Florian Teichtmeister
ORF/Lukas Krummholz
Schuldspruch

Zwei Jahre bedingt für Teichtmeister

Der frühere Schauspielstar Florian Teichtmeister ist am Dienstag am Wiener Straflandesgericht schuldig gesprochen worden. Das Urteil lautet auf zwei Jahre bedingt, zudem wurde eine bedingte Einweisung angeordnet. In Haft muss er also nicht. Teichtmeister hatte sich in der vielbesuchten Verhandlung umfassend geständig und reumütig gegeben. Was er getan habe, erschrecke ihn heute.

Teichtmeister war angeklagt, seit dem Jahr 2008 76.000 Dateien mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen gesammelt und Teile davon auch bearbeitet zu haben. Rechtlich wird die Veränderung, etwa die Erstellung von Collagen, als Herstellung qualifiziert. Die Staatsanwaltschaft Wien forderte deswegen zusätzlich zum Strafrahmen von bis zu drei Jahren auch die Unterbringung im Maßnahmenvollzug.

Das tatsächliche Urteil lautete zwei Jahre Haft und die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. Der 43-Jährige bekam sowohl die Haftstrafe als auch die Unterbringung im Maßnahmenvollzug unter Setzung einer fünfjährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Ins Gefängnis muss Teichtmeister daher nicht, er wird aber engmaschige Therapie und Kontrollen absolvieren müssen. Er akzeptierte das Urteil und sah von Rechtsmitteln ab. Die Staatsanwaltschaft gab hingegen keine Erklärung ab, das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

Für Richter Stefan Apostol seien „Milderungsgründe in Reinform“ ausschlaggebend für das Urteil gewesen. Teichtmeister sei unbescholten, reumütig und therapiewillig gewesen. Zudem sei er krank. All das falle ins Gewicht. Die soziale Ächtung sei ebenso ins Kalkül zu ziehen und wirke sich mildernd aus, hieß es. „Niemand sucht sich aus, ob er pädophil ist.“

Anklage sah Gefährlichkeit

Staatsanwältin Julia Kalmar hatte hingegen betont, Teichtmeister habe nicht nur sexuell missbräuchliche Bilder von Kindern in Massen gesammelt, sondern auch „pädosadistische Texte“ dazugeschrieben, derart, wie sie sie in den 16 Jahren ihrer Laufbahn noch nie gesehen habe. Sie las auch etliche sehr heftige Passagen über Gewaltfantasien vor, während Teichtmeister reglos auf den Tisch vor sich blickte.

Schauspieler Florian Teichtmeister im großen Schwurgerichtssaal am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Lukas Krummholz
Teichtmeister bekannte sich vor Gericht schuldig

Teichtmeister, so die Anklägerin, habe auch Videos von sich bei sexuellen Handlungen erstellt, die er in die Kinderdarstellungen hineingeschnitten habe. Kalmar ging von einem hohen Maß an Störung bei Teichtmeister aus und von einer „positiven Gefährlichkeitsprognose“, also von einer weiteren Gefahr, die von ihm ausgehen könnte.

Der Tatzeitraum erstrecke sich über 13 Jahre, die Taten seien zigtausendfach wiederholt worden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Teichtmeisters Störung nicht doch zu weiteren, vielleicht noch schlimmeren Delikten führen könne. Kalmars Frage, ob er sich als pädophil ansieht, bejahte Teichtmeister.

Angeklagter geständig

Teichtmeister sagte auf Fragen von Apostol, dass sich seine Sucht nach Missbrauchsbildern Anfang der 2000er Jahre entwickelt habe. Über Pornoseiten im Internet sei er auf das „Lolita-Schema“ gestoßen, über die Jahre habe sich eine Gewöhnung eingestellt, und das Unrechtsbewusstsein sei geschwunden.

Er habe ein Gefühl der Machtlosigkeit gehabt, das aus seiner Kindheit herrühre, und er habe dieses kompensieren wollen. Hinzu sei gekommen, dass er zeitweise über Monate täglich drei Gramm Kokain konsumiert habe. „Ich war nie nüchtern“, so Teichtmeister. Das habe zur Eskalation seiner Gewaltfantasien geführt.

