BVwG: Richterpräsident übte scharfe Kritik an Regierung

Der Nachfolger von Sabine Matejka in der Funktion als Präsident der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter (RiV), Georg Kanduth, hat heute starke Kritik an der bis dato noch nicht erfolgten Besetzung der Spitze des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) geübt. Kanduth sprach gegenüber dem Ö1-„Mittagsjournal“ von einem „rechtsstaatlichen Skandal“. Matejka hatte tags zuvor den Hut genommen und als Grund die ausbleibende Bestellung genannt.

Die Spitze des BVwG ist seit vergangenem Dezember vakant. Im Februar lieferte die Ernennungskommission, in der etwa VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter und Ex-Justizminister Clemens Jabloner saßen, der Bundesregierung einen Vorschlag mit Matejka als bestgereihter Kandidatin.

„Ein Ding der Unmöglichkeit“

Weil aber in der Koalition mit dem vakanten Chefposten in der Bundeswettbewerbsbehörde Unstimmigkeit über die Besetzung eines weiteren Spitzenjobs herrscht, blieben beide Bestellungen bisher aus. Für Kanduth ist dieses Vorgehen für einen Rechtsstaat „äußerst bedenklich“. Schließlich gehe es dabei um die Leitung des größten Gerichts in Österreich, das die Bundesverwaltung kontrollieren soll.

„Wie kann man eine Richterplanstelle mit irgendetwas anderem junktimieren?“, fragte Kanduth: „Das ist in einer unabhängigen Rechtssprechung ein Ding der Unmöglichkeit.“ Dabei dürfe es nicht auf „Absprachen“, „parteipolitische Interessen“ oder „Machterhaltungstendenzen“ ankommen.

„Besetzungspackelei“ und „Alarmsignal“

Kritik kam auch von der SPÖ. Die Bundesregierung schade mit der „Besetzungspackelei“ dem Rechtsstaat, so Justizsprecherin Selma Yildirim. Dass Matejka den Vorsitz der Richtervereinigung vorzeitig zurücklegt hat, bedauerte Yildirim. Die rote Justizsprecherin forderte ein Ende der „unsäglichen parteipolitischen Spielchen“ und pochte auf transparente Auswahlverfahren.

Als „Alarmsignal“ wertete NEOS den Rückzug Matejkas. Schließlich habe die scheidende Präsidentin der Richtervereinigung diese als „über jede parteipolitische Vereinnahmung erhabenen und wichtigen Stakeholder im österreichischen Justizwesen profiliert“, betonte Justizsprecher Johannes Margreiter. Es sei bedauerlich, dass sie diese Funktion aufgibt, „weil sich ÖVP und Grüne in ihrer unsäglichen Postenschacherei nicht einigen können“.