PV-Kreisverkehr
ORF/Viviane Koth
Konsultation beendet

Rufe nach Beschleunigung bei Klimaplan

Anfang Juli ist der Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) präsentiert worden, mit dem Österreich die EU-Klimazielsetzungen noch klar verfehlen würde. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) bat damals um „konkrete Vorschläge“ zum Lückenschluss beim CO2-Ausstoß. Die liegen mit Ende der Konsultationsfrist nun vor – Nachbesserungsbedarf wird von allen Seiten benannt.

Groß war die Beteiligung der Wissenschaft, 49 Forschende aus der Klima- und Transformationsforschung waren an einer 40-seitigen Stellungnahme beteiligt. „Die aktualisierte Version des NEKP markiert einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, jedoch ist größere Entschlossenheit erforderlich, um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden“, hob Karl Steininger, einer der Hauptautoren, in einer Aussendung des Climate Change Centre Austria (CCCA) hervor.

Kritisiert wurde, dass der NEKP-Entwurf einige wichtige Aspekte ausspare, etliche Fragen offen lasse und keine ausreichende Gewissheit über die Wirksamkeit und Ausgestaltung der geplanten Strategien biete. Konkret bemängelt wurde das Fehlen von Aspekten der globalen Fairness, also der Wahrnehmung internationaler Verantwortung.

13 Prozentpunkte fehlen

Gewessler hatte im Juli gesagt, dass mit den bereits umgesetzten und in Planung befindlichen Maßnahmen die Emissionen bis 2030 um 35 Prozent sinken würden. Das allerdings ist zu wenig: Die EU-Kommission verschärfte ihre Ziele zuletzt deutlich und gab eine Reduktion der Emissionen um 48 Prozent bis 2030 (im Vergleich zum Jahr 2005) vor. Österreich fehlen also 13 Prozentpunkte auf diesen Wert – und das im Idealfall. Dazu müsste das Szenario „with additional measures“ („WAM“, mit zusätzlichen Maßnahmen) eintreten, das voraussetzt, dass auch alle geplanten Schritte tatsächlich umgesetzt werden.

Grafik zum Klimaziel Österreichs
Grafik: APA/ORF; Quelle: Umweltbundesamt

Noch ist theoretisch genug Zeit für einen NEKP (Periode 2021–2030) auf Zielpfad, das Papier sollte erst mit 31. Juli 2024 final an die EU-Kommission übermittelt werden. Aus dem Umweltministerium hieß es am Mittwoch, dass nun nach dem Ablauf der Konsultationsfrist erst einmal alle Stellungnahmen gesichtet würden.

Kritik an mangelnder Transparenz

Der Umweltdachverband (UWD) mahnte indessen mehr Transparenz ein: Der NEKP-Entwurf wurde auf Basis einer Grundlagenstudie des Umweltbundesamtes zu den einzelnen Szenarien erstellt, hielt der UWD fest, jedoch habe es zum Zeitpunkt der Konsultation für die Öffentlichkeit nur eine Ergebniszusammenfassung gegeben. Die volle Zugänglichkeit sei aber eine wesentliche Voraussetzung für die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse und der Szenarien: „Wir regen daher ihre rasche Veröffentlichung an“, so der UWD.

Die Forderung kam auch von ganz anderer Seite: „Vor dem Hintergrund der finanziellen Implikationen, aber auch Auswirkungen auf Standort und Wettbewerbsfähigkeit ist es unverständlich, warum sich das Klimaministerium weigert, die dem NEKP zugrundeliegenden Studien und Szenarien zu veröffentlichen. Diese Intransparenz untergräbt eine ernsthafte fachliche Diskussion über die neuen Ziele und Inhalte des Plans“, kritisierte Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKO).

Windpark Handalm
ORF/Christian Öser
Die Suche nach den fehlenden 13 Prozentpunkten zum Erreichen der EU-Vorgabe erweist sich als zäh

Inwieweit Österreichs Klimaziele von den anderen Ministerien mitgetragen werden, fragte sich indes Global 2000, denn im Entwurf seien die „Verantwortlichkeiten nicht klar und verbindlich zugeordnet, und auch die Finanzierung ist nicht sichergestellt. Kurz gesagt: Dieser Entwurf fällt durch, und es braucht eine grundlegende Überarbeitung“, hieß es von der NGO.

55 Vorschläge von Greenpeace, 50 vom WWF

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace schlägt 55 weitere Klimaschutzmaßnahmen vor, um die bestehende Lücke beim CO2-Ausstoß zu schließen. Greenpeace empfiehlt im Verkehrsbereich unter anderem eine SUV-Steuer, ein Verbot von Kurzstrecken- und Privatjetflügen, aber auch eine Mobilitätsgarantie, sodass allen Österreicherinnen und Österreichern innerhalb von 15 Gehminuten ein Mobilitätsangebot zur Verfügung steht.

„Mit den bisher vorgesehenen Maßnahmen wird Österreich die EU-Klimaziele um rund 16 Millionen Tonnen an Treibhausgasen verfehlen“, schätzt die Umweltschutzorganisation WWF auf Basis des Entwurfs und verwies auf die Kosten, die laut Finanzministerium und Rechnungshof mehrere Milliarden Euro für Zertifikate aus dem Ausland ausmachen würden. Der WWF schlug zudem 50 zusätzliche Maßnahmen vor, etwa den Abbau umweltschädlicher Subventionen und eine klimagerechte ökosoziale Steuerreform, eingebunden in ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz.

Verkehr auf Westautobahn
ORF.at/Georg Hummer
Viele Nachbesserungsvorschläge kamen für den Verkehrsbereich – von durchaus divergenten Seiten

Befürchtungen aus vielen Lagern

Das Klimavolksbegehren und „Fridays For Future Austria“ ließen wissen, bewusst auf die Vorschläge der Wissenschaft zu setzen und die offizielle Stellungnahme des CCCA zu unterstützen. „Der Konsultationsprozess muss schwarz auf weiß darlegen, mit welchen Maßnahmen wir die massive Lücke von 13 Prozentpunkten schließen. Denn es gibt jetzt nur noch zwei Optionen: endlich notwendige Klimaschutzmaßnahmen im Inland beschließen oder Klimakrise befeuern und Unmengen an Strafzahlungen an die EU.“

Andere Befürchtungen äußerte der ÖAMTC: Der Entwurf lasse auf „massive Preiserhöhungen für Konsumenten und Konsumentinnen“ schließen. Dadurch aber würde der Autoverkehr nicht signifikant sinken. „Viele Menschen nutzen den Pkw, weil sie keine Alternative haben. Wenn man nur an der Kostenschraube dreht, verliert man diese Menschen für den Klimaschutz“, hieß es vom Mobilitätsclub. Sinnvoll sei dagegen eine deutliche Erhöhung der Beimengung alternativer Kraftstoffe. Schweden sei diesen Weg gegangen und hätte damit den CO2-Ausstoß im Verkehrssektor um 13 Prozent reduzieren können.