Großer Medienandrang im großen Schwurgerichtssaal am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Lukas Krummholz
Das Interesse im Großen Schwurgerichtssaal war am Dienstag enorm

„Das Problem (das Beschaffen des verbotenen Materials, Anm.) ist seit 2008 virulent geworden und vollkommen eskaliert.“ Er habe „dazwischen Phasen der Helle und der Selbsterkenntnis, dass das falsch ist“, gehabt, diese aber „weggedrückt“.

Die Missbrauchsbilder hätten ihm ein Machtgefühl verliehen, ihn aber auch erregt. Das Unrecht habe er verdrängt, es sich selbst „schöngelogen“. „Heute weiß ich, dass es ohne Konsumenten keine Nachfrage gibt. Heute weiß ich, welches Leid diese Kinder erfahren haben, die auf diesen Abbildungen drauf sind“, so Teichtmeister.

Er sei in eine „Phase des absoluten Kontrollverlusts“ geraten. Er hätte schon viel früher Hilfe suchen sollen, so Teichtmeister, und habe auch gewusst, dass er Karriere, Freunde und Familie riskiere, doch die Krankheit sei stärker gewesen. Niemand in seinem Umfeld habe eine Ahnung gehabt.

Sadistische Texte „schrecklich“

2014 gab es der Datenauswertung zufolge eine erste Spitze. Er wolle das nicht als Ausrede verstanden wissen, so Teichtmeister, doch habe diese Spitze mit einer Rolle, bei der Kinderpornos eine Rolle spielten, korreliert. Den Höhepunkt des Bilderkonsums hatte Teichtmeister während der Pandemie. Er sei damals nicht „gefragt und nicht gewollt“ gewesen, das habe erneut starke Ohnmachtsgefühle in ihm hervorgerufen, so Teichtmeister dazu.

Zwei Jahre bedingt für Teichtmeister

Der frühere Schauspielstar Florian Teichtmeister ist am Dienstag am Wiener Straflandesgericht schuldig gesprochen worden. Teichtmeister war angeklagt, seit dem Jahr 2008 76.000 Dateien mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen gesammelt und Teile davon auch bearbeitet zu haben. Das Urteil lautet auf zwei Jahre bedingt, zudem wurde eine bedingte Einweisung angeordnet.

Zu den sehr gewaltvollen Texten, die Teichtmeister teilweise den Bildern beistellte, sagte er vor Gericht, heute finde er das „schrecklich“. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich erwischt werden wollte, aber es war eine Erleichterung“, als er erwischt wurde, so Teichtmeister. „Jetzt war es vorbei, jetzt konnte das beginnen, was ich mir immer vorgesagt habe: Eines Tages gehst du offline, eines Tages wirst du drogenfrei“, so Teichtmeister.

„Bereue ehrlich und tief“

Teichtmeister wurde auch zum großen öffentlichen Interesse an seinem Fall angesprochen. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass an meiner Person so ein Interesse besteht. Dass es solche Ausmaße annimmt, habe ich nicht erwartet.“

Teichtmeister richtete auch Abschlussworte an das Gericht. Aus der Distanz und in Therapie sei es für ihn heute „erschreckend“ zu hören, was er geschrieben und getan habe. „Ich bereue ehrlich und tief“, sagte er. Es sei der Eindruck entstanden, es sei ihm nicht bewusst, dass hinter jedem Bild ein schwerer Missbrauch stehe. Das tue ihm leid. In den beiden vergangenen Jahren habe er sich mit dem Leid der Opfer auseinandergesetzt. Teichtmeister entschuldigte sich auch bei seinem Umfeld und seiner Familie, die zu ihm stehe und dafür einen hohen Preis zahle.

Verteidigung: Keine „Hands-on“-Delikte

Teichtmeisters kürzlich hinzugezogener Anwalt Rudolf Mayer räumte eine pädophile Neigung seines Mandaten ein, doch betonte er, es handle sich um Fantasien und keine „Hands-on“-Delikte. Teichtmeister sei noch nie nahe daran gewesen, jemanden physisch zu missbrauchen. Er habe eine schwere Persönlichkeitsstörung, diese habe er sich nicht ausgesucht.

