Vitrine bei Christie’s mit Horten-Schmuck
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NS-belastetes Erbe

Versteigerung von Horten-Juwelen abgesagt

Das Auktionshaus Christie’s hat den zweiten Teil einer umstrittenen Versteigerung von Schmuck der österreichischen Milliardenerbin Heidi Horten abgesagt. Über dem Vermögen der im Vorjahr verstorbenen Kaufhauserbin liegt ein langer Schatten aus der Nazi-Zeit. Dieser sorgte bereits rund um den ersten im Mai in Genf noch durchgeführten Teil der Horten-Auktion für scharfe Kritik – und aus diesem Grund werde Angaben von Christie’s zufolge die Auktion nicht wie bisher geplant im November fortgesetzt.

„Der Verkauf der Schmucksammlung von Heidi Horten hat heftige Kritik hervorgerufen, und die Reaktion darauf hat uns und viele andere zutiefst betroffen gemacht“, zitierte unter anderem das Branchenblatt „The Art Newspaper“ die beim britischen Auktionshaus für Europa, Afrika und den Nahen Osten zuständige Christie’s-Präsidentin Anthea Peers.

Die Rede ist von einer „intensiven Prüfung“, der das Unternehmen von jüdischen Organisationen und einigen Sammlern ausgesetzt war, so die „New York Times“ („NYT“), die so wie andere Medien daran erinnern, dass bei der Auktion „The World of Heidi Horten“ im Mai Schmuckstücke im Wert von 202 Millionen Dollar (186 Mio. Euro) versteigert worden seien.

Schmuck von Heidi Horten von der ersten Christies-Versteigerung
Reuters/Denis Balibouse
Hortens Schmucksammlung wurde im Vorfeld auf rund 150 Millionen US-Dollar (138 Mio. Euro) geschätzt – dieser Wert wurde bereits bei der ersten Auktion übertroffen

„Alptraum in Sachen Öffentlichkeitsarbeit“

Ungeachtet der von Christie’s in diesem Zusammenhang in Aussicht gestellten Spenden für die Holocaust-Forschung sorgte die Auktion für anhaltende Turbulenzen. „Der Verkauf wurde für das Auktionshaus zu einem Alptraum in Sachen Öffentlichkeitsarbeit“, wie das Onlineportal Artnet dazu schreibt.

Demnach habe sich nicht nur gewichtige Kundschaft wie Cathy Lasry, die Frau des US-Milliardärs Marc Lasry, über die Vorgangsweise beschwert. Dazu kam auch der Vorwurf von Schönfärberei. Den Artnet-Angaben zufolge habe auch die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem die von Christie’s vorgeschlagene Spende abgelehnt. Zudem sagte das Tel Aviv Museum of Art im Zusammenhang mit Kritik an der Horten-Auktion eine von Christie’s organisierte Veranstaltung zum Thema Restitution wieder ab.

Von „Kaufhauskönig“ geerbtes Milliardenvermögen

Die im vergangenen Jahr im Alter von 81 Jahren verstorbene Horten hinterließ laut Schätzung des Wirtschaftsmagazins „Forbes“ ein Vermögen von umgerechnet rund 2,6 Milliarden Euro, darunter eine rund 700 Stücke umfassende Schmucksammlung. Hinter dem Verkauf steht „Standard“-Angaben zufolge eine von Horten 2020 in Vaduz gegründete Stiftung. Diese plante „mit dem Erlös diverse ‚philanthropische Projekte‘, darunter auch das Privatmuseum in Wien, zu finanzieren“, wie die Zeitung dazu weiter berichtete.

Mit der Auktion sei allerdings nicht nur Hortens Rolle als vermögende Mäzenin, sondern auch die Herkunft ihres Vermögens und damit die Rolle ihres 1987 verstorbenen Ehemanns Helmut Horten zur Zeit des Nationalsozialismus wieder hervorgehoben worden.

Laut einem im Jänner 2022 veröffentlichten Historikerbericht war der deutsche „Kaufhauskönig“ längere Zeit Mitglied der NSDAP. 1936, drei Jahre nach der Machtergreifung der Nazis, übernahm er als 27-Jähriger das Textilkaufhaus Alsberg in Duisburg, nachdem dessen jüdische Besitzer geflohen waren. Später übernahm er weitere Geschäfte, die sich zuvor im Besitz jüdischer Eigentümer befunden hatten.

Ihm wurde deshalb vorgeworfen, Profiteur der „Arisierung“ jüdischer Unternehmen während der NS-Zeit gewesen zu sein. Zahlreiche jüdische Organisationen forderten deshalb einen Stopp der Juwelenauktion, um zu klären, in welchem Umfang Hortens Reichtum verfolgten Jüdinnen und Juden und deren Nachkommen zusteht.

„Signal an alle Auktionshäuser“

Scharf kritisiert wurde Medienberichten zufolge aber auch, dass Christie’s anfangs offenbar den NS-Hintergrund von Hortens Vermögen nicht offengelegt haben soll. Der Holocaust-Überlebende David Schaecter, Präsident der Holocaust Survivors’ Foundation (HSF) USA, begrüßte die nun erfolgte Absage der zweiten Horten-Auktion als wichtigen Sieg für die jüdische Gemeinschaft.

Man sei darüber erfreut, dass die weltweite Empörung über den Verkauf der unrechtmäßig erworbenen Vermögenswerte das Auktionshaus dazu veranlasst habe, den geplanten Verkauf weiterer Horten-Schmuckstücke jetzt abzusagen. Die Entscheidung sei zudem ein „ein Signal an alle Auktionshäuser über die Folgen des Verkaufs von – wie er es nannte – verdorbener Ware“, wie die „NYT“ mit Verweis auf Schaecters Aussendung weiter berichtet.