Zahlreiche Menschen hatten sich am Dienstag vor Prozessbeginn vor dem Wiener Straflandesgericht versammelt, um einen Blick auf den Angeklagten zu erhaschen oder um zu protestieren. Personen mit Transparenten wurden nicht ins Gebäude gelassen, was zu Unmutsäußerungen führte.
Die Verhandlung geht unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen über die Bühne. Polizeikräfte sicherten auch in Zivil den Innen- und Außenbereich des Gerichts, um einen geregelten Prozessablauf zu gewährleisten. Richter Stefan Apostol machte gleich zu Beginn klar: Er wisse, dass Störaktionen geplant seien und diese sofort unterbunden würden.
Teichtmeister entging Medien
Auch im Großen Schwurgerichtssaal war der Andrang groß, die Galerie war voll besetzt. Teichtmeister selbst entging dem Andrang, er betrat schon um 7.30 Uhr das Gebäude und verschwand darin bis zum Verhandlungsbeginn.

Staatsanwältin Julia Kalmar betonte in ihrem Eröffnungsplädoyer, Teichtmeister habe nicht nur sexuell missbräuchliche Bilder von Kindern in Massen gesammelt, sondern auch „pädosadistische Texte“ dazugeschrieben, derart, wie sie sie in den 16 Jahren ihrer Laufbahn noch nie gesehen habe. Sie las auch etliche sehr heftige Passagen über Gewaltfantasien vor, während Teichtmeister reglos auf den Tisch vor sich blickte.
Teichtmeister, so die Anklägerin, habe auch selbst Videos von sich selbst bei sexuellen Handlungen erstellt, die er in die Kinderdarstellungen hineingeschnitten habe. Kalmar ging von einem hohen Maß an Störung bei Teichtmeister aus und von einer „positiven Gefährlichkeitsprognose“, also von einer weiteren Gefahr, die von ihm ausgehen könnte. Bei seiner Sucht nach sexuellen Gewaltdarstellungen spiele auch sein früherer Missbrauch von Drogen und Alkohol eine Rolle. Die Frage, ob er sich als pädophil ansieht, bejahte Teichtmeister.
Verteidigung will bedingte Strafe
Teichtmeisters neu hinzugezogener Anwalt Rudolf Mayer räumte seinem Klienten eine pädophile Neigung ein, doch betonte er, es handle sich um Fantasien und keine „Hands-on“-Delikte. Teichtmeister sei noch nie nahe daran gewesen, jemanden physisch zu missbrauchen. Er habe eine schwere Persönlichkeitsstörung, diese habe er sich nicht ausgesucht. Die Frage, wie diese Störung behandelt werden könnte, sei angesichts der Geständigkeit und Kooperation Teichtmeisters sowie seiner freiwilligen psychiatrischen Behandlung klar zu beantworten.

Hauptziel der Verteidiger ist eine bedingte Haftstrafe. Nur so kann er einer Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum entgehen. Einen Süchtigen könne keine hohe Strafe heilen, so Mayer. In 22 Berufsjahren habe er noch niemanden gesehen, dem das geholfen habe.
Reumütiger Angeklagter
Teichtmeister selbst sagte auf Fragen des Richters, dass sich seine Sucht nach Missbrauchsbildern Anfang der 2000er Jahre entwickelt habe. Über Pornoseiten im Internet sei er auf das „Lolita-Schema“ gestoßen, über die Jahre habe sich eine Gewöhnung eingestellt, und das Unrechtsbewusstsein sei geschwunden. Er habe ein Gefühl der Machtlosigkeit gehabt, das aus seiner Kindheit herrühre, und er habe dieses kompensieren wollen. Hinzu sei gekommen, dass er zeitweise über Monate täglich drei Gramm Kokain konsumiert habe. Das habe zur Eskalation seiner Gewaltfantasien geführt.
Die Bilder hätten ihm ein Machtgefühl verliehen, ihn aber auch erregt. Das Unrecht habe er verdrängt, es sich selbst „schöngelogen“. Er hätte schon viel früher Hilfe suchen sollen, so Teichtmeister, und habe auch gewusst, dass er Karriere, Freunde und Familie riskiere, doch die Krankheit sei stärker gewesen. Niemand in seinem Umfeld habe eine Ahnung gehabt.
Sadistische Texte „schrecklich“
2014 gab es der Datenauswertung zufolge eine erste Spitze. Er wolle das nicht als Ausrede verstanden wissen, so Teichtmeister, doch habe diese Spitze mit einer Rolle, bei der Kinderpornos eine Rolle spielten, korreliert. Den Höhepunkt des Bilderkonsums hatte Teichtmeister während der Pandemie. Er sei damals nicht „gefragt und nicht gewollt“ gewesen, das habe erneut starke Ohnmachtsgefühle in ihm hervorgerufen, so Teichtmeister dazu.
Zu den sehr gewaltvollen Texten, die Teichtmeister den Bildern beistellte, sagte er vor Gericht, heute finde er das „schrecklich“. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich erwischt werden wollte, aber es war eine Erleichterung“, als er erwischt wurde, so Teichtmeister. „Jetzt war es vorbei, jetzt konnte das beginnen, was ich mir immer vorgesagt habe: Eines Tages gehst du offline, eines Tages wirst du drogenfrei“, so Teichtmeister.

Anklage ausgeweitet
Die Verhandlung am Dienstag war schon der zweite Anlauf: Der ursprünglich anberaumte Termin war wegen einer Erkrankung Teichtmeisters geplatzt.
Die Verschiebung hatte Konsequenzen: Die Staatsanwaltschaft weitete im Zuge ihrer Ermittlungen die Anklage aus. Richter Apostol ließ von einem Datenforensiker eine ergänzende Auswertung der bei Teichtmeister sichergestellten Daten – rund 23 Terabyte – vornehmen. Dabei kam heraus, dass Teichtmeister 34.696 Dateien verändert hatte, indem er diese bearbeitet, Collagen erstellt, Diashows und Videosequenzen angefertigt hatte. Das ist rechtlich als Herstellung zu qualifizieren und unterliegt einer höheren Strafdrohung.
Zudem musste nun ein Schöffensenat eingesetzt werden statt eines Einzelrichters. Auch fordert die Staatsanwaltschaft Wien nach einem psychiatrischen Zusatzgutachten die Unterbringung im Maßnahmenvollzug.