Die Frage, wie diese Störung behandelt werden könnte, sei angesichts der Geständigkeit und Kooperation Teichtmeisters sowie seiner freiwilligen psychiatrischen Behandlung klar zu beantworten. Einen Süchtigen könne keine hohe Strafe heilen, so Mayer. In 22 Berufsjahren habe er noch niemanden gesehen, dem das geholfen habe.

Tiefer Sturz aus „lichten Höhen“

Der psychiatrische Gutachter Peter Hofmann, zu dessen Ausführungen die Öffentlichkeit teilweise ausgeschlossen wurde, erklärte Teichtmeisters Risikofaktoren: Werden mehrere Drogen gleichzeitig konsumiert, etwa Kokain und Alkohol, sei die Rückfallquote höher. Die Drogen feuerten zudem die sadistische Dimension an.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Teichtmeister selbst als physischer Missbrauchstäter je in Erscheinung treten wird, sei schwer zu beziffern, meinte der Psychiater. Hofmann verwies auf eine Statistik, der zufolge diese Wahrscheinlichkeit bei Konsumenten von Kindesmissbrauchsdelikten „irgendwo bei vier Prozent“ liege. „Vier von 100 gehen auf Kinder los“, so Hofmann.

Psychiater Frottier zum Teichtmeister-Urteil

Der forensische Psychiater Patrick Frottier war zu Gast im ZIB2-Studio und sprach über das Urteil im Prozess gegen den früheren Schauspielstar Florian Teichtmeister. Frottier arbeitet seit vielen Jahren mit pädophilen Straftätern und war auch viele Jahre lang ärztlicher und therapeutischer Leiter der Sonderanstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher am Wiener Mittersteig.

Eine lebensbegleitende sexuelle Störung könne man mit einer Behandlung nur unter Kontrolle bringen, wenn der Angeklagte Fertigkeiten erlerne, um nicht mehr zum Täter zu werden. Bei Teichtmeister komme hinzu, dass er aus „lichten Höhen der Gesellschaft“ tief gestürzt sei. Seine Störung sei schwerwiegend und nachhaltig, daher seien die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum gegeben.

Hofmann empfahl aber angesichts einer „gedeihlichen Entwicklung“ eine Unterbringung zur Bewährung, wenn es eine fachpsychiatrische Behandlung, eine Psychotherapie sowie absolute Drogenabstinenz und Bewährungshilfe gebe. Teichtmeister habe „ernsthafte Chance, auf einen vernünftigen, einen anderen Weg zu kommen“.

Demonstranten
ORF/Lukas Krummholz
Vor dem Gerichtsgebäude marschierten einige Demonstrierende auf

Demo vor Gerichtsgebäude

Vor dem Wiener Straflandesgericht, das gerade renoviert wird, hatten sich schon in der Früh einige Demonstrierende eingefunden. Transparente wurden geführt, ebenso wie erneut ein gebastelter Galgen, der bereits in Langenlois bei einem Protest zum Einsatz kam. Auch im Gebäude war der Andrang groß, zahlreiche Journalistinnen und Journalisten aus dem In- und Ausland waren dort.

Für die Verhandlung wurden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht, auch Polizeikräfte in Zivil waren anwesend. Richter Apostol wies gleich am Anfang der Verhandlung darauf hin, dass er von geplanten Störaktionen wisse. Dazu kam es am Dienstag nicht.

Bezüglich der Demo wurde eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. Diese soll klären, ob Handlungen von Demonstranten von strafrechtlicher Relevanz waren. In der Anzeige wurden der Tatverdacht der Aufforderung zur mit Strafe bedrohten Handlungen und das Gutheißen mit Strafe bedrohter Handlungen angeführt. Es seien gewaltverherrlichende Symbole verwendet worden, was jedenfalls einer Aufforderung zur körperlichen Gewalt und einem Aufstacheln zu Hass gegen Teichtmeister gleichkomme, wurde in der Anzeige festgehalten.