Schauspieler Florian Teichtmeister und Anwalt Rudolf Mayer im großen Schwurgerichtssaal am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Lukas Krummholz
Anklage nachgeschärft

Prozess gegen Teichtmeister gestartet

Der Prozess gegen den Schauspieler Florian Teichtmeister ist am Dienstag in Wien gestartet. Teichtmeister muss sich wegen Besitzes und Herstellung Zehntausender Dateien mit Darstellungen von Kindesmissbrauch vor einem Schöffensenat verantworten. Die Anklage wurde im Vorfeld nachgeschärft. Das Interesse an dem Prozess ist groß, ebenso die Sicherheitsvorkehrungen.

Der Angeklagte bekannte sich schuldig, alle Vorwürfe seien richtig, sagte der 43-Jährige. „Ich bin Anfang der 2000er Jahre in eine ausgeprägte Pornografiesucht gekommen, die sich in einem langen Konsumverhalten geäußert hat“, so Teichtmeister in seiner Beschuldigteneinvernahme. Sein Unrechtsbewusstsein sei infolge des Konsums von Drogen immer geringer geworden, so Teichtmeister weiter.

„Das Problem (das Beschaffen des verbotenen Materials, Anm.) ist seit 2008 virulent geworden und vollkommen eskaliert.“ Er habe „dazwischen Phasen der Helle und der Selbsterkenntnis, dass das falsch ist“ gehabt, diese aber „weggedrückt“. Er hätte damals Hilfe wahrscheinlich gar nicht angenommen, so Teichmeister. „Die Vernunft war damals nicht stärker als die Krankheit und das Problem.“ Dabei habe er gewusst, dass er mit dem Beschaffen von Missbrauchsmaterial von Kindern – vor allem im Darknet – seine Karriere gefährde.

Bis auf den letzten Platz gefüllt

Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu drei Jahre Haft, zusätzlich die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum. Einen Tag vor Prozessbeginn wurde bekannt, dass neben Anwalt Philipp Wolm auch Rudolf Mayer Teichtmeisters Verteidigung vor Gericht übernehmen wird.

Der Große Schwurgerichtssaal war bis auf den letzten Platz gefüllt, auch auf der Galerie drängten sich am Verfahren Interessierte. Mehr als eine Stunde vor Verhandlungsbeginn hatten sich vor dem Großen Schwurgerichtssaal bereits Dutzende Interessierte versammelt, die Einlass in den Saal wollten. Davon war nur ein Bruchteil Medienvertreterinnen und -vertretern zuzuordnen. Der Eingang zum Gerichtsgebäude wurde von einem Großaufgebot der Polizei überwacht. Einige Menschen demonstrierten dort schon um 8.30 Uhr für den Kinderschutz. Personen mit Transparenten wurden nicht ins Gebäude gelassen, was zu Unmutsäußerungen führte.

Medien warten bei Gericht
ORF/Lukas Krummholz
Die ersten Medienvertreter fanden sich bereits in der Früh ein

Teichtmeister betrat Gericht über Seiteneingang

Teichtmeister befand sich zu diesem Zeitpunkt längst im Landesgericht für Strafsachen. Er hatte das Gericht um 7.25 Uhr über einen Seiteneingang betreten – deutlich mehr als zwei Stunden vor dem offiziellen Verhandlungsbeginn. Er entging damit allfälligen Konfrontationen mit dem teilweise aufgeheizten Publikum. Teichtmeister wurde von seinem Anwalt Mayer und Personenschützern begleitet.

Schauspieler Florian Teichtmeister im großen Schwurgerichtssaal am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Lukas Krummholz
Der Andrang ist äußerst groß

Die ersten Reihen des Saales sind für Medien reserviert, im Hinblick auf das beschränkte Platzangebot gab es für Nichtmedienschaffende keine Garantie, überhaupt in den Saal gelassen zu werden. Zudem ist ein partieller Ausschluss der Öffentlichkeit während der Erörterung des Beweismaterials sowie des psychiatrischen Gutachtens möglich.

