Begleitet wurde der Raketenstart von Tausenden Zuschauern und Zuschauerinnen auf einer Tribüne in der Nähe des Startgeländes. 500.000 Menschen verfolgten die Liveübertragung via Stream. Der Forschungssatellit „Aditya-L1“, benannt nach dem Sanskritwort für den Sonnengott Aditya, soll, wenn er erfolgreich ist, einen ununterbrochenen Blick auf die Sonne haben – ohne Dunkelheit.
Die Sonde soll rund vier Monate – 125 Tage – unterwegs sein, bis sie voraussichtlich eine rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernte Umlaufbahn um die Sonne erreicht, sagte ein Sprecher der Indischen Weltraumbehörde (ISRO). Geparkt werden soll „Aditya-L1“ auf dem Lagrange-Punkt 1, an diesem bleiben Objekte aufgrund des Gleichgewichts der Gravitationskräfte an Ort und Stelle, und es ist gut möglich, von hier die Sonne und ihre Eruptionen zu beobachten.
„Wissenschaftlicher Urknall“
„Aditya-L1“ ist mit 1.475 Kilogramm leichter als Indiens kürzlich gestartete Mondmission „Chandrayaan-3“. Sie besteht aus sieben Modulen und soll die äußeren Schichten der Sonne mit Hilfe von Detektoren für elektromagnetische Felder beobachten. Mit der für fünf Jahre geplanten Mission sollen die Sonnenwinde untersucht werden, die auf der Erde Störungen hervorrufen können.
Die Mission könnte einen „wissenschaftlichen Urknall“ auslösen, zeigte sich Somak Raychaudhury, der an der Entwicklung einer Komponente des Observatoriums beteiligt war, zuversichtlich. Die Daten zu solaren Phänomenen, die Indien sammeln will, sollen helfen, das Wetter auf der Erde und anderen Planeten besser zu verstehen.
Satelliten schützen
Zudem sollen sie dazu beitragen, Kommunikations- und Klimasatelliten um die Erde besser zu schützen, so die ISRO. Die von der Sonne ausgestoßenen Energieteilchen können Satelliten treffen, die die Kommunikation auf der Erde steuern, erklärte Raychaudhury. Dadurch könnten Kommunikationsverbindungen ausfallen.
Indiens erste Mission Richtung Sonne
Nur wenige Tage nach der erfolgreichen Landung der indischen unbemannten Sonde „Chandrayaan-3“ auf dem Südpol des Mondes ist in Indien vom Weltraumbahnhof Satish Dhawan eine neue Mission Richtung Sonne gestartet. Ziel ist es, einen ununterbrochenen Blick auf die Sonne zu haben – ohne Dunkelheit.
Die Wissenschaftler hoffen, mehr über die Auswirkungen der Sonnenstrahlung auf die Tausenden von Satelliten in der Umlaufbahn, deren Zahl mit dem Erfolg von Unternehmen wie dem Starlink-Kommunikationsnetzwerk von Elon Musks SpaceX wächst, zu erfahren. Es sei wichtig zu verstehen, wie Satelliten in der niedrigen Erdumlaufbahn geschützt werden können, sagte der Weltraumwissenschaftler Rama Rao Nidamanuri gegenüber Reuters.
Wichtige Meilensteine für Raumfahrtpläne
Bisher haben – allein oder in gemeinsamen Missionen – unter anderem die USA, China, Europa und Japan die Sonne untersucht. Für Indien ist es eine Premiere. Mit der Landung auf dem Südpol des Mondes überholte Indien Russland, das nur drei Tage zuvor mit der Landung auf dem Mond gescheitert war, und stieg damit zur vierten Mondfahrnation der Welt auf – nach der ehemaligen UdSSR, den USA und China.
Indiens Weltraumprogramm hatte in den 1960er Jahren begonnen. In den ersten Jahrzehnten lag der Fokus vorwiegend darauf, Satelliten günstig ins All zu befördern. Inzwischen hat Indien ehrgeizigere Pläne. Ziel ist es nun, privaten Raumfahrtunternehmen ihren Anteil am globalen Markt für Trägerraketen innerhalb des nächsten Jahrzehnts zu verfünffachen.
Für den indischen Premier Narendra Modi sind sowohl die geglückte Mondmission als auch der Start Richtung Sonne ein wichtiger Meilenstein der ehrgeizigen Raumfahrpläne Indiens – symbolträchtig auch vor den für das Frühjahr 2024 geplanten Wahlen.