Anklage gegen mutmaßlichen früheren KZ-Wachmann

Die Staatsanwaltschaft Gießen (Deutschland) hat Anklage gegen einen 98-jährigen Mann erhoben, der als Heranwachsender Wachmann im KZ Sachsenhausen gewesen sein soll. Dem Beschuldigten aus dem Main-Kinzig-Kreis werde zur Last gelegt, von Juli 1943 bis Februar 1945 in mehr als 3.300 Fällen Beihilfe zum Mord geleistet zu haben, teilte die Behörde heute mit.

Als Angehöriger der SS-Wachmannschaften soll der deutsche Staatsangehörige „die grausame und heimtückische Tötung Tausender Häftlinge unterstützt haben“.

Über die Zulassung der Anklage entscheide nun die Jugendkammer des Landgerichts Hanau, da der Mann zur Tatzeit Heranwachsender war und im Jugendstrafrecht das Wohnortprinzip gelte, erläuterte die Staatsanwaltschaft. Ein psychiatrisches Sachverständigengutachten, das im Oktober vergangenen Jahres eingeholt worden war, gehe von einer zumindest eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Mannes aus.

Im Konzentrationslager Sachsenhausen etwa 35 Kilometer nördlich von Berlin waren von 1936 an etwa 204.000 Menschen von den Nazis interniert worden. Zehntausende kamen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit und Misshandlungen um oder wurden Opfer von Vernichtungsaktionen der SS. Auf Todesmärschen nach der Evakuierung des Lagers Ende April 1945 starben weitere Tausende Häftlinge.