Sicherheitspersonal aufgestockt

Der Prozess wirft auch Sicherheitsfragen auf. Am Wochenende fand im niederösterreichischen Langenlois eine Demonstration von vorgeblichen Kinderschützern statt, die großteils der rechten Szene zuzurechnen waren. Die Gruppe um den CoV-Maßnahmengegner Martin Rutter zog dabei mit einem Galgen durch den Ort. Laut Landespolizeidirektion wird für Dienstag eine Versammlung zum Thema „Hände weg von unseren Kindern“ in der näheren Umgebung des Landesgerichts stattfinden.

Großer Medienandrang im großen Schwurgerichtssaal am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Lukas Krummholz
Auch viele Medienvertreter sind dabei

Gerichtssprecherin Christina Salzborn sagte am Montag, dass es seitens der Justiz verstärkte Sicherheitsvorkehrungen geben wird. Die Securitykräfte im Gericht wurden aufgestockt. Die Justiz hat zu gewährleisten, dass Teichtmeister unbeschadet ins Gericht gelangt und im Zusammenhang mit der Verhandlung seine körperliche Unversehrtheit garantiert ist. Zivile und uniformierte Beamte und Beamtinnen werden den Innen- und Außenbereich des Landesgerichts sichern, um einen geregelten Prozessablauf zu gewährleisten.

Anwalt Rudolf Mayer
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Mayer wird das Eingangsplädoyer für Teichtmeister halten

Bedingte Haftstrafe als Ziel

Teichtmeisters Anwalt Mayer hat reichlich Erfahrung in aufsehenerregenden Fällen, verteidigte er doch unter anderen Josef Fritzl, einen der Helfer des Wien-Attentäters, Elfriede Blauensteiner und die als „Eislady“ bekannte Estibaliz C. Der 75-Jährige wird auch das Eingangsplädoyer für Teichtmeister halten.

Hauptziel der Verteidiger wird es sein, dass der geständige Teichtmeister eine bedingte Haftstrafe bekommt. Nur so kann er einer Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum entgehen. Die Entscheidung fällt ein großer Schöffensenat aus zwei Berufsrichtern und zwei Laienrichtern oder -richterinnen. „Mein Mandant ist schuldig, aber vertraut auf die Rechtsstaatlichkeit der Gerichte“, sagte Mayer. Und: „Es soll für meinen Mandanten weder einen Promibonus noch einen Promimalus geben.“

Auch wegen Herstellung angeklagt

Teichtmeister, der bis zu seiner Entlassung im Jänner 2023 am Burgtheater Hauptrollen spielte, soll sich von Februar 2008 bis Sommer 2021 verbotenes Missbrauchsmaterial beschafft und unter anderem auf zwei Smartphones, zwei Laptops, einem Desktop und drei externen Festplatten abgespeichert haben.

Ursprünglich wurde ihm seitens der Staatsanwaltschaft lediglich der Besitz von verbotenen Missbrauchsdarstellungen vorgeworfen. Die Verhandlung dazu hätte ursprünglich vor sieben Monaten stattfinden sollen, platzte aber wegen einer Erkrankung Teichtmeisters.

Demonstration vor dem Wiener Landesgericht für Strafsachen anlässlich des Prozesses gegen Schauspieler Florian Teichtmeister
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Die Polizei bewacht das Gebäude

Die Verschiebung hatte Konsequenzen: Der zuständige Richter Stefan Apostol ließ von einem Datenforensiker eine ergänzende Auswertung der sichergestellten Daten – immerhin rund 23 Terabyte – vornehmen, was die Sicht der Dinge änderte: 34.696 Dateien hatte Teichtmeister verändert, indem er diese bearbeitete, Collagen erstellte, Diashows und Videosequenzen anfertigte. Das ist rechtlich als Herstellung zu qualifizieren und unterliegt einer höheren Strafdrohung.

