Wegen Koalitionsstreits: Richtervereinigung bekommt neuen Chef

Sabine Matejka legt ihre Funktion als Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter (RIV) nach sechs Jahren zurück. Ab 1. September folgt ihr in der RIV der bisherige Vizepräsident Gernot Kanduth nach.

Als Grund für den Rücktritt gab sie in einer Aussendung die aufgrund von Koalitionsquerelen nach wie vor nicht entschiedene Besetzung der Spitze des Bundesverwaltungsgerichts an, für die sie nach einem Auswahlverfahren als bestgereihte Kandidatin aufschien.

Verwaltungsgericht und Wettbewerbsbehörde

Matejka ist derzeit Vorsteherin des Bezirksgerichts Floridsdorf. Für die Besetzung der seit 1. Dezember 2022 vakanten Spitze des Bundesverwaltungsgerichts war sie die bestgereihte Kandidatin. Der Bestellung steht jedoch die Besetzung eines anderen Spitzenjobs im Weg, nämlich jene des ebenfalls vakanten Chefpostens in der Bundeswettbewerbsbehörde. Dort will die Volkspartei den derzeitigen Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts, Michael Sachs, als Leiter, was aber bisher am Widerstand der Grünen scheiterte. Umgekehrt soll die ÖVP dem Vernehmen nach der Bestellung Matejkas nicht zustimmen.

„Ich habe zu Beginn dieses Jahres noch mit einer baldigen Entscheidung der Bundesregierung im Besetzungsverfahren gerechnet“, so Matejka. Doch die nun "unklare Situation stellt auch eine Belastung für die Richtervereinigung dar, weshalb wir intern einvernehmlich beschlossen haben, unabhängig vom Ausgang des Besetzungsverfahrens eine personelle Änderung durchzuführen.“

Ursprünglich war ein Wechsel erst nach einer etwaigen Bestellung Matejkas geplant. In der internationalen Standesvertretung bleibt sie als Vizepräsidentin der Europäischen und der Internationalen Richtervereinigung aktiv.

Kanduth ist seit 2014 Vizepräsident der Richtervereinigung. Auch er übte Kritik an der verschleppten Bestellung: „Politische Machterhaltungsbestrebungen dürfen nicht zu Lasten rechtsstaatlicher Grundwerte gehen. Ein couragiertes Auftreten gegen derartige Tendenzen muss der Anspruch an die richterliche Standesvertretung bleiben.“

Auch Vakanz in OeNB

Die Posten in Bundesverwaltungsgericht und Wettbewerbsbehörde sind nicht die einzigen, die aufgrund koalitionärer Uneinigkeit nicht besetzt worden sind. Auch im Generalrat der Nationalbank (OeNB) laufen die Mandate von Generalratspräsident und Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer und von Vizepräsidentin Barbara Kolm aus. Nachbesetzung gibt es vorerst keine. Aus dem Finanzministerium hieß es, dass die nötigen Nachbesetzungen bis zur nächsten Sitzung des Generalrats im Oktober erfolgen sollen.

Der Generalrat ist das oberste Aufsichtsorgan der Nationalbank, also eine Art Aufsichtsrat, und hat vor allem die Aufgabe, das Direktorium zu beraten. Zudem schlägt der Generalrat der Regierung im Falle einer Neubesetzung im Direktorium die Mitglieder vor.

Ob Mahrer und Kolm wiederbestellt werden oder nicht, ist offen. Laut einem Bericht der „Presse“ forderte Mahrer die Regierung bereits vor einigen Monaten auf, für die Nachbesetzung aktiv zu werden. Eine Wiederbestellung Kolms ist eher unwahrscheinlich, da diese 2018 auf einem Ticket der damals in der Regierung sitzenden FPÖ in das Gremium eingezogen ist.

Kritik der Opposition an „Taktiererei um Posten“

Mit Kritik reagierten die SPÖ und NEOS. „Erst die Bundeswettbewerbsbehörde und das Bundesverwaltungsgericht, jetzt der Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank. Diese Regierung schafft es aus parteipolitischem Geplänkel nicht, wichtige Institutionen unserer Republik zu besetzen. Diese Regierung ist am Ende“, so SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer. Ähnlich NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker: „Mit ihren Machtspielchen und der Taktiererei um Posten riskieren ÖVP und Grüne das Vertrauen in die Oesterreichische Nationalbank und den reibungslosen Ablauf.“