Plenarsaal
ORF/Roland Winkler
Nationalrat

Emotionale Debatte über Teuerung

Auf Wunsch von FPÖ und SPÖ ist der Nationalrat am Mittwoch verfrüht in die Herbstsaison gestartet. Thema der Sondersitzung war die Teuerung, die im Plenum für eine emotionale Debatte und wechselseitige Vorwürfe sorgte.

Die SPÖ attestierte der Koalition Untätigkeit, Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) replizierte, dass die Opposition mit dem Schüren von Ängsten radikale Kräfte stärke. Den Hauptteil seiner Rede wendete der Regierungschef freilich dafür auf, das in der Früh von der Regierung geschnürte Antiteuerungspaket mit einem Mietpreisdeckel zu loben.

Gleichzeitig argumentierte Nehammer, dass die Inflation zuletzt von elf auf sieben Prozent zurückgegangen sei. Vorwürfe richtete er dennoch an „manche Energiekonzerne“ im Osten, deren Tarife ein „Skandal“ seien und wegen derer die Koalition kompensieren müsse. Weiters verwies Nehammer auf die ausgeweitete Gewinnabschöpfung bei Energiefirmen, die von der Regierung geplant ist.

Bundeskanzler verweist auf neue Maßnahmen

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verwies im Nationalrat auf die am Mittwoch präsentierten neuen Maßnahmen der Regierung gegen die Teuerung.

SPÖ-Kritik an „Zuschaupolitik“ der Regierung

Deren Wirkung hatte davor SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer in Zweifel gezogen. Denn die Gewinne seien ja längst ausgeschüttet, dementsprechend gebe es jetzt nicht mehr viel zu holen. Kritisiert wurde vom roten Erstredner auch das Zinsregime der Banken, die ihren Kunden gegenüber keine Fairness walten ließen – und die Regierung schaue nur zu.

SPÖ-Finanzsprecher Krainer: „Showpolitik“ von ÖVP und Grünen

SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer warf der Regierung „Showpolitik“ im Kampf gegen die Teuerung vor.

Das gilt aus seiner Sicht für die allermeisten Bereiche. Dabei seien – etwa auch im Lebensmittelbereich – erwiesenermaßen 60 bis 70 Prozent der Preiserhöhungen rein profitgetrieben. Von der Bundeswettbewerbsbehörde erwartet sich Krainer auch nicht viel, stehe die wegen eines koalitionären Streits doch schon seit Monaten ohne Führung da.

Insgesamt ortet Krainer eine reine „Zuschau“- und „Showpolitik“, was zum Ergebnis habe, dass Österreich weiter die höchste Inflation in Westeuropa habe. Daran werde auch der Mietpreisdeckel nichts ändern, der für die SPÖ zu hoch angesetzt ist.

Entschließungsanträge abgelehnt

Der Dringliche Antrag der Sozialdemokraten, der Basis für die Sondersitzung war, fordert ja, alle Mieten bis Ende 2025 einzufrieren und die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs zu sistieren. Dieser wurde wie alle anderen Entschließungsanträge zum Abschluss der Sitzung Donnerstagnachmittag abgelehnt.

Rauch: Kickl Gefahr für Österreich

Nehammer sah eine „dunkle und finstere Welt“, in der Krainer lebe. Dabei seien jene, die vermeintlich alles besser wüssten und in Zeiten der Krise immer die Ängste stärkten, das eigentliche Problem – „weil Ängste stärken immer die radikalen Kräfte“.

Hier nahm Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) speziell FPÖ-Obmann Herbert Kickl ins Visier. „Ihnen ist der liberale, demokratische Rechtsstaat ein Dorn im Auge“, richtete er von der Regierungsbank dem freiheitlichen Fraktionschef aus. Kickl sei eine Gefahr für Österreich, seine Menschen, die Wirtschaft und die soziale und kulturelle Zukunft des Landes: „Ihre Währung ist Hass und populistischer Sand, der den Menschen ins Auge gestreut wird.“

Kickl: „Teuerung auf eigenem Mist gewachsen“

Kickl machte als Ursache für die Teuerungswelle die wegen der CoV-Pandemie von der Regierung verhängten Lockdowns seit dem Jahr 2020 aus, die „halsbrecherische Politik der Energiewende“ sowie die „Russland-Sanktionen und die Kriegstreiberei“. „Die Teuerungswelle ist auf Ihrem eigenen Mist gewachsen“, richtete Kickl an die Regierung. Er forderte einen sofortigen Mieten- und Gebührenstopp sowie einen Zinsdeckel.

FPÖ-Chef Kickl: Teuerungswelle von Regierung verschuldet

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl holte im Nationalrat zum Rundumschlag auf. Die Teuerungswelle sei auf dem eigenen Mist gewachsen, sagte er in Richtung Koalition.

Der SPÖ dankte er für die gemeinsam initiierte Sondersitzung, nicht ohne ihr und allen anderen Parteien im selben Atemzug vorzuwerfen, sich als „Einheitspartei“ in undemokratischer Weise zur Verhinderung der FPÖ verschworen zu haben.

Abhängigkeit von Öl und Gas: Maurer-Kritik an SPÖ

Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer warf der FPÖ vor, selbst keine Lösungen zu präsentieren. Anders als von Kickl dargestellt, liege die Ursache für die Inflation auch im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die dadurch gestiegenen Energiepreise, so Maurer.

Maurer: Kampf für Mietpreisdeckel lohnte sich

Die Klubchefin der Grünen im Parlament, Sigrid Maurer, betonte, dass sich der Kampf der Grünen für einen Mietpreisdeckel ausgezahlt habe.

Die Verantwortung für die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und von despotischen Regimen schob sie unter anderem der SPÖ zu. Der lange Kampf der Grünen für den Mietpreisdeckel habe sich gelohnt, zeigte sich die Klubobfrau zufrieden mit den präsentierten Maßnahmen. Drei Viertel aller Mieterinnen und Mieter würden davon profitieren.

NEOS-Vorsitzende Meinl-Reisinger: Kritik an Regierung

NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger warf der Regierung am Mittwoch im Nationalrat mit Verweis auf die von der ÖVP begonnenen „Normalitätsdebatte“ „Arbeitsverweigerung“ vor.

NEOS: „Arbeitsverweigerung der Regierung“

Auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger warf der Regierung „Arbeitsverweigerung“ vor. Anstatt sich mit den realen Problemen wie der schwierigen wirtschaftlichen Situation, Inflation und Arbeitskräftemangel zu beschäftigen, betreibe sie „Bullshit-Politik“, so Meinl-Reisinger mit Verweis auf die von der ÖVP losgetretenen Debatte über „Normalität“.