arbeitskräftemangel sei auf mehrere Faktoren zurückzuführen. „Immer weniger Menschen wollen auf den Feldern arbeiten“, klagte Innocente Nardi, Eigentümer des Prosecco-Produzenten La Farra und Ex-Präsident des Konsortiums der Prosecco-Produzenten. Die Arbeit im Weinberg erfordere lange Stunden in der Sonne und erhebliche körperliche Anstrengung, was viele potenzielle Arbeitskräfte abschrecke.

Prosecco-Anbaugebiet
IMAGO/Wieslaw Jarek
Weinberge in Venetien

Niedrige Löhne

Gewerkschaftsvertreter Giosue Mattei hält aber entgegen, dass es nicht nur die Arbeitsbedingungen seien, die Menschen abschreckten: „Im Durchschnitt erhält ein Landarbeiter zwischen 6,50 Euro und sieben Euro pro Stunde. Der Lohn sollte aber bei zehn bis elf Euro pro Stunde liegen.“

Die niedrigen Löhne und die Saisonabhängigkeit hätten die Arbeiter ins Baugewerbe und in den Transportsektor abwandern lassen, sagte er der Zeitung. Hungerlohnverträge und Schwarzarbeit seien die Übel, die auch in Venetien den Sektor plagen. Die Prosecco-Region sei auf dem internationalen Markt ein Vorzeigeobjekt, in den Verträgen der Arbeiter würde sich das aber nicht widerspiegeln.

Maschinelle Ernte kaum eine Alternative

Der Personalmangel im Prosecco-Gebiet sei ein dringendes Problem, meinte Nardi. Die lokalen Behörden und die Weinkellereien arbeiten zusammen, um wirksame Lösungen zu finden und zu verhindern, dass die Produktion eines der berühmtesten Weine Italiens gefährdet werde. Trotz höherer Einwanderungsquoten, die von der Regierung in Rom genehmigt wurden, sei es immer noch schwierig, Mitarbeiter für die Felder zu finden. Und die Suche nach Arbeitskräften im Ausland scheint nicht auszureichen, um die durch den Mangel an einheimischen Saisonarbeitern entstandene Lücke zu schließen.

Der Einsatz automatischer Erntemaschinen ist offenbar nur teilweise möglich, auf unwegsamem Gelände ist man auf die manuelle Lese angewiesen. Teilweise arbeiten die Winzer mit Zeitarbeitsfirmen zusammen, die Erfahrungen damit sind aber laut Medienberichten durchwachsen. Einige Winzer bemühen sich um Pensionisten als Arbeitskräfte, Valternette Prosecco suchte schon Mitte Juli per Facebook Personal – und dabei nicht unerfahrene Traubenpflücker, sondern auch Menschen, die bei der Verarbeitung und Abfüllung des Produkts mitarbeiten.

Zeit drängt

In einigen Regionen beginnt man bereits diese Woche mit der Lese, andere haben noch ein wenig Zeit, Personal zu finden: Im Weinbaugebiet Conegliano-Valdobbiadene beginnt man erst Mitte September.

658.000 Hektar Weinberge werden in Italien bebaut. Der Weinsektor beschäftigt im Land 1,3 Mio. Personen und generiert einen Jahresumsatz von elf Mrd. Euro. Im Land werden 332 DOC-Weine mit garantierter Herkunft hergestellt. Damit ist Italien weltweit größter Weinproduzent vor Frankreich. Prosecco ist für Italien ein Exportschlager.