Teichtmeister: Anklage nachgeschärft

Am Dienstag wird gegen Ex-Burgtheater-Schauspieler Florian Teichtmeister, dem der Besitz Zehntausender Dateien mit Kindesmissbrauchsdarstellungen vorgeworfen wird, verhandelt. Die Ergebnisse der zusätzlichen, vom Richter in Auftrag gegebenen Ermittlungen sind eingelangt. Die Anklage wurde inzwischen nachgeschärft.

Auf diese veränderten Dateien ging auch Staatsanwältin Julia Kalmar in ihrem Eröffnungsvortrag ein. Teichtmeister habe diese „mit pädosexuellen Texten“ versehen, aus denen die Staatsanwältin minutenlang Passagen zitierte. Sie habe „so etwas“ in ihren 16 Jahren bei der Staatsanwaltschaft noch nicht gesehen, sagte Kalmar. Sie bescheinigte Teichtmeister „Gewaltfantasien“, die Ausdruck einer „sexuellen Devianz mit pädosexuellem Inhalt“ seien.

76.000 Dateien Gegenstand des Verfahrens

Insgesamt sind sogar 76.000 Dateien verfahrensgegenständlich, wovon sich rund 47.000 auf Darstellungen von unmündigen Minderjährigen, der Rest auf mündige Minderjährige, also Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 bezieht. Für den Fall eines Schuldspruchs hat die Staatsanwaltschaft Wien die Unterbringung des Schauspielers im Maßnahmenvollzug beantragt. Ausschlaggebend dafür ist ein psychiatrisches Gutachten, das – basierend auf den datenforensischen Erkenntnissen – dem Schauspieler eine schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung bescheinigt.

Landesgericht Wien
ORF.at/Zita Klimek
Ein Blick auf das Wiener Straflandesgericht

Strafrecht verschärft

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen Teichtmeister seit 2021 ermittelt, ins Rollen gebracht hatte die Causa Teichtmeisters damalige Lebensgefährtin. Sie hatte eines der kinderpornografischen Bilder auf Teichtmeisters Handy entdeckt und die Polizei informiert. Die Regierung hatte den Fall Teichtmeister zum Anlass genommen, um die Strafen für Beschaffung, Besitz und die Weitergabe bzw. den Handel mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen zu verschärfen. Da eine Rückwirkung von Strafgesetzen verboten ist, ist der Schauspieler im Fall einer Verurteilung davon nicht mehr betroffen.

Strafverteidiger Mayer zum Teichtmeister-Prozess

Beim ehemaligen Burgschauspieler Florian Teichtmeister sind Fotos und Videos von Kindesmissbrauch gefunden worden, am Dienstag startet der Prozess. Sein Strafverteidiger, Rudolf Mayer nimmt dazu Stellung.

Teichtmeister befürchtete Anfeindungen

„Es geht schon in Richtung gesundes Volksempfinden und Volksgerichtshof“, kommentierte Strafverteidiger Mayer die Auswüchse um das Teichtmeister-Verfahren. Prozesse wegen Besitzes und Herstellung von Kindesmissbrauchsmaterial – im Vorjahr gab es laut Justizministerium österreichweit 403 Verurteilungen – würden von den Gerichten üblicherweise binnen 30 Minuten und ohne öffentliches Interesse erledigt: „Wenn das kein Schauspieler ist, interessiert das keinen Menschen.“

In den vergangenen Wochen und Monaten hatten vor allem Boulevardmedien ausführlich über den 43-Jährigen berichtet, der bis zum Vorjahr im Theater und im Film reüssiert hatte. Zuletzt benutzte Teichtmeister nicht mehr öffentliche Verkehrsmittel oder Taxis, weil er Anfeindungen befürchtete. Vorangegangen war mediale Empörung, nachdem Teichtmeister bei Lokalbesuchen in der Wiener Innenstadt fotografiert worden waren. In weiterer Folge wurden sogar Listen mit Lokalen veröffentlicht, die den Schauspieler nicht mehr bewirten